Story: Mari Hirakawa (Stephy Tang) ist die Tochter eines Karate-Lehrers (Yasuaki Kurata). Sie und ihr Vater haben sich auseinandergelebt,
nachdem sie ihr Karate-Training aufgegeben hat. Obwohl sie als Kind sehr talentiert war, hat sie nach einer Niederlage bei einem Wettbewerk nie wieder
trainiert. Jetzt ist ihr Vater gestorben und sie weiß nicht, wie sie damit umgehen soll. Immerhin glaubt sie die Wohnung, die gleichzeitig das Dojo
darstellt, vererbt zu bekommen. Bei der Verlesung des Testaments erlebt sie allerdings eine Überraschung. Chan Keung (Chapman To) soll 51 Prozent der
Wohnung bekommen. Mari erinnert sich gar nicht mehr, wer das eigentlich ist. Der ehemalige Schüler ihres Vaters hat für einen Gangster gearbeitet, hat dann
jedoch ein kleines Kind vor seinem Boss gerettet und musste ins Gefängnis. Jetzt ist er wieder frei und unterrichtet zusammen mit Mute Dog (Stephen Au)
in Maris Wohnung Karate. Mari ist äußerst unglücklich mit dieser Entwicklung und befindet sich ohnehin momentan in einer schwierigen Phase ihres Lebens, da
ihre Affäre mit einem Radiomoderator (Ryan Lau) von diesem beendet wurde und sie keine Perspektive im Leben hat. Da bietet Chan ihr an, ihr das
komplette Dojo zu überschreiben, wenn sie bei einem Wettbewerk drei Runden im Ring durchhält...
Kritik: Ein Karate-Film von und mit Comedy-Star Chapman To, das überdies ein Drama darstellt? Es ist schwierig zu erraten, was man
da erwarten könnte. Und das Endresultat ist noch überraschender, als man es für möglich gehalten hätte. "The Empty Hands" ist nämlich ein Art-House-Streifen
und wahrscheinlich der eigenartigste Film über eine Kampfkunst, den ich bisher gesehen habe. Zum einen ist das etwas Positives, da neue Impulse gegeben werden
und man nicht die obligatorische Geschichte um Selbstfindung präsentiert bekommt, zum anderen aber fällt es schwer, genau zu sagen, was man von dem Film
hinsichtlich seines Unterhaltungswerts und künstlerischen Anspruchs halten soll. Jedenfalls kann man nicht sagen, dass es sich bei Chapman To's Werk um
einen schlechten Film handelt. Und das ist doch eigentlich schon eine Überraschung.
Warum ist das eine Überraschung? Weil To eher für abgedrehte Komödien bekannt ist und sein Regiedebüt ebenfalls in dieses Genre fiel. Immer wieder sieht man ihn aber
auch in ernsteren Rollen, wie in "The Mobfathers". Man hätte von ihm aber wohl nicht einen Film erwartet, der so sehr auf Kunst ausgerichtet
ist. Und genau hier wird es schwierig. Der Film hat nie Szenen, die direkt wie "künstlerische Wichtigtuerei" wirken, aber irgendwie bleibt davon eventuell doch ein kleiner
Beigeschmack. Vermutlich wird das jemandem, der mit Tos bisheriger Arbeit nicht vertraut ist, so aber nicht ergehen. Die Bilder und die Musik sowie das Tempo, das
immer wieder einen Gang runterschaltet, sprechen aber eine klare Sprache. Yasuaki Kurata ("Fist of Legend") in Schwarz-Weiß auf einem
Feld trainieren zu sehen, während dazu Vivaldies "Vier Jahreszeiten" läuft, ist schon offensichtlich auf "Kunst" abzielendes Kino.
Interessanterweise funkioniert das aber. Die Musik besteht oft aus klassischer Musik, darunter einige, die immer wieder in Filmen zu hören sind, aber auch Schuberts
Winterreise. Daneben gibt es auch etwas flottere Musik, die traditionell japanisch angehaucht ist oder amateurhaftes Flötenspiel von Kindern. Auch visuell
experimentiert der Film. Flackerndes, rotes Licht, als sich Kent für einen Weg im Leben entscheiden muss, ein im leeren Raum stehender Ring, in dem Mari am Boden
liegt und diverse Bildmontagen gehen alle stark in die Richtung eines Independent-Streifens. Vielleicht versucht To hier auch eine Nische für sich zu gewinnen, da er
in Festland-China für seinen Pro-Hong Kong Standpunkt auf einer schwarzen Liste steht. Trotz der Kunst-geschwängerten Atmosphäre muss man jedoch anerkennend
festhalten, dass der Film niemals absolut befremdlich wirkt. Das liegt auch an den im wahren Leben verankerten Charakteren.
Die Charaktere sind der Mittelpunkt der Geschehnisse, da die Geschichte selbst eigentlich nur im Hintergrund abläuft. Ohne Zweifel wurde der Film dabei von Chapman
To, selbst ein Karate-Schwarzgurtler, und Erica Li für Stephy Tang ("Marriage with a Fool") geschrieben, die nach ihren diversen
unbedeutenden Rom-Com-Rollen nun endlich als Schauspielerin Fuß fassen will. Und das schafft sie ganz klar. Maris Affäre mit einem verheirateten Mann hört sich
nach einer tausend Mal gesehenen Geschichte an, aber es werden Klischees umschifft und die Naivität Maris zeigt, dass die Liebe jeden blind machen kann. Natürlich
geht es im Endeffekt darum, im Leben nicht gegen eine Wand zu laufen und dann davor stehen zu bleiben, sondern weiterzugehen. Ja, im Film wird niemals das klischeehafte
"Nur wer nach der Niederlage liegen bleibt, hat wirklich verloren" gesagt, aber in den Bildern erkennt man doch genau diese Aussage und vielleicht sogar noch mehr.
"The Empty Hands" formuliert nicht alles aus. Immer wieder gibt es Rückblenden, die uns weiter in die Hintergründe der Charaktere einführen wollen, aber andererseits taucht man nie so tief in diese ab, wie man sich erhofft hätte. Speziell bei Chapman Tos Charakter hätte man sich mehr gewünscht. Dafür gibt es mit Stephen Au ("Trivisa") und Dada Chen ("Vulgaria") in den Nebenrollen ein paar weitere interessante Individuen. Die Charaktere wirken gleich zu Beginn vielversprechend, aber es wird letztlich nicht genug mit ihnen gearbeitet. Dass es neben einem Kampf keine weiteren richtigen Kampfkunst-Szenen gibt, ist eigentlich sogar positiv zu vermerken. Auch die Trainingsszenen sind erfrischend zurückhaltend und stehen damit nicht im Kontrast zum restlichen Independent-Ton des Dramas. Das ist alles positiv und man ist geneigt, To für sein Endprodukt zu gratulieren. Aber mit seinem sich in die Länge ziehenden Finale ist man sich doch wieder nicht sicher, ob man hier nicht letztlich Kunst der Kunst willen abliefern wollte.