Story: Shigeki Nagamine (Akira Terao) hat seine Frau vor zwei Jahren verloren und lebt alleine mit seiner Tochter. Eines Tages bekommt er
einen Anruf von der Polizei, die ihm mitteilt, dass seine Tochter tot aufgefunden wurde. Offenbar wurde sie von einer Gruppe Jugendlicher in ein Auto
gezerrt, mit Drogen gefügig gemacht und dann vergewaltigt. Die Drogen haben schließlich zu ihrem Tod geführt. Während die Ermittler Oribe (Yutaka Takenouchi)
und Mano (Shiro Ito) nach dem Wagen fahnden, in den das Mädchen eingestiegen sein soll, kann Nagamine nur untätig herumsitzen und sich regelmäßig über den
Ermittlungsstand informieren. Plötzlich bekommt er jedoch einen Anruf von einem Jugendlichen, der ihm die Namen der beiden Täter und die Adresse von einem
nennt. In der Wohnung des einen Täters findet er ein Video, das zeigt, wie seine Tochter vergewaltigt wurde. Als der Täter zurückkommt, erfährt Nagamine von ihm,
dass der andere Mörder sich irgendwo in den Bergen aufhält. Nagamine ersticht den Jungen in blinder Wut und wird fortan von der Polizei gesucht. Der Vater
will sich aber zunächst an dem anderen Mörder seiner Tochter rächen, bevor er gefasst wird. Und Oribe zweifelt mittlerweile derweil daran, ob man Nagamine
tatsächlich suchen sollte...
Kritik: "The Hovering Blade" ist ein Film, der wahrscheinlich vollkommen an mir vorbeigegangen wäre, wenn nicht das südkoreanische Remake
"Broken" in aller Munde gewesen wäre, welches aber für mich schlichtweg eine Enttäuschung dargestellt hat. Dementsprechend kommt man
nicht umhin, die beiden Filme miteinander zu vergleichen, auch wenn dies in diesem Fall in falscher Reihenfolge geschieht. Eines kann aber schon vorweg gesagt
werden: "The Hovering Blade" kommt weitaus natürlicher und mit weniger Problemen daher als die koreanische Version. Das liegt schlichtweg daran, dass das Drama
sehr subtil vorgeht und sich nicht auf Protagonisten verlässt, die unterlegt von schwerer Drama-Musik in die Kamera weinen. Vielleicht mag das den Film auf
den ersten Blick etwas kühl wirken lassen, aber tatsächlich verleiht es ihm auf die lange Sicht mehr Tiefe.
Besonders Akira Terao ("The Professor and his Beloved Equation") gebührt ein Großteil des Lobs. Seine
Miene scheint starr, doch immer wieder zeichnen sich darauf dann plötzlich komplexe Gefühle ab. Gegen Ende zeigt sich, dass sich dieses Vorgehen auf jeden
Fall gelohnt hat, da das Drama um die Geschichte nicht unnötig billig wirkt. Weiterhin ist es etwas Besonderes, mal einen etwas älteren Herrn im Fokus
einer Rachegeschichte zu sehen. Etwas, das "Broken" völlig versäumt hat. Akira Terao spielt einen Mann, der es körperlich mit niemandem aufnehmen kann und der
dann, als er sich auch noch verletzt, nach alles anderem als einer ernstzunehmenden Bedrohung aussieht. Und dennoch kämpft er für seine Rache, was seinen
Charakter nur umso tragischer macht. Hier steht wirklich das Drama im Vordergrund und es wird nicht auf billige Weise das Tempo nach oben gedrückt.
In dieser Hinsicht bleibt der Film also kohärent, doch darf nicht verschwiegen werden, dass das Tempo trotz allem manchmal recht ermüdend sein kann. Man
hat zwar das Gefühl, dass die Geschichte stets vorankommt, aber es wird sich bei vielen Szenen einfach zu viel Zeit genommen. Es ist beinahe so, als wären
Leerräume in den Film gebaut worden, die man nutzen soll, um sich über die moralischen Fragen der Geschichte Gedanken zu machen. Außerdem wirkt die Stille
im Film wie ein eigener wichtiger Darsteller. Besonders Nagamines Stummheit spiegelt seine Einsamkeit und Verlorenheit wider, sodass wiederum der Verlust
seiner Tochter umso näher gehen kann. Darüber hinaus sorgt die drückende Stille nicht nur für Unbehagen und Atmosphäre, sondern dank ihr bekommen einige
der Dialoge besonderes Gewicht. Ein paar von ihnen regen regelrecht zum Nachdenken an.
In "The Hovering Blade" wird auch gerne Mal die Szenerie zelebriert. Die verschneite Berggegend ist von viel mehr Seele durchdringen als in dem vielleicht
hübscher wirkendem koreanischen Remake. Außerdem vermisst man hier keineswegs eine angemessene Charakterausarbeitung. Nagamine und der Ermittler Oribe, der sich
immer wieder in Selbstzweifeln verliert, ob der Vater wirklich so falsch handelt, zeigen vielleicht oberflächlich nicht viel von ihren Persönlichkeiten, aber
ihre kleinen Gesten und Worte verleihen ihnen genügend Farbe, sodass das Aufeinandertreffen der beiden in einer Szene sogar regelrecht berühren kann, da
in ihren Augen zu sehen ist, dass sie sich gegenseitig verstehen. Kenji Kawais schöner Soundtrack wird ebenfalls gewinnbringend eingesetzt und bereichert den
Film gerade an den Stellen, an denen die Tragik Nagamines unterstrichen werden soll.
Die Geschichte, die auf Keigo Higashinos Roman basiert, ist dank seines moralischen Dilemmas fesselnd und man wird dazu angehalten, sich selbst eine Meinung über das Rechtssystem zu bilden. Letztendlich unterscheidet sich Japans Rechtsprechung nicht grundlegend von der westlicher Länder und so bleibt die Frage, ob man Minderjährige wirklich nie genauso bestrafen darf wie Erwachsene im Raum stehen. "The Hovering Blade" punktet mit subtil arbeitenden Darstellern und einer Rachegeschichte, die zur Abwechslung mal nicht als blutiger Action-Thriller präsentiert wird. Ein paar der langen Aufnahmen können beeindrucken, doch insgesamt wirkt der Streifen dann doch ab und an etwas zu gemächlich. Trotzdem erweist sich der Film als wesentlich runder und zufriedenstellender als "Broken". Ein nachdenklich machender Rache-Thriller, der auf subtiler Ebene arbeitet.