Story: Wie so viele Teenager seines Alters liegt Yoshiro (Shota Sometani) eines Abends in seinem Bett und befriedigt sich selbst, während er
an einige seiner Mitschülerinnen denkt. Allerdings geschieht dabei etwas Außergewöhnliches. Er wird von einem Licht getroffen und beherrscht seit diesem
Tag Telepathie. Wie sich herausstellt, beherrscht Miyuki (Elaiza Ikeda), eine der Schülerinnen, über die er fantastiert hat, ebenfalls diese übernatürliche
Fähigkeit. Doch Yoshiro interessiert sich viel mehr für Sae (Erina Mano), die er für seine wahre Liebe hält. Bereits bevor er geboren wurde, hat er sich
mit ihr unterhalten, so glaubt er, als seine schwangere Mutter neben ihrer Platz genommen hat. Plötzlich tritt aber Saes Vater (Ken Yasuda) in Yoshiros Leben
und führt eine Gruppe von Teenagern zusammen, die alle übernatürliche Fähigkeiten besitzen. Zusammen wollen sie gegen Akiko (Ami Tomite) und andere
erwachte ESP-Spezialisten antreten, die ihre Kräfte für das Böse einsetzen. Chaos ist aber bereits ausgebrochen, da sich Teenager immer freizügiger
zeigen und eine sexuelle Revolution einzuläuten scheinen. Alles gerät außer Kontrolle und die jungfräuliche Superheldengruppe muss seine Fähigkeiten
unter Beweis stellen.
Kritik: Irgendwo in dieser vor männlichen Teenager-Hormonen überquellenden Komödie voller weiblicher Darstellerinnen in Unterwäsche muss es
doch einen tieferen Sinn geben. Wenn es um Regisseur Sion Sono geht, dann darf das durchaus vermutet werden. Schließlich hat sein Streifen
"Tag" Frauen ebenfalls als Objekte dargestellt, um genau dies zu kritisieren. Man sollte aber vorsichtig sein, sonst fängt man
irgendwann an überzuinterpretieren. "The Virgin Psychics" hat letztlich mit einer ungemein flachen und vor allen Dingen unfokussierten Geschichte zu
kämpfen, die nicht für sich gewinnen kann. Auch die Charaktere sind nicht ernsthaft vereinnahmend. Vor allem die Nebencharaktere sind ganz klar einem Manga
entsprungen, das letztlich auch als Vorlage diente, lassen aber Substanz vermissen. Wie eigentlich der ganze Rest des Films.
Der Film selbst basiert auf einer 12-teiligen Serie, die sich wiederum an dem Manga "Minna! Esupa Dayo!" von Kiminori Wakasugi orientierte. Aus der Serie,
die u.a. auch unter der Regie von Sion Sono gedreht wurde, hat fast die ganze Besetzung den Sprung auf die große Leinwand geschafft. Einzig Elaiza Ikeda
hat die Rolle der Miyuki neu übernommen. Als eigenständiges Werk betrachtet, und genau so will der Film augenscheinlich auch gesehen werden, wird
offensichtlich vieles komprimiert und dem Zuschauer in einem hohen Tempo an den Kopf geworfen. Das ist an sich kein großes Problem, wenn nur die einzelnen
Räder ineinandergreifen würden. Stattdessen haftet "The Virgin Psychics" etwas Sprunghaftes an und man hat tatsächlich den Eindruck, als würde man verschiedene
Episoden einer Serie sehen, bei denen das Füllmaterial, vor allem die Entwicklung der Charaktere, fehlt.
Selbstverständlich muss man sich auch damit anfreunden können, dass die Geschichte an sich enorm abgedreht ist. Superhelden, deren Libido in den Himmel
schießt, sich lasziv räkelnde Frauen in jedem zweiten Bild (oder noch häufiger) und eine Geschichte, die irgendwie gesellschaftskritisch sein will, aber nicht
genau ausformulieren kann, was sie eigentlich will. Besonders irritierend sind die überall in Unterwäsche auftretenden gutaussehenden Frauen oder das viele
Cosplay. Der Traum jedes Jugendlichen - machen wir uns nichts vor, jedes männlichen Mitglieds der Gesellschaft -, aber wer jetzt erwartet, dass es sich hier um
einen Erotikstreifen handelt, der hat weit gefehlt. Alles bleibt erstaunlich harmlos. Sexszenen selbst gibt es eigentlich nicht zu sehen und so steigt die
Irritation darüber, was "The Virgin Psychics" eigentlich genau sein will. Ein Superheldenfilm der anderen und außerdem komödiantischen Art, keine Frage. Aber
warum die vielen kaum bekleideten Frauen, die einem Softporno entsprungen sein könnten?
Vielleicht hatte Sion Sono einfach selbst Spaß daran, einen solchen Film zu machen. Den Eindruck kann man durchaus bekommen, schaut man sich die sexy
Darstellerinnen und den Erotikgehalt mancher seiner anderen Filme an. Der Regisseur begeistert aber vor allem mit seiner flotten und innovativen Erzählkunst,
von der wir auch hier ein paar Proben zu sehen bekommen, und seinen Geschichten, die eine subtil vermittelte Botschaft beinhalten. Gerade in letzter Hinsicht
erweist sich seine Manga-Adaption aber als große Enttäuschung. Als die Motive des Bösewichts ans Tageslicht kommen, kann man sich nur am Kopf kratzen.
Gleichzeitig rätselt man darüber, ob Sion Sono vielleicht die heuchlerische Zweigeteiltheit der japanischen Gesellschaft in prüden Konservatismus und
gigantischer Sex-Industrie anprangert und eine sexuelle Revolution befürwortet.
Für "The Virgin Psychics" spricht außerdem, dass am Ende alles auf die wahre Liebe hinausläuft. Der Held der Geschichte, gespielt von Shota Sometani ("Parasyte", "As the Gods Will"), hat zwar nur Frauen im Kopf, wartet aber auf seine wahre Liebe. Er ist damit jemand, der von allen Frauen um sich herum in Versuchung geführt werden soll, aber in seiner Reinheit völlig unberührt von all dem bleibt. Und das ist dann auch das nächste Faszinierende an dem Streifen. Trotz seiner bis ins Exzess und für einen Mainstream-Film unangemessen zelebrierten weiblichen Rundungen bleibt am Ende etwas kindlich Reines und Unschuldiges an "The Virgin Psychics". Das ist überaus faszinierend, aber es tröstet nicht über den mangelnden Humor (von typisch pubertären Witzen einmal abgesehen) und die flache sowie abstruse, aber eben nicht wirklich witzige Geschichte hinweg.