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Fagara - Filmposter
Original Title:
Faa ziu zi mei

Hong Kong 2019

Genre:
Drama

Director:
Heiward Mak

Cast:
Sammi Cheng
Megan Lai
Li Xiaofeng
Kenny Bee
Richie Jen
Andy Lau
Liu Juei-chi
Wu Yanshu
Siuyea Lo
Bryant Mak


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Fagara

Fagara - Film Screenshot 1

Story: Acacia (Sammi Cheng) erfährt vom plötzlichen Tod ihres Vater (Kenny Bee). Er war jahrelang kein Teil ihrer Familie gewesen, weil er für eine andere Frau nach Taiwan gegangen war. Nachdem Acacias Mutter krank wurde, kam er aber zurück, um sich um diese zu kümmern und eröffnete ein Hotpot Restaurant. Trotzdem hat er niemals wieder ein echtes Familienband zu Acacia aufbauen können. Als sie die Vorbereitungen für die Beerdigung ihres Vaters trifft, findet sie heraus, dass sie noch zwei Halbschwestern hat. Branch (Megan Lai) ist eine professionelle Pool-Spielerin, deren Spiele sich der Vater oft im Restaurant angeschaut hat. Cherry (Li Xiaofeng) ist eine Mode-Vloggerin. Die drei Halbschwestern lernen sich auf der Beerdigung kennen und können sich entgegen ihrer Erwartungen sofort gut leiden. Jede von den drei leidet auf ihre eigene Weise unter dem früheren Lebensstil des Vaters, da dieser für keine seiner drei Töchter wirklich da sein konnte. Mit der Zeit stellt sich aber heraus, dass ihr Vater viel für andere Menschen getan hat und dies auch bei seinen Töchtern versucht hat. Acacia beschließt, das Restaurant ihres Vaters weiterzuführen, da der Mietvertrag noch ein Jahr läuft und eine vorzeitige Kündigung viel Geld kosten würde. Allerdings ist sie bald ziemlich überfordert damit, zumal sie das Geheimrezept für den Hotpot ihres Vaters nicht kennt. Branch und Cherry greifen ihrer Halbschwester aber sofort unter die Arme, als sie hören, dass sie in Not ist. Zusammen schaffen es die drei auch, immer besser mit ihren Gefühlen gegenüber ihrem verstorbenen Vater zurechtzukommen.

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Fagara - Film Screenshot 4

Kritik: Richtiges Qualitätskino ist aus Hong Kong - von dem einen oder anderen Blockbuster, der aber eigentlich nur auf unterhaltsame Weise den Kopf freimacht - nicht mehr zu erwarten. Wahrscheinlich deshalb hat mich "Fagara" so unerwartet erwischt. Ein Familiendrama, das sich auf zuweilen subtile, dann auch recht eindeutige Weise um die Wunden dreht, die ein Vater bei seinen Kindern hinterlassen hat. Nicht nur, weil er überraschend gestorben ist, sondern auch, weil er mehr als nur eine Familie hatte. Ein komplexes Konstrukt rund um das Chaos, das der Vater in den diversen Familien angestellt hat, entspinnt sich. Dabei ist aber nicht mal die Geschichte das Herausragende, sondern die Art wie diese eingefangen wird. Polierte Bilder, die dem Auge schmeicheln und sogleich gute Laune machen, dann wiederum angenehm ruhige Szenen der Kontemplation, ohne dass der Streifen jemals das anmaßend "Tiefgründige" eines Art House Kinos bekommen würde. "Fagara" ist das beste Drama, das seit langem aus Hong Kong gekommen ist.

Fagara - Film Screenshot 5

Überhaupt ist Fagara ungemein unaufdringlich. Der Film dreht ich ebenso um die Rolle der Frau in der traditionellen, chinesischen Gesellschaft, als auch um die Reibung, die durch dieses Konzept im Kontrast zu der Emanzipation moderner Frauen entsteht. Die Geschichte basiert auf einem Roman von Amy Cheung und die Regie führte Heiward Mak, die unter anderem das Drehbuch zu "Love in a Puff" mitgeschrieben hat. Ein Film von Frauen (niemand geringeres als Ann Hui hat darüber hinaus das Drama produziert) mit Frauen in den Hauptrollen könnte nach Feminismus schreien und in die Sparte fallen "Bloß nichts Negatives sagen, sonst wird man noch als Chauvinist dargestellt". Nein, "Fagara" hat sicherlich keine solche Sonderbehandlung nötig. Hier haben sich schlichtweg wahre Talente zusammengefunden, die auf ehrliche Weise ein Bild der Frau in der Gesellschaft zeichnen, das interessant und erleuchtend ist. Vielleicht sind die Männerrollen etwas zu klein geraten, aber das fällt gar nicht auf, erst nachdem man gelesen hat, dass es sich um ein Werk von Frauen handelt - und man damit eigentlich die Gleichberechtigung wieder ad absurdum führt, weil man in Kategorien einordnet und dementsprechend andere Kriterien zur Bewertung heranziehen sollte/muss(?).

