Story: Otani (Tadanobu Asano) ist Schriftsteller, aber sein Erfolg hilft ihm auch nicht über seine Depressionen hinweg. Er trinkt Tag
für Tag und hat auch die eine oder andere Affäre. Sein Verhalten widert ihn selbst an, aber er kann nicht anders und so stiehlt er eines Tages sogar
von zwei Kneipenbesitzern eine große Summe Geld, sodass diese zu Otani nach Hause kommen und drohen, die Polizei zu holen. Otanis Frau Sachi (Takako Matsu)
verspricht eine Lösung zu finden und besteht darauf, in der Kneipe zu arbeiten, bis die Besitzer ihr Geld zurückhaben. Die Besitzer sind begeistert von
der gutmütigen und auch sehr hübschen Frau, die für ein volles Haus und zufriedene Gäste sorgt. Nachdem das Geld tatsächlich zurückbezahlt ist, arbeitet
Sachi weiter in der Kneipe. Otani ergibt sich derweil weiter dem Alkohol und hat eine Affäre mit Akiko (Ryoko Hirosue). Der junge Student Okada (Satoshi
Tsumabuki) hat aber ein Interesse an Sachi und so scheint sich das Leben des Ehepaars auf unvorhersehbare Weise zu ändern...
Kritik: "Villon's Wife" ist ein ruhiges Drama, das sehr vielschichtig ist und seine Geschichte auf äußerst interessante Weise trägt.
Denn obwohl der Film in vielerlei Hinsicht eigentlich den Schriftsteller Villon im Mittelpunkt haben müsste, geht es tatsächlich um seine Frau und ihr
Leid mit einem selbstzerstörerischen Künstler sowie ihre Emanzipation. Sachi bestimmt ihr Leben zunehmend selbst und verleiht damit der Ehe
neue Facetten, da sie nicht mehr lediglich das Opfer von Affären bleibt, das zuhause friedlich auf den Ehemann wartet. Damit bricht sie aus traditionellen
japanischen Mustern aus und spiegelt zugleich die Nachkriegszeit wider. Eine Zeit der Unsicherheit, aber auch des Aufbruchs. Denn nur mit Stärke kann Sachi
ihr Leben wieder in den Griff bekommen und vielleicht sogar ihren Mann retten.
Ein Problem hat das Drama jedoch: Die Intention, die Geschehnisse um Sachi anzusiedeln, mag - wie sich alleine im Titel zeigt - da sein, aber Otani ist die
weitaus interessantere Persönlichkeit. Er träumt vom Selbstmord, hat bisher aber nie einen ernstzunehmenden Versuch gestartet. Er hat Angst vor dem Leben,
aber auch vor dem Tod, wie er selbst sagt. Trost kann er daher nur im Alkohol sowie einigen Affären finden. Dafür hasst er sich selbst und auch sein Talent
als Autor widert ihn an. Otani scheint jenseits jeglicher Rettung verloren zu sein, wenn da nicht seine Frau wäre, die ihm, ob ihm dies nun bewusst ist oder
nicht, Halt gibt. Kein Zweifel, Tadanobu Asano ("Survive Style 5+", "Vengeance
Can Wait") stiehlt der Hauptdarstellerin oft genug die Schau, sodass man Otani fast schon vermisst, wenn er nicht auf der Bildfläche ist.
Faszinierend ist "Villon's Wife" auch daher, weil er auf dem gleichnamigen Roman von Osamu Dazai basiert, einer semi-autobiographischen Geschichte. Ein
Jahr nach Erscheinen des Romans hat sich Dazai schließlich (nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen) erfolgreich das Leben genommen. Hätte der Film an sich
nicht schon genügend Tiefe, würde diese Hintergrundinformation alleine dafür sorgen. Daneben ist aber auch die Zeit des Geschehens sehr ansprechend gewählt.
Das Nachkriegsjapan verleiht dem Film als Schauplatz ein ganz eigenes Flair zwischen Tradition und Moderne und ist damit eine Parallele zu Otani, der ebenso
zwischen zwei Welten wandelt. Aber auch auf Sachi trifft dieses Wandern im Zwielicht zu. Sie lebt in einer Zeit, in der die Frauen langsam den Männern etwas
gleichgestellter sind und sie genießt auch die Macht, die sie bekommt.
Takako Matsu ("Confessions", "The Hidden Blade") zeigt subtiles Schauspiel und ist nicht nur
die brave Hausfrau. Dennoch steckt in ihr eine Treue zu ihrem Ehemann, die sie wiederum Dinge machen lässt, die ungewöhnlich für eine Frau von damals ist.
Damit ist "Villon's Wife" auch keinesfalls vorhersehbar. Weiterhin ist es die Dynamik in der Beziehung zwischen ihr und ihrem Ehemann, die das Drama so
faszierend macht. Die Beziehung unterläuft zum Teil starke Veränderungen und für die beiden Eheleute ist es daher nötig, den eigenen Platz neu zu verorten.
Sachi ist eine gutmütige und aufopferungsvolle Frau, in die sich schon mehr als einmal ein Mann verliebt hat, wie ein paar Nebengeschichten und Rückblenden
beweisen. Otani ist dagegen ein Ehemann, der die Liebe dieser Frau nicht wert ist. Doch es ist gerade die Last eines depressiven Charakters und einer
Todessehnsucht, die der Geschichte die nötige Würze verleiht.
Seinen Ursprung in der literarischen Welt sieht man "Villon's Wife" zu jeder Zeit an. Veteran Kichitaro Negishi komponiert ruhige Bilder und hält, wo nötig, mit seiner Kamera auch ohne einen Schnitt auf einer Szene drauf. Ein Soundtrack kommt immer nur da zum Einsatz, wo es passt und fügt sich damit angenehm nahtlos in den Film. Sein langsames Erzähltempo dürfte das Drama eigentlich weniger zugänglich machen, aber in gewisser Weise passiert ständig etwas, das die Geschichte voranbringt. "Villon's Wife" ist ein charakterorientiertes Drama, das in der Zeichnung der Personen erstaunlich komplex vorgeht. Davon abgesehen hat der Film auch etwas angenehm Poetisches an sich. Vielleicht mag das Drama manchmal etwas zu langatmig sein, gerade zum Schluss hin verliert der Film an Tempo, aber die stille Schönheit der Melancholie kann man ihm keinesfalls absprechen.