The Night Owl

Story: Cheon Kyeong-soo (Ryu Jun-yeol) ist blind, aber ein ausgezeichneter Akupunkteur. Der königliche Hof sucht derweil außerhalb der Palastmauern, nach guten Medizinern und bei einem Test kann Kyeong-soo seine besonderen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Daher bekommt er eine Stelle am königlichen Hof und muss nun zwar seinen zehnjährigen Bruder zurücklassen, kann dafür aber bald ohne Probleme die Behandlung von dessen Krankheit bezahlen. Während Kyeong-soo in das Leben am Hof eingeführt wird, darf König Injo (Yoo Hae-jin) nach acht Jahren seinen Sohn wiedersehen. Dieser war vom Reich Qing als Geisel gehalten worden. Der Prinz versucht seinen Vater davon zu überzeugen, dass sich Joseon ändern und von Qing lernen muss, falls man zukünftig nicht untergehen will. Der König will davon nichts hören und rät seinem Sohn, sich lieber um seinen chronischen Husten zu kümmern. Kyeong-soo soll sich um den Prinzen kümmern und dieser findet schließlich heraus, dass der Akupunkteur nicht wirklich blind ist. Er kann bei völliger Dunkelheit tatsächlich etwas sehen. Schon bald kommt es am Hof zu einem Mord, den Kyeong-soo aus nächster Nähe beobachtet. Zum einen würde ihm aber niemand glauben, weil er offiziell blind ist, zum anderen war der Mord politisch motiviert und als Zeuge würde er das Land womöglich ins Chaos stürzen. Schließlich muss sich Kyeong-soo aber fragen, ob er wirklich seine Augen vor der Wahrheit verschließen will.

Review: Auch wenn es naheliegend sein mag, "The Night Owl" als ein weiteres Drama am königlichen Hof während der Joseon-Ära abzutun, entfaltet sich der Film eher auf eine Art, die ihn wie einen Thriller anmuten lässt. Das ist gerne gesehen, denn ein häufiges Problem mit Filmen dieser Art kann ein recht gemächliches Tempo sein. Nicht hier. Gleichzeitig haben wir einen interessanten Protagonisten, dessen Naivität ihn manchmal erschreckend passiv erscheinen lässt, bis sich dies notgedrungen ändern muss. Neben der obligatorischen Geschichte um Intrige und Verrat steht aber eben ein Mord im Vordergrund, dessen Aufklärung spannend umgesetzt ist und sich nahtlos in die ebengenannte Intrige am Hof einfügt. Dass die Bilder, Sets und Kostüme alle gelungen sind, dürfte an dieser Stelle fast schon selbstverständlich sein. Korea macht in dieser Hinsicht selten Experimente und das weiß zu überzeugen.

Regisseur Ahn Tae-jin mag hier zwar sein Debüt abliefern, aber er war bereits assistierender Regisseur bei "The King and the Clown", was ihm eine sichere Hand gewährt. Die Bilder sind ästhetisch ansprechend und gerade einige der Szenen bei Nacht bzw. Dunkelheit wissen mit ihrer Atmosphäre zu überzeugen. Leider gibt es aber keine Experimente und so hat man bildsprachlich das meiste schon woanders gesehen. Das ist schade, denn gerade der ungewöhnliche Protagonist hätte Raum für ein paar ausgefallenere Bilder gegeben. Ein paar Male versucht sich Ahn sogar daran, Kyeong-soos außergewöhnliche Sehprobleme umzusetzen, aber er bleibt sehr vorsichtig und unsicher dabei. Speziell zum Ende hin hätte man erwartet, dass seine Sicht größere Auswirkungen auf den Verlauf der Ereignisse hat, aber in dieser Hinsicht wird man enttäuscht. Das ändert dennoch nichts daran, dass "The Night Owl" optisch zur oberen Liga gehört.

Die Geschichte setzt beim realen Prinz Sohyeon an, welcher große Veränderungen im Land umsetzen wollte. Diese geschichtliche Basis wird dann durch den Akupunkteur Kyeong-soo erweitert und wir sehen das meiste aus seiner Perspektive. Er ist ein naiver, junger Mann mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, hat sich aber schon zu Beginn vorgenommen, sich nicht groß in die Geschehnisse am Hof einzumischen, da er dort nur Geld verdienen will, um die Behandlung seines jungen Bruders zu finanzieren. Zwar bekommt die Geschichte um seinen Bruder keine weitere Fortführung, aber sie bleibt ein angemessener Motor, der unseren Protagonisten voranschreiten lässt. Faszinierend ist dabei, dass der Akupunkteur einige Entscheidungen trifft, die wir nicht ganz nachvollziehen können. Er ist durchaus auch als Feigling zu bezeichnen, doch das liegt daran, dass er ohnehin nicht glaubt, irgendeinen Einfluss auf die politischen Intrigen am Hof zu haben, als auch daran, dass er zwischen den Parteien nicht aufgerieben werden will - schließlich muss er sich um seinen Bruder kümmern.

Ryu Jun-yeol ("Alienoid") spielt den Hauptcharakter solide, insgesamt wäre der Charakter durch seine Passivität aber etwas zu flach ausgefallen, würde sich nicht zum Ende hin diesbezüglich auch etwas ändern. Der Rest der Besetzung sticht nicht heraus, macht seine Arbeit aber ordentlich. Einzig Yoo Hae-jin ("Confidential Assignment 2") zieht hier als kranker König, der stark paranoide Züge bekommt, das Rampenlicht auf sich. Man kennt Yoo sonst nur aus den eher komischen Rollen, aber hier zeigt er auf beeindruckende Weise, dass er auch völlig anders kann. Der König ist damit der interessanteste Charakter der Geschichte und man hätte sogar gerne noch mehr von ihm gesehen. Die Geschichte weiß aber, seine Charaktere angemessen einzusetzen, um die Geschehnisse voranzubringen, und so gibt es in "The Night Owl" keine Längen, obwohl man vergeblich nach Actionszenen suchen wird.

Letztlich erweist sich der Film als gelungener Thriller mit genug Wendungen, dass es stets spannend bleibt. Die Beziehungen zwischen den einzelnen Parteien und das Schalten und Walten hinter den Kulissen machen einen weiteren Reiz der Geschichte aus und versorgen so auch mit der nötigen Spannung. Negativ anzumerken ist, dass man sich emotional nicht unbedingt sehr stark an die Charaktere gebunden fühlt. Überraschenderweise heißt das aber nicht, dass "The Night Owl" kühl oder distanziert wirken würde. Weiterhin braucht der Film eine Weile, bis er so richtig in Fahrt kommt. Am Schluss bleibt jedoch ein spannender Thriller, der mit dem königlichen Hof während der Joseon-Dynastie als Kulisse einen netten Hintergrund liefert und zudem durch seine Sets und Kostüme auch optisch überzeugt. Mit seinem guten Tempo nach der etwas gemächlicheren Einleitung wird es auch dank ausreichend Enthüllungen nie langweilig und so zählt "The Night Owl" eindeutig zu den besseren Joseon-Streifen.

(Autor: Manfred Selzer)

Film kaufen:

Follow @AsianMovieWeb