Fagara - Film Screenshot 6

"Fagara" ist aber auch so großartig, da das Drama mit einer gewissen Unbeschwertheit verbunden ist. Die drei Frauen müssten sich eigentlich als Rivalinnen sehen, so die Intuition, denn der Vater hatte verschiedene Töchter, von denen er doch eine lieber als die anderen gehabt haben müsste. Doch in solch eine Schublade lassen sich die drei Frauen nicht stecken. Nach anfänglichen kleinen Berührungsängsten wachsen sie ziemlich schnell zusammen. Dabei ist besonders lobenswert, wie viel Charme und Lebensfreude die drei zusammen versprühen. Jede von ihnen bekommt ihre eigene kleine Geschichte, auch wenn ganz eindeutig Acacia im Vodergrund steht, aber sobald die Schwestern zusammen auf den Bildschirm sind, spürt man einfach eine Lebensfreude, welche die drei anfangs vielleicht sogar selbst überrascht. Hier entsteht eine "Schwesternschaft", die zu jeder Zeit glaubwürdig, mitnehmend sowie amüsant ist und ein hervorragendes Gegengewicht zu den dramatischeren Momenten darstellt.

Fagara - Film Screenshot 7

Canto-Popstar Sammi Cheng, die mit dem in einer kleinen Nebenrolle auftretenden Andy Lau bereits in "Blind Detective" ein Bildschirm-Duo war, hat hier ihre reifeste und beeindruckendste Rolle, in der man sie bisher wohl gesehen hat. Megan Lei und Li Xiaofeng geben ebenfalls sehr schöne Darstellungen ab und die drei Schwestern könnten charakterlich nicht anders sein. Da ist die Vloggerin, die aber keinesfalls so oberflächlich ist, wie man annehmen könnte, und die eine schöne Nebengeschichte mit ihrer Oma hat, und die androgyne Branch (vielleicht fällt sie in die LBGTQ-Gruppe, aber auch hier bleibt "Fagara" angenehm uneindeutig und geht Kategorisierungen aus dem Weg) gerät immer wieder mit ihrer Mutter aneinander, der unentwegt die falschen Worte über die Lippen kommen. Die Geschichten sind ansprechend und bewegend, allerdings hat man manchmal das Gefühl, dass sie in eine kohärentere Form hätten gegossen werden können. Es gibt Augenblicke, in denen man sich fragt, ob die Regisseurin noch weiß, in welche Richtung sie möchte.

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Fagara - Film Screenshot 10

Solche Momente sind aber selten. Ebenfalls eindrucksvoll ist, dass sich die Regisseurin nicht scheut, herauszuarbeiten, dass der Vater alles andere als ein böser Mann war, der in jeder Stadt eine andere Frau hatte. Sein Leben war etwas kompliziert, er war mehr als einmal verliebt und er hat tatsächlich sogar einigem entsagen müssen. Und zwar, weil die Gesellschaft eben auch an ihn bestimmte Anforderungen gestellt hat. Und wegen seiner (typisch männlichen?!?) Eigenschaft, alles in sich hineinzufressen und niemandem etwas von seinen Sorgen zu erzählen, müssen seine Töchter das Puzzle um seinen Charakter langsam lösen. Dabei kommen auch hin und wieder Rückblenden zum Einsatz oder der Vater befindet sich in Gedanken plötzlich mit den Töchtern im gleichen Raum. Es geht in "Fagara" um Charakterschwächen, mangelnde Kommunikation, Missverständnisse und Vergebung sowie Abschied. Das alles ergibt eine hochmelodramatische Mischung und gegen Ende wird bei vielen sicherlich das eine oder andere Taschentuch gebraucht werden, aber die oft nachdenkliche und trotz allem alles andere als einschläfernde Regie haucht der Geschichte Lebensfreude ein, nicht zuletzt auch dank einiger unbeschwerter humoristischer Momente. Gepaart mit dem wunderbaren Soundtrack, herausragenden Bildern und einer vielschichtigen, berührenden Geschichte ergibt das den zweifellos besten Hong Kong-Film des Jahres 2019.

(Autor: Manfred Selzer)
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