Story: Chan Lok-kwun (Raymond Lam) flüchtet in den 80ern nach Hong Kong. Dort gerät er an den Gangsterboss Mr. Big (Sammo Hung), der ihm anbietet, für ihn zu arbeiten, nachdem Lok-kwun bei einem illegalen Kampf gewonnen hat. Lok-kwun will mit den Triaden aber nichts zu tun haben, daher lehnt er ab und will nur sein Preisgeld. Da er mit dem Geld einen Ausweis kaufen möchte, schlägt Mr. Big ihm vor, ihm einen anzufertigen. Allerdings legt Mr. Big den Flüchtling rein, woraufhin sich Lok-kwun einen Sack mit vermeintlich Geld darin schnappt und flüchtet. Er kommt in Kowloon Walled City unter, das unter der Kontrolle von Boss Cyclone (Louis Koo) steht, weshalb Mr. Bigs Schergen ihm nicht dorthin folgen. Dort findet der Flüchtling heraus, dass in dem Sack tatsächlich Drogen sind. Als er diese zu Geld machen will, bekommt er Ärger von Cyclones Männern. Schließlich nimmt Cyclone ihn aber in der Stadt innerhalb einer Stadt auf. Lok-kwun gibt sich große Mühe, sich dort eine Existenz aufzubauen und hat gleich mehrere Jobs. Cyclone entgeht das nicht und er lässt ihn letztlich für sich arbeiten. Er ist nicht der typische Gangsterboss, sondern kümmert sich um seine Mitmenschen. Allerdings droht der Frieden in Kowloon schon bald von Mr. Big und seinem verrückten Untergebenen King (Philip Ng) gestört zu werden ...
Kritik: Dem Hype um "Twilight of the Warriors: Walled In" ist schlecht aus dem Weg zu gehen, wenn man sich für asiatisches Kino interessiert. Schließlich ist der Streifen der zweiterfolgreichste Hong Kong-Film in der ehemaligen britischen Kronkolonie überhaupt. Die in den sozialen Medien immer wieder geteilten atemberaubenden Actionsequenzen dürften ihr übriges geleistet haben, den Film in alle Munde zu bringen. Wer jedoch ein Actionspektakel ohne Verschnaufpause sucht, dürfte hier ein wenig enttäuscht werden. Zumindest erging es mir so. Das soll dem Gesamtbild aber sogar zum Vorteil gereichen, denn der Film soll im Gesamten tatsächlich eine richtige Geschichte erzählen und kümmert sich daher auch um seine Charaktere. Die wahren Stars des Films sind allerdings Kowloon und die wunderbaren Bilder, die Regisseur Soi Cheang auf die Leinwand zaubert. Der Look erinnert an einen Neo-Noir Comic und Kowloon wirkt sowohl bedrückend und schmutzig als auch gemütlich und einladend. Ein Slum, der Leid und Freude teilt und damit eine ganz besondere Atmosphäre kreiert.
Schon von Anfang an dürfte ziemlich klar sein, dass alles auf ein Finale zwischen Mr. Big und Cyclone hinausläuft, auch wenn es da noch geringfügige Abweichungen gibt. Während in ähnlichen Werken die erste Hälfte des Films ein notwendiges Übel auf dem Weg zum Showdown darstellt, um über Personen und eventuelle Loyalitäten im Bilde zu sein, verfolgt Soi Cheang weit mehr als das. Er will Kowloon Leben einhauchen und ein Gefühl der Nostalgie und der Nachbarschaft und Bruderschaft kreieren. Hier tritt Louis Koo ("Death Notice") als Cyclone auf den Plan. Der Darsteller arbeitet anscheinend in letzter Zeit hart daran, schauspielerisch mehr aus sich herauszuholen und so ist auch diesmal sein Charakter nicht der typische väterliche Typ, der sich als Gangsterboss nicht zu schade ist, auch die kleinsten Aufgaben zu erledigen und für jeden ein offenes Ohr zu haben. Er verkörpert das, was Kowloon ausmacht: ein komplexes Konstrukt labyrinthartiger Gänge, das am Ende allen nur ein möglichst angenehmes Leben bieten möchte. Die vergleichsweise überraschende Tiefe und Hintergrundgeschichte, die ihm zukommt, ist aber nicht jedem gegeben.
