Story: Mokunoshin Tsuzuki (Sosuke Ikematsu) ist ein junger Samurai, der auf einer Farm arbeitet. Um seine Fähigkeiten nicht einrosten zu lassen, trainiert er mit dem Bauernjungen Ichisuke (Ryusei Maeda), dem er auf diese Weise auch den Schwertkampf beibringt. Das Leben ist auf dem Land recht einfach und mit Yu (Yu Aoi) gibt es auf der Farm auch ein Mädchen, das sich für den jungen Mann interessiert. Eines Tages kommt allerdings der Samurai Sawamura (Shinya Tsukamoto) durch das Dorf und beobachtet Tsuzuki beim Training. Er erkennt sofort dessen außergewöhnliche Begabung und fragt ihn, ob er mit ihm nach Edo kommen möchte. Er sei genauso wie der junge Mann ein herrenloser Samurai und in Edo gebe es einen Herren, dem sie dienen können. Der Auftrag, den dieser Herr hat, erfordert jedoch noch ein paar mehr Kämpfer, daher lädt Sawamura auch den Bauernjungen ein, mitzukommen. Kurz vor der Abreise schlagen aber in der Nähe des Dorfs ein paar Räuber ihr Lager auf. Das Dorf fürchtet, überfallen zu werden und hat Tsuzuki genau für diesen Fall ein Dach über dem Kopf gewährt. Der junge Samurai spricht mit den Räubern und findet heraus, dass sie zwar raue Gesellen sind, sie aber das Dorf in Frieden lassen werden. Am Tag der Abreise nach Edo wird Tsuzuki dann von einem schweren Fieber niedergeschlagen. Als dann ein Spaß der Räuber eskaliert und Ichisuke von ihnen verprügelt wird, nimmt sich der Samurai Sawamura der Sache an. Damit ruft er aber letztlich eine Spirale der Gewalt hervor und Tsuzuki muss sich bald der Wahrheit stellen, dass er bald seinen ersten Menschen töten muss...
Kritik: Regisseur Shinya Tsukamoto wird seit seinem Film "Tetsuo, the Iron Man" aus dem Jahr 1989 als ein Visionär des Indie-Films und Kultregisseur gehandelt. Kritiker überschlagen sich bei seinen Werken stets mit Lob, doch den Hype kann nicht jeder nachvollziehen. Zumindest ich hatte bereits u.a. bei seinem Film "Haze" etliches finden können, dass durchaus Kritik verdient. Nun begibt sich Shinya Tsukamoto mit "Killing" also ins Samurai-Genre. Wie immer ist sein Werk mit einem kleinen Budget gedreht worden und nicht sonderlich lang (gerade einmal 79 Minuten). Sicherlich fallen einem sofort auch Parallelen zu Akira Kurosawa Werken wir "Seven Samurai" auf. Allerdings wird hier die Ästhetik und das verklärte Edle des Bushido etwas kritischer, um nicht zu sagen nihilistischer betrachtet. Das ist eine faszinierende Herangehensweise und entzaubert fast schon das Genre. Dafür könnte man in der Tat ein großes Lob aussprechen, wenn der Film nicht mit seinem langatmigen Tempo zu kämpfen hätte.
"Killing" ist zweifellos ein Drama und diese dürfen natürlich auch etwas langsamer ausfallen. Ein rotes Tuch ist für mich allerdings, wenn das langsame Tempo und das ewig lange Verweilen in einer Szene auf prätentiöse Weise tiefgründig wirken soll. Eben genau das, was einen schlechten Art-House Streifen ausmacht. Wie der Titel des Films schon sagt, geht es in der Geschichte um das Töten. Und wirklich tiefgründig geht Shinya Tsukamoto gar nicht vor. Tsuzuki selbst fragt an einer Stelle, wie es dem Samurai Sawamura nur so leicht fallen kann, andere zu töten. Es geht also darum, dass der junge Samurai Tsuzuki zwar dem Bushido folgt, aber selbst noch nicht getötet hat. Und sogar unter den widrigsten Umständen geht er dem Töten aus dem Weg. Dieser innere Kampf ist stets sichtbar und Darsteller Sosuke Ikematsu ("After the Storm") leistet großartige darstellerische Arbeit die emotionale Achterbahnfahrt, die er durchmacht, auf die Leinwand zu bringen.
