Story: Der junge Cheng Daqi (Huang Xiaoming) will 1913 nach Shanghai, um dort seinem ärmlichen Leben zu entkommen und jemand Bedeutendes zu
werden. Seine Freundin Ye Zhiqiu (Feng Wenjuan) träumt dagegen von einer Karriere als Opernsängerin in Peking. Eines Tages wird Daqi unrechtmäßig des Mordes
beschuldigt und landet im Gefängnis. Dort trifft er den Offizier Maozai (Francis Ng), mit dessen Hilfe er flieht. Nun macht er sich auf den Weg nach Shanghai,
wo er bald unter dem ehrenwerten Gangsterboss Hong Shouting (Sammo Hung) arbeitet. Daqi sieht seine Freundin nach ein paar Jahren wieder, doch als diese
erfährt, womit er sein Geld verdient, verlässt sie ihn. Seine Loyalität und Fähigkeiten verhelfen Daqi zu immer höheren Ansehen in Hongs Organisation, bis er
seinem Boss sogar das Leben rettet und sein Blutsbruder wird. 1937 herrscht Daqi (Chow Yun-Fat) zusammen mit Hong über Shanghai, als plötzlich Zhiqiu (Yolanda Yuan)
wieder auftaucht. Sie ist verheiratet und ihr Mann soll eine Liste von Untergrundkämpfern haben, die Daqi im Auftrag Maozais beschaffen soll. Außerdem lässt die
politische Anspannung kaum noch daran zweifeln, dass Japan bald China angreifen wird.
Kritik: Dieser hochkarätig besetzte Big-Budget-Streifen lässt einen in den ersten Minuten panisch aufschreien. Nämlich in dem Moment, da wir
den Namen Wong Jing lesen. Der Mann, der solche Meilensteine wie "My Kung Fu Sweetheart" und
"Love is a many stupid Thing" gedreht hat. Wong ist dafür bekannt, mit geringst möglichem Aufwand billige
Komödien zu drehen, aber - und so viel muss ihm als Verdienst angerechnet werden - ab und zu kann er auch einen Treffer landen, wie
"God of Gamblers" beweist, ebenfalls mit Chow Yun-Fat in der Hauptrolle. Vielleicht sind es also die enorm niedrigen Erwartungen,
die man mit Regisseur Wong Jing verbindet, aber "The Last Tycoon" ist wirklich nicht schlecht, was eben nicht zuletzt ordentlicher Action und
Starbesetzung zu verdanken ist.
Der Film ist frei nach dem Motto "von allem ein bisschen" produziert, bedient sich bei der Handlung etlicher anderer Hong Kong Filme, u.a.
"Shanghai Grand" fällt einem hier ein, und verbindet das am Ende zu einer epischen Action-Saga um den Aufstieg eines
Gangsterboss. Die erste Hälfte des Films wird parallel in der Gegenwart und in Rückblenden erzählt und ist daher von unnötigen, viel zu früh eingesetzten
Reminiszenzen mit übertriebener Musikuntermalung begleitet. Doch auch später bekommen wir jene Reminszenzen zu sehen, die in der Art, wie sie breitgetreten
werden, um den Dramafaktor zu erhöhen, wohl zu den größten Mankos des Films zählen. Gleichzeitig führt uns das auch zu der Liebesgeschichte, die etwas zu
forciert in den Fokus gerückt wird. An sich ist die Romantikgeschichte auch gar nicht schlecht, sicherlich nicht originell, aber die ehrliche Art, wie Daqi
zwischen seinen Gefühlen schwankt, ist nachvollziehbar.
Dennoch hätte es durchaus etwas weniger Liebesgeschichte sein dürfen. "The Last Tycoon" ist nämlich gespickt mit zahlreichen Charakteren, die allesamt
interessant wirken. Merkwürdigerweise kann man auch zu jedem von ihnen eine gewisse Beziehung knüpfen, niemals fragt man sich bei der Fülle von Personen,
wer das nun gerade auf dem Bildschirm sein soll. Dafür gebührt Wong Jing Lob. Ebenfalls gut gelungen sind die Actionsequenzen. Relativ zu Anfang ist dies
eine Schießerei in einer Kirche, die eigentlich nach so vielen HK-Actionfilmen völlig klischeebehaftet sein müsste, aber sie ist es erstaunlicherweise
nicht - lediglich historische Ungenauigkeiten bei der Wahl der Schusswaffen irritieren. Auch die Massenprügeleien der Gangster wirken durch
den Einsatz von Zeitlupe keinesfalls unnötig aufgesetzt.
Doch es geht noch weiter. Im letzten Drittel des Films wird Shanghai von den Japanern bombardiert, schließlich umfasst die Geschichte des Films fast drei
Jahrzehnte, und es gibt etliche gelungene Explosionen zu sehen, von denen augenscheinlich nur ganz wenige am Computer kreiert wurden. Die Bombardierung
wirkt wie aus einem Kriegsfilm und ein Großteil des Budgets muss hier verschlungen worden sein. Die epischen Ausmaße, die der Film durch jene Zerstörung
einer Stadt annimmt, darf nicht unterschätzt werden, aber auch die Entwicklung Daqis und diverser Charaktere trägt dazu bei. Im Besonderen muss neben
Chow Yun-Fat ("The Assassins", "Confucius") vor allem Francis Ng
("Turning Point 2", "Infernal Affairs 2") als undurchschaubarer Bösewicht lobend
genannt werden. Aber auch Sammo Hungs Anwesenheit schadet keineswegs.
Neben den tollen Darstellern springen aber vor allem die großartigen Sets ins Auge. Hier gibt es viel Liebe zum Detail zu bestaunen. Bei der vollgestopften Geschichte, die Liebe, Bruderschaft, Verrat, Patriotismus und noch andere Themen abdeckt, bleibt aber immer die Befürchtung, dass am Ende "The Last Tycoon" keine Kohärenz aufweisen könnte. Das ist aber viel weniger der Fall, als es vernünftigerweise der Fall sein dürfte. Der Film nimmt zum Teil ein paar scharfe Abbiegungen und fährt insgesamt auch über eine zuweilen leicht holprige Straße, aber am Ende passt doch alles irgendwie zusammen. Action, Romantik, Drama - alles ist drin. Wäre der Soundtrack von Chan Kwong-wing (und leider auch ein paar Balladen) nicht so aufdringlich, gäbe es noch weniger auszusetzen. Im Gesamten ist "The Last Tycoon" ein Vergnügen, bei dem man ein leichtes Schuldbewusstsein bekommt - denn vieles ist einfach ein Aufguss von schon Bekanntem - aber es ist dennoch ein guter, unterhaltsamer Film, und vor allem der beste von Wong Jing seit Jahren!