Recalled

Story: Soo-jin (Seo Ye-ji) ist beim Wandern einen Abhang hinuntergestürzt und schwer verletzt ins Krankenhaus gekommen. Nach etlichen Wochen dort darf sie wieder nach Hause, aber sie hat immer noch nicht ihre Erinnerung wiedererlangt. Ihr Ehemann Ji-hoon (Kim Kang-woo) versucht alles, damit sie wieder in ihr Leben findet, doch das ist gar nicht so leicht. Immer wieder hat Soo-jin Visionen und bald glaubt sie, dass sie die Zukunft vorhersehen kann. Ji-hoon ist sich dagegen sicher, dass seine Frau an Halluzinationen leidet, die mit ihrer Kopfverletzung zusammenhängen. Bald wundert sich Soo-jin, warum ihr Ehemann ihr von bestimmten Umständen nichts erzählt hat. So kommt beispielsweise die Polizei bei ihr vorbei, um nach ihrem Unfall zu klären, ob sie nicht vielleicht von ihrem Mann geschlagen worden ist, da sie einige Verletzungen hatte, die darauf schließen ließen. Dann trifft sie eine alte Kollegin ihrer früheren Arbeitsstelle wieder, doch Soo-jin wusste gar nicht, dass sie vor ihrem Unfall gearbeitet hat. Die Kollegin erzählt ihr daraufhin, dass sie eigentlich vorgehabt hatte, sich scheiden zu lassen. Schließlich findet die an Amnesie Leidende Fotos von sich, auf denen sie sehr vertraut mit einem anderen Mann zu sehen ist. Hat sie eventuell ihren Ehemann betrogen? Eines Tages sieht sie dann auch noch, wie Ji-hoon mitten in der Nacht in eine Nachbarswohnung geht. Soo-jin hatte erzählt, dass sie in einer Vision gesehen hat, wie dort die Tochter vom Vater ermordet wird. Nun beobachtet sie, wie ihr Ehemann mit einem Koffer, in dem sich augenscheinlich ein Körper befindet, die Wohnung verlässt. Wer ist ihr Ehemann überhaupt oder gibt er sogar nur vor, ihr Mann zu sein?

Kritik: "Recalled" ist einer jener Filme, die einem zu Beginn schon vertraut vorkommen. Eine Frau, die sich an ihren Ehemann nicht erinnern kann, ein Ehemann, der sich immer wieder ein wenig eigenartig benimmt und etwas zu verheimlichen scheint und dazu auch noch Visionen aus der Zukunft? Fast schon bekommt man den Eindruck dieser Mystery-Thriller sei etwas überladen, aber zumindest in dieser Hinsicht darf man dem Film hoch anrechnen, dass alles stimmig aufgelöst wird und ein roter Faden verfolgt wird. Spannend und unterhaltsam ist der Film vor allem deshalb, weil er immer wieder Fragen stellt, Dinge ins Ungewisse drängt und uns im Dunkeln tappen lässt, ohne dass man sich frustriert fühlen würde. Stattdessen wartet man stets gespannt auf den nächsten Hinweis. "Recalled" ist damit gut strukturiert, es muss allerdings auch gesagt werden, dass die Auflösung doch einiges an Zufällen und vielleicht nicht ganz nachvollziehbaren Entscheidungen beinhaltet.

Tatsächlich gibt es aber doch einen Frustfaktor für all jene Krimi-Fans, die sich gerne durch Hinweise zum Ziel leiten lassen. Realistisch gesehen hat man hier nämlich keine Chance selbst auf die Auflösung zu kommen. Man darf sich also entspannt zurücklehnen und sich berieseln lassen. Ist das schlimm? Es kommt eben darauf an, was man möchte. Zumindest kann man sagen, dass zum Schluss alles irgendwie einen Sinn ergibt. Der Mystery-Aspekt, der sich hauptsächlich um Soo-jins Visionen dreht, tritt aber irgendwann in den Hintergrund. Trotzdem bleiben bestimmte Aspekte ein Rätsel. Ist der Ehemann gar nicht der, der er vorgibt zu sein? Es gibt schließlich genug Hinweise, die in diese Richtung deuten. Genauso viele Hinweise gibt es aber auch, dass Soo-jin einfach nur halluziniert und Wahnvorstellungen hat. Müssen wir grundlegend alles in Frage stellen, was uns gezeigt wird? In gewisser Weise schon, aber erneut darf man feststellen, dass sich das überraschenderweise nicht als deprimierend erweist.