Bleiben wir kurz bei den positiven darstellerischen Leistungen. Yu Aoi ("Tokyo Ghoul") spielt eine Bäuerin, die Gefühle für den jungen Samurai hegt. Sie möchte nicht, dass er fortgeht, aber an einem bestimmten Punkt in der Geschichte ist Yus Blick Tsuzuki gegenüber auch voller Hass und Geringschätzung. Diese unterschiedlichen Emotionen in ihrem Gesicht durcheinanderwirbeln zu sehen, hinterlässt einen starken Eindruck. Und so ist es auch die Beziehung zwischen den beiden, obwohl diese gar nicht im Vordergrund steht, die das eigentliche Highlight des Films darstellt. Regisseur und Drehbuchschreiber Shinya Tsukamoto spielt selbst den alten Samurai und auch wenn er darstellerisch den beiden anderen nicht das Wasser reichen kann, ist seine Präsenz stets greifbar. Darüber hinaus ist seine Beziehung zu Tsuzuki auch recht fesselnd, denn uns ist nie klar, aus welchen Gründen es ihm so wichtig ist, den jungen Samurai mit nach Edo zu nehmen. Es muss etwas sein, dass ihn auch abseits seiner außergewöhnlichen Schwertkampfkunst fasziniert hat.
Selbstverständlich muss es in einem Film über Samurai auch ein paar Kämpfe geben. Diese erinnern an Klassiker des Genres, da zunächst bei langsamem Umeinandertänzeln die Fähigkeiten des Gegners eingeschätzt werden, während der eigentliche Austausch von Schwerthieben nicht lange andauert. Die Kämpfe sind dabei schön choreographiert und die Darsteller meistern ihre Szenen sehr professionell. Das alles wird aber durch die Kameraarbeit vollkommen zerstört. Denn auch wenn die Auseinandersetzungen ohne einen Schnitt eingefangen werden, bewegt sich die Kamera dabei stets mit und das auch noch im Handkamera-Stil. Das bedeutet, dass man manche Bewegungen gar nicht richtig mitbekommt und weiterhin, dass einem oft beinahe schlecht wird, denn die Kamera wackelt nicht nur, sondern legt sich manchmal sogar in einem extremen Winkel nach links und rechts. Es ist so schlimm, dass ich meinen Fernseher die wackelnden Bilder ergänzen lassen musste, samt Seifenopern-Effekt. Wer keinen modernen Fernseher hat, dem wird wohl bei dem Geschaukel schlecht werden.
Gewalt muss es natürlich auch geben und speziell in einer Höhle kommt es dann zu einem wahren Massaker. Allerdings steht die Gewalt nicht übermäßig im Zentrum, sie soll vielmehr verdeutlichen, dass auch der ehrenhafte Samurai nur ein Mörder ist, wenn man es genau betrachtet. Gegen Ende muss Tsuzuki gegen den Wahnsinn ankämpfen, der immer näher rückt. Das wird auch durch die Bildsprache verdeutlicht. Aber genau hier wird alles äußerst prätentiös und wir wandern eigentlich nur mit der Kamera für Minuten durch einen Wald. Das ist nicht nur ermüdend, sondern schlichtweg langweilig. "Killing" will intelligenter und tiefgründiger sein, als er es ist, und kaum ein Kritiker ist heutzutage wirklich kritisch, wenn es um Shinya Tsukamoto geht. Andererseits konnte ich seinem Stil noch nie sehr viel abgewinnen. Er hat ein Talent dafür, eine dichte Atmosphäre zu kreieren, auch in "Killing", einige seiner Bilder sind sehr gelungen, die Soundeffekte hervorragend, aber etwas wahrhaft Großartiges liefert er eigentlich nie ab. In seinem neuesten Werk ist die wackelige Handkamera dann auch noch der letzte Nagel zum Sarg...