Story: Soo-jin (Jung Yu-mi) hat einen angesehenen Bürojob und Hyun-soo (Lee Sun-kyun) versucht als Schauspieler den großen Durchbruch zu erlangen. Das frischgebackene Ehepaar ist überaus glücklich und ein Baby ist auch noch auf dem Weg. Allerdings beginnt Hyun-soo eines Nachts plötzlich im Schlaf zu reden. Was er sagt, verstört Soo-jin, aber nachdem klar ist, dass es sich um eine Zeile aus einem Drehbuch handelt, scheint alles wieder in Ordnung. Bis Hyun-soo sich mitten in der Nacht blutig kratzt. In einer weiteren Nacht isst er rohes Fleisch aus dem Kühlschrank. Die beiden gehen zu einem Arzt und man stellt schnell fest, dass Hyun-soos REM-Phase abnormal ist. Er bekommt Medikamente und ein paar Tipps für zuhause, aber es soll eine Weile dauern, bis er sich auf Besserung einstellen kann. Währenddessen wird Soo-jin immer unruhiger, weil ihr Mann zunehmend gewalttätiger beim Schlafwandeln wird und sie Angst hat, dass er in Zukunft ihr Baby verletzen könnte. Nachdem das Baby geboren ist und man weiterhin gemeinsam das Problem lösen will, schaltet sich auch Soo-jins Mutter ein und will eine Schamanin heranziehen. Diese ist davon überzeugt, dass ein Geist des Nachts von Hyun-soo Besitz ergreift. Solange Soo-jin nicht herausfinden kann, wer den Platz ihres Ehemanns einnehmen will, kann aber auch die Schamanin nicht weiterhelfen...
Review: Es ist nicht einfach, genau festzumachen, warum "Sleep" zunächst, aber auch im weiteren Verlauf der Geschichte, durchaus auch als schwarze Komödie zu bezeichnen ist. Es ist nicht so, als würde sich "Sleep" als Horrorfilm nicht ernstnehmen. Es ist eher die Beziehung des Ehepaars, die oft einiges mit einem Augenzwinkern versieht. Dabei steht im Zentrum der Handlung eindeutig die Liebe zwischen den beiden. Die große Frage im Raum ist auch, wie weit man geht, um als Paar Probleme aus der Welt zu schaffen und die Ehe zu retten. Das alles entwickelt sich aber zu einer äußerst effektiven Horrorgeschichte, in der physische und mentale Erschöpfung bzw. Schlafmangel die Protagonisten zum Äußersten treiben. Die glaubwürdige Eskalation bei gleichzeitigem Festhalten an der Liebe erlaubt "Sleep" eine Tiefe an den Tag zu legen, die man bei Horrorfilmen selten zu sehen bekommt. Und gerade weil der Streifen storytechnisch alles andere als billig ist, erhebt er sich zu einem der besten Genrewerke aus Südkorea in den letzten Jahren.
Die Horrorelemente selbst können nicht zwingend als originell bezeichnet werden, aber die Stärken des Genres werden ausgezeichnet genutzt. Da wäre zum einen die dichte Atmosphäre, die dadurch noch begünstigt wird, dass der Film hauptsächlich in einem Apartment spielt, zum anderen aber der Umstand, dass der Horror uns nicht viel zeigt, sondern Schrecken kreiert, indem er andeutet, was sein könnte. Dies zeigt sich am eindrucksvollsten in der Szene, in der Soo-jin panisch ihr Baby in der Wohnung sucht, ohne weiter ins Details zu gehen. Die wachsende Paranoia lässt das Problem des Schlafwandlers, dessen Taten des Nachts unberechenbar sind, im Hintergrund verschwinden, als Soo-jin mit ihren Nerven am Ende ist. Spätestens als dann noch die Schamanistin hinzukommt, lässt "Sleep" uns nicht mehr einfach nur daran zweifeln, ob alles mit rechten Dingen zugeht und der Horror rational erklärt werden kann, sondern man lässt uns durchweg Schlangenlinien fahren, bis wir nicht mehr wissen, was wir glauben sollen.
Aufgeteilt sind die kompakten 95 in drei Kapitel, zwischen denen kleine Zeitsprünge existieren, die uns aber auch mit steigender Intensität vor den Bildschirm fesseln. Letztlich bekommt man in der Wohnung richtiggehend Klaustrophobie und der übernatürliche Aspekt tritt stärker und stärker in den Vordergrund, auch wenn man theoretisch weiterhin alles rein rational erklären könnte. Zu dem einengenden Gefühl trägt auch bei, dass der Fokus ausschließlich auf dem Ehepaar liegt und es nur wenige Nebenrollen gibt. Lee Sun-kyun ("Kingmaker") liefert solide Arbeit ab, doch darf Jung Yu-mi ("Train to Busan") mehr Bandbreite zeigen, da ihr Charakter eine größere Veränderung durchläuft. Im letzten Drittel ist ihre Darbietung ausschlaggebend, um den Spannungsgehalt in die Höhe zu peitschen. Schauspielerisch ist also ein gutes Fundament gelegt, doch der eigentliche Grund, warum "Sleep" als Genreeintrag so erfolgreich ist, sind die dichte Regie und die packenden Bilder.
Regisseur Yoo Jae-sun (aka Jason Yu) mag hier zwar sein Debut abliefern, aber er hat an der Seite von Bong Joon-ho unter anderem bereits an "Okja" mitgewirkt und man sieht ihm seine Erfahrung an. Nicht nur der schwarze Humor, der in seiner Bildsprache durchbricht und etwas von Bong erkennen lässt, sind positiv hervorzuheben, sondern die insgesamt gelungene Regie inklusive einiger Kniffe, die uns nie im Klaren darüber werden lassen, ob wirklich übernatürliche Mächte am Werk sind. Das Budget dürfte auch nicht sonderlich hoch gewesen sein, allerdings wirkt das nie so und gegen Ende bekommen wir sogar eine eindrucksvoll "umgestaltete" Wohnung. Lobenswert ist auch, dass auf jegliche Längen verzichtet wird. Der Film ist genauso lang, wie er sein muss, und auf einen unnötigen Epilog wird auch verzichtet. Das Ende ist zudem äußerst zufriedenstellend. Es mag auf den ersten Blick ein wenig offen wirken, aber jeder wird mit seiner eigenen Interpretation der Dinge davon überzeugt sein, dass sie die richtige ist.
All die positiven Worte führen paradoxerweise auch zu der Kritik, dass "Sleep" schlussendlich doch nur ein Horrorfilm ist. Wenn auch ein ziemlich guter. Das soll bedeuten, dass man immer wieder den Eindruck gewinnt, hier könnte es um mehr gehen. Ein wenig Gesellschaftskritik ist angedeutet und "Sleep" ist zu intelligent geschrieben, als dass es nur ein Horrorfilm sein müsste. Aber dieser Ansatz wird nicht weiter verfolgt und so bleibt nur ein Genreeintrag, der vielleicht der beste seit "The Wailing" ist, aber irgendwie auch mehr hätte sein können, wenn man sich nur getraut hätte. Das soll und kann aber nicht in Abrede stellen, dass "Sleep" ein wunderbar dichter Horror-Thriller ist, der großartige Momente bietet und zu jeder Zeit packend ist. Gemessen am Genre ist der Film vor allem überraschend innovativ und damit eine klare Empfehlung wert.