Seo Ye-ji ("By Quantum Physics") spielt ihren Charakter mal ängstlich, mal hysterisch und leider ist Soo-jin auch immer mal wieder eine extrem unselbständige Person, die andauernd gerettet werden muss und sich auch noch dämlich benimmt. Dieser Typ Frau ist schlichtweg nervend, aber Darstellerin Seo schafft es trotz dieser schlechten Karten, die Protagonistin so darzustellen, dass einem ihr Wohlergehen nicht völlig egal ist. Kim Kang-woo ("The Vanished") hat es da schon etwas schwieriger, denn bei seinem Charakter wissen wir einfach nicht, woran wir sind. Die sich ständig wandelnde Chemie zwischen den beiden Hauptcharakteren hält die Entwicklungen aber spannend, schließlich weiß Soo-jin nicht, ob sie ihrem Ehemann trauen kann und dieser wiederum kann sich nie sicher sein, wann seine Ehefrau ihr Gedächtnis wiedererlangt, was ihm eventuell einiges an Problemen bescheren könnte. In dieser Hinsicht können die Darsteller auf jeden Fall den Ball im Spiel halten.

Regisseurin Seo Yoo-min leistet in ihrem Debüt gute Arbeit. Der Mystery-Aspekt erinnert ein wenig an "Door Lock", obwohl wie bereits erwähnt auch ein übernatürlicher Aspekt mit in die Geschichte reinspielt. Und wenn es dann um die Aufdeckung der Hintergründe geht, geht die Regiseurin nicht sparsam mit den Enthüllungen um. Eine davon jagt die nächste und das macht auch den Unterhaltungswert des Films aus. Es gibt mehrere Ebenen des Rätsels rund um die Amnesie Soo-jins und wir tauchen somit immer tiefer in die Hintergründe ab, wobei wir ständig im Wechsel an anderen augenscheinlichen Wahrheiten zweifeln. Wer weiß, womit uns der nächste Twist überraschen will. Es bleibt aber unmöglich irgendetwas vorherzusehen. Auf diese Weise ist "Recalled" einfach nicht strukturiert. Das macht den Thriller unterhaltsam, aber im Grunde auch etwas stupide. Dazu kommt auch, dass man es bei genauerer Betrachtung mit ziemlichen Klischees zu tun hat, welche die Basis des Plots darstellen - Gedächtnisverlust, sich rätselhaft verhaltender Ehemann etc.

Es bleibt aber dabei, dass Regisseurin Seo Yoo-min ihre Zutaten sinnvoll einsetzt und vermischt, sodass die Schwächen des Streifens gar nicht so sehr ins Auge fallen. Leider schien es aber erneut notwendig, gegen Ende etwas sentimental zu werden. Natürlich darf es in einem Film dieser Art etwas Drama geben, aber irgendwann ist das in einem koreanischen Streifen nicht mehr ernstzunehmen. Es ist, als wollte man einfach eine Liste der Dinge, die man unbedingt in einem Film für das koreanische Publikum unterbringen muss, abhaken. Das verleidet einem letztlich dann doch etwas den Spaß am Film. Rein handwerklich und bezüglich seines Unterhaltungswerts kann man "Recalled" eigentlich keine ernsthaften Versäumnisse vorwerfen, aber es ist das Konstruiertwirkende der Geschichte, die insgesamt dennoch gut geraten ist, und das Drama gegen Ende, die einem unangenehm in Erinnerung bleiben. Für Thriller-Fans bleibt der Streifen aber klar eine Empfehlung wert.

(Autor: Manfred Selzer)

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