Raymond Lam ("Detective vs. Sleuths") stellt den eigentlichen Helden der Geschichte dar. Er kann die nötige Bildschirmpräsenz an den Tag legen, Lok-kwuns Verbissenheit und sein eigentlich gutes Herz sind ebenso jederzeit ersichtlich, aber gerade zum Ende hin wundert man sich, warum er nicht noch ein wenig mehr Farbe bekommen hat. Das wird speziell hinsichtlich seiner drei Kumpel offenbar. Da gibt es augenscheinlich eine gewisse Chemie, aber da die drei recht flach geschrieben sind, geht hier Potential verloren - besonders wenn man dann noch das Finale im Auge hat, in dem die vier den Fokus bekommen. Der Film ist aber vollgepackt mit Darstellern, die sichtlich Spaß an der Sache haben. Auch Sammo Hung ist mit von der Partie und Aaron Kwok in einer kleinen Nebenrolle. Kleines Highlight ist aber wohl Philip Ng als King. Seine Rolle ist auf angenehme Weise überzeichnet und unterstreicht einmal mehr den Comic-Charakter, den der Streifen manchmal aufweist. King verfügt nämlich über übernatürliche Fähigkeiten, die ihn immun gegenüber Waffen oder eben Fäusten machen. Er ist aber nicht der einzige, der Spezialfähigkeiten hat.
Kenji Tanigaki, der sich bereits für die Kämpfe in "Sakra" verantwortlich gezeichnet hat, lässt hier die Kämpfer mit enormer Wucht aufeinanderprallen. Cyclones Schläge wirbeln seine Gegner wie in einem Wirbelsturm um die eigene Achse, andere metzeln sich mit zwei Messern durch die Gegend, wobei in einer Klinge auch gerne mal eine weitere kleine versteckt sein kann. Daneben gehen immer wieder Teile der Umgebung in die Brüche. Das alles mündet in einem tollen Showdown, der gleichermaßen over-the-top ist, als auch das Genreherz zufriedenstellen kann. Der Stil des Films ist auch kein Zufall, denn die Geschichte basiert auf dem Roman "City of Darkness" von Yuyi und dem dazugehörigen Manhua(/Manga) von Andy Seto. Kowloons Walled City ist wie ein Geschwür innerhalb der Stadt, ein in sich geschlossenes System, in dem man sofort vor die Hunde geht, steht man sich nicht gegenseitig bei. Und so ist trotz aller dunkler Ecken und Schattenseiten die Nachbarschaftshilfe großgeschrieben, wie wir in eine paar bewegenden Szenen zu sehen bekommen. Man hilft auch deshalb, weil man weiß, dass man irgendwann selbst Hilfe brauchen wird.
Die Sets und speziell die Walled City sind fantastisch gelungen: Ein Labyrinth, das sich in den dreidimensionalen Raum erstreckt, Treppen, die wiederum in anderen Treppen ganz anderer Häuser münden, Wegweiser und Schilder, die einen Nicht-Einheimischen in den Wahnsinn treiben würden und überall Leitungen und Blechdächer, die alles zusammenzuhalten scheinen. Dass "Twilight of the Warriors: Walled In" nicht nur ein Actionspektakel sein, sondern auch an vergangene Tage und Kultur erinnern möchte, beweist der Abspann, in dem wir noch einmal das Ambiente der Walled City aufnehmen können. Man glaubt es kaum, aber man fühlt sich wie daheim und eine angenehme Ruhe überschwemmt einen. Soi Cheang hat zuletzt mit "Mad Fate" bewiesen, dass er ziemlich originell sein kann und sein "Limbo" war noch ein ordentliches Stück düsterer. Hier scheint er ein größeres Publikum zufriedenstellen zu wollen und vor allen Dingen noch mehr Herzblut hineingesteckt zu haben. Action-Fans und Fans von Gangsterthrillern werden gleichermaßen auf ihre Kosten kommen, ohne dass sie langweiliges Füllmaterial in Kauf nehmen müssten. Falls man geglaubt hat, das HK-Kino sei tot (und manchmal habe auch ich den Eindruck), wird man hier endlich eines Besseren belehrt.