Story: Satoru Watarai (Gaku Hamada) lebt mit seiner Mutter (Nene Otsuka) in einer Wohnsiedlung und hat beschlossen, diese nie zu verlassen.
In der Siedlung gibt es alles, was er braucht, und auch seine Freunde leben dort. Nachdem er die Grundschule abgeschlossen hat, besucht er die Schule nicht
nicht mehr, sondern bildet sich selbst zuhause weiter. Außerdem stellt er bei seinen nächtlichen Rundgängen sicher, dass seine Nachbarn alle wohlbehütet zuhause
sind. Als er alt genug ist, fängt er an, in einer Patisserie zu arbeiten. Seine ersten sexuellen Erfahrungen macht er mit seiner Nachbarin Yuri (Haru) und
seine erste Liebe ist das Mädchen Saki (Kana Kurashina), die wie er die Wohnsiedlung nicht verlassen möchte. Obwohl immer mehr von Satorus Freunden wegziehen,
denkt der Junge nicht daran, es ihnen gleichzutun. Stattdessen lernt er im Eigenstudium Karate, um die Siedlung beschützen zu können. Sein bester Freund
Sonoda (Kento Nagayama) hat ähnliche psychische Probleme wie Satoru, doch welches Trauma hat Satoru zu einem Mann werden lassen, der unfähig ist, die kleine
Welt seiner Siedlung zu verlassen?
Kritik: "See You Tomorrow, Everyone" ist eine erfrischende Mischung komödiantischer Elemente und eines charakterzentrierten Dramas. Still
und leise wird man in die Geschehnisse des Films hineingezogen, obwohl man lange Zeit lediglich die tägliche Routine Satorus zu sehen bekommt. Und dennoch reicht
das, um diverse Fragen in den Raum zu werfen, deren Antwort irgendwo in den Tiefen des Hauptcharakteres darauf warten, entdeckt zu werden. Während
ähnliche Werke Art House-typisch auf sehr ruhige und subtile Weise Satoru betrachten würden, bekommt man hier einen nicht weniger tiefgehenden Blick in die
Psyche eines ungewöhnlichen Protagonisten, der jedoch wesentlich unterhaltsamer und weniger langatmig daherkommt. Eine gelungene Abwechslung. Doch würde man
von Regisseur Yoshihiro Nakamura auch nichts anderes erwarten.
Regisseur Yoshihiro hat unter anderem mit seinem großartigen "Fish Story" beweisen können, dass er für Innovation steht. Wie
in vielen seiner anderen Werke steht auch diesmal wieder Gaku Hamada für ihn vor der Kamera und gleich das erste, was wir von ihm zu sehen bekommen, ist
bereits eigenartig. Denn Gaku stellt ohne Make-up oder ähnliches einen 12-Jährigen dar. Das ist irritierend, da wir anfangs denken, einen minderbemittelten
Mann vor uns zu haben, aber in den weiteren Jahren, die wir Satoru begleiten, erweist sich Gaku als hervorragender Darsteller, der es versteht, nur mit
seiner schauspielerischen Leistung das Heranreifen des Protagonisten zu tragen. Wir begleiten ihn, wie er seine ersten Erfahrungen und Fehlschläge in der Liebe
macht, und sehen, wie er mit seinen Ängsten konfrontiert wird.
Es ist ziemlich offensichtlich, dass irgendetwas mit Satoru nicht stimmt. Er kann seine Wohnsiedlung nicht verlassen und das nimmt krankhafte Züge an.
Als es dann zur Auflösung kommt und wir die Gründe erfahren, geschieht dies relativ unspektakulär. Satoru leidet unter verschiedenen Zwängen, so muss er nachts
immer seine Rundgänge machen, aber die meisten Menschen akzeptieren ihn so, wie er ist. Dennoch ist es das Trauma, unter dem der Junge leidet, das ihn im
Leben einige herbe Rückschläge einstecken lässt. Seine Mutter, gespielt von Nene Otsuka ("Piecing Me Back Together"),
bewegt sich immer still im Hintergrund und unterstützt ihren Sohn in allem, ist aber nur eine von vielen Nebencharakteren, die einen starken Eindruck
hinterlassen können, obwohl eindeutug Gaku Hamada den Film trägt.
"See You Tomorrow, Everyone" hat ganz klar etwas Episodenartiges, doch die Übergänge in die einzelnen Episoden sind fließend und perfekt miteinander verzahnt.
So ist selbst Satorus Vergötterung von Oyama Masutatsu ("Fighter in the Wind" zeichnet gelungen das Leben des Kyokushin
Karate-Gründers) am Ende noch von Belang. Der Wandel im Leben des Protagonisten wird immer wieder durch diverse Texttafeln eingeleitet, die anzeigen, wie
viele seiner Freunde noch in der Wohnsiedlung sind. Natürlich nimmt die Zahl immer weiter ab und später ziehen vermehrt Ausländer dort hin. Aber
Gaku ist stark an diesen Ort gebunden und erst eine Auseinandersetzung mit seinen inneren Dämonen könnte ihn letztlich von der Last, die er seit Kindertagen
mit sich trägt, befreien.
Der Film basiert auf Takehiko Kuboderas Roman und kann nebenbei auch einige sozialkritische Themen anschneiden. Im Kern ist "See You Tomorrow, Everyone" aber ganz klar ein charakterbezogenes Drama, das jedoch viele lustige Momente bereithält, ohne dass dies fehl am Platz wirken würde. Mit seinem Gespür für Feinheiten füllt Regisseur Yoshihiro Nakamura den Bildschirm mit Leben und es bleibt immer Platz für Unvorhergesehenes. Auch emotional trifft der Film die richtigen Saiten und kann sowohl Trauer erzeugen als auch ein wohlig warmes Gefühl. Eigentlich eine Tragikomödie kann "See You Tomorrow, Everyone" bis zum Ende mit interessanten und glaubwürdigen Charakteren fesseln und verpasst damit nur ganz knapp eine bessere Wertung. Yoshihiro Nakamura scheint weiter auf Erfolgskurs zu sein.