Story: Drei Jahre sind Ruriko (Miki Nakatani) und Satoshi (Nao Omori) verheiratet. Für Außenstehende sind sie das perfekte Paar, aber
tatsächlich gibt es in ihrem Eheleben keine Leidenschaft mehr, lediglich ein höfliches Miteinander. Ruriko ist Künstlerin und kreiert Teddy-Bären, während ihr
Ehemann einen Bürojob hat und mit der künstlerischen Ader seiner Frau wenig anfangen kann. Zuhause leben die beiden nebeneinander her und respektieren
ihre Privatsphäre. Satoshi schließt sich häufig in sein Zimmer ein und spielt dort Videospiele, Ruriko hat ihre Ausstellungen. Im Leben der beiden mangelt
es an Wärme. Diese tritt endlich wieder ins Leben Rurikos, als sie in einer Gallerie den jungen Mann Haruo (Juichi Kobayashi) kennenlernt. Obwohl Ruriko
sich niemals für den Typ gehalten hätte, beginnt sie eine Affäre mit ihm, da sie von ihm das bekommt, was ihr im Leben fehlt. Auch für Satoshi bahnt sich
eine Affäre an, als er seine frühere Kommilitonin Shiho (Chizuru Ikewaki) wiedertrifft. Hat die Ehe der beiden noch eine Zukunft?
Kritik: Ehen können einsam machen. Der Partner kann mit einem im gleichen Raum sein und dennoch fühlt man sich alleine. Ein Thema, das in
"Sweet Little Lies" auf gekonnt subtile Weise betrachtet wird. Mit einer alles anderen als übersentimentalen Herangehensweise wird eine Ehe gezeigt, die wie
so viele langsam eingeschlafen ist und keinen Raum mehr für Leben bietet. Die Partner ersticken sich gegenseitig in Langeweile und Einsamkeit, ohne dass
einer von beiden genau sagen könnte, woran das liegt. Das Feuer und die Leidenschaft sind einfach nicht mehr da, könnte man trivialisierend sagen, doch
auf angenehm ehrliche und ruhige Weise werden hier verschiedene Schichten der Charaktere offenbart, die dieses ansonsten leicht zum kalten Art-House Kino
zugehörige Drama mit Leben versorgt und uns Anteil nehmen lässt.
Auf dem Papier macht "Sweet Little Lies" wirklich nicht viel her. Ehemann und Ehefrau gehen beide fremd, weil sie in ihrer Ehe keine Leidenschaft mehr haben.
Doch es sind die kleinen Dinge, die den Film so besonders und interessant machen. Da wäre die eigenartige Chemie zwischen den beiden Protagonisten und auch
einige Sätze, die erstaunliche Tiefe offenbaren. Auch die Dinge, die nicht gesagt werden, sind äußerst faszinierend. Natürlich bedeutet das, dass man einem
Film wie "Sweet Little Lies" ein wenig Geduld entgegenbringen muss, aber das lohnt sich. Denn die Charaktere sind wirklich interessant, während gleichzeitig
die Hintergründe für das Zerfallen der Ehe einen großen Reiz auf die Neugier des Zuschauers ausüben. Selbstverständlich macht die Subtilität der Geschichte
gute Schauspieler notwendig, aber hier gibt sich das Drama glücklicherweise keine Blöße.
Miki Nakatani ("Memories of Matsuko", "Rikidozan") trägt die Ehefrau mit einer
gezügelten Leidenschaft, die nie herausbricht und dennoch stets offensichtlich ist. Der Ehemann wird von Nao Omori
("Ichi - The Killer", "Bugmaster") gespielt und scheint zunächst ein Langweiler. Doch auch
wenn er nie so vielschichtig wie seine Ehefrau erscheint, besteht kein Zweifel, dass sich mehr hinter seiner ruhigen, stets zurückhaltenden Art verbirgt.
Wenn er seine Frau auf ihre Bitte hin umarmt, wirkt das äußerst unbeholfen, da zwischen den beiden stets ein körperlicher Abstand bestehen bleibt, den die
beiden bei ihren jeweiligen Liebhabern nicht kennen. Die genauen Gründe dafür werden nie klar. Vielleicht haben die beiden einfach zu früh geheiratet,
wahrscheinlich haben sie sich aber einfach entfremdet. Abneigung oder Hass besteht zwischen ihnen jedenfalls nicht.
Es ist auch gar nicht nötig, dass wir den genauen Grund erfahren. Den beiden Protagonisten fehlt etwas im Leben, obwohl sie ganz klar eine Familie sind.
"Vielleicht vermisst man die Dinge, die unnötig sind", oder so ähnlich sagt Ruriko und gibt damit viel preis bzw. stellt gewisse Aspekte der Ehe in Frage.
Neben seiner Tiefgründigkeit gibt es in dem Drama auch keine Schwarz-Weiß-Zeichnung. Ruriko liebt den Mann, mit dem sie eine Affäre eingeht, aber selbst
wenn sie dabei die Wahrheit sagt, wovon auszugehen ist, wie einige sehr interessanten Zeilen über die Wahrheit und Lügen belegen, fragt man sich doch,
was genau sie mit "lieben" meint. Ist es die Wärme, gerade auch die körperliche, die sie zuhause vermisst? Löst dies bei ihr Liebe aus? Und was ist mit
Satoshi? Wenn er sich auch nach körperlicher Nähe sehnt, wo besteht dann das Problem in der Ehe?
Natürlich stellt die dargestellte Ehe auch einen Mikrokosmos Tokios dar. Man lebt eng zusammen, aber kennt sich nicht oder ist von Einsamkeit geplagt. Einsamkeit ist dann auch das alles durchdringende Thema, zusammen mit einer Sehnsucht nach Wärme. Regisseur Hitoshi Yazaki schafft es, wie schon in "Strawberry Shortcakes", die Einsamkeit aber nicht als kühle Leere auf den Bildschirm zu bannen, die den Film letztlich zu einem frustrierenden Erlebnis machen würde, sondern gibt Hoffnung auf eine irgendwie geartete Erlösung aus dieser. Die Geschichte, die auf einem Roman von Kaori Ekuni basiert, liefert dabei fein ausgearbeitete Charaktere, Dialoge und Metaphern, die "Sweet Little Lies" zu einem empfehlenswerten Drama für all jene machen, die sich für ehrliche Filme mit Gefühl, aber ohne offensichtliche Sentimentalität erwärmen können.