

Story: Kim Dok-ja (Ahn Hyo-seop) ist in allem bestenfalls mittelmäßig. Sein Arbeitsvertrag bei einer Firma ist gerade ausgelaufen und wurde nicht verlängert, ebensowenig wie jener von seiner Kollegin Sang-ah (Chae Soo-bin). Gleichzeitig ist die letzte Episode eines Webromans erschienen, den Dok-ja seit der Mittelschule gelesen hat. Die Geschichte um den Helden Yoo Joong-hyeok (Lee Min-ho), der in einer apokalyptischen Welt die Menschheit retten will, hat jedoch immer weniger Leser angezogen, bis Dok-ja der einzige war, der noch der Geschichte folgte. Er schreibt dem Autor der Geschichte, dass er das Ende richtig schlecht findet, da der Held alles opfern musste und am Ende als einziger überlebt. Dok-ja ist gerade mit Sang-ah im Zug, als er eine Antwort vom Autor bekommt, dass er dann sein eigenes Ende schreiben soll. Anschließend bleibt der Zug stehen und eine avatarähnliche Figur, die sich als ein Dokebi vorstellt, erklärt die Regeln einer gerade einsetzenden Apokalypse, in der diejenigen überleben, die verschiedene Missionen, sogenannte Szenarios, bestehen und dabei ein übernatürliches Publikum einer anderen Dimension zufriedenstellen. Dok-ja kann noch weniger als alle anderen glauben, was gerade passiert, denn exakt so fing der Webroman an! Es dauert nicht lange, da sieht er tatsächlich Joong-hyeok, den er unbedingt warnen will, weil er weiß, unter welchen Umständen dieser sterben wird, wonach er durch eine seiner besonderen Fähigkeiten wieder an den Anfang der Apokalypse gesetzt wird. Sollte dies jedoch geschehen, wäre Dok-jas Realität beendet, denn die Welt kann nur mit dem Helden der Geschichte weiterbestehen. Aber Joong-hyeok glaubt Dok-ja nicht ...

Kritik: Wieder einmal war ich mir nicht sicher, was ich von den Kritiken über diese Webtoon-Verfilmung halten sollte. Die meisten haben die Adaption mit dem Original verglichen und dabei Mängel herausgestellt, die sicherlich nicht von der Hand zu weisen sind, aber keineswegs für Nicht-Kenner so sehr ins Gewicht fallen, dass es den Spaß trüben würde. Allerdings gibt es tatsächlich große Probleme beim Drehbuch, dass keine klare Richtung erkennen lässt, selbst wenn man akzeptiert, dass die Geschichte in einem Film nicht zu Ende erzählt werden kann bzw. einige Fragen unbeantwortet bleiben werden. Darüber hinaus konnte ich mich mit den Spezialeffekten nicht anfreunden, auch wenn "Omniscient Reader" zweifellos seinen eigenen visuellen Stil hat, der zwischen Marvel-Blockbuster und Comic anzusiedeln ist. Hat man sich aber an das Chaos gewöhnt, das auf dem Bildschirm entfesselt wird, kann man erstaunlich viel Spaß mit diesem Sci-Fi-Actionstreifen haben. Dem wird vielleicht nicht jeder zustimmen können, aber es ist eben eine Sache der Erwartungshaltung. Das vorausgeschickt, muss aber erwähnt werden, dass ähnliche Geschichten schon weitaus besser erzählt wurden.

Eine der zahlreichen Parallelen, die sich selbstverständlich anbietet, als erstes genannt zu werden, wäre für die meisten natürlich "Squid Game". Alleine deshalb, weil die Serie so bekannt ist. Genau genommen erinnern die Spiele aber eher an "Alice in Borderland", ebenso wie die übernatürliche/außerirdische Macht, die hinter allem zu stecken scheint. Dann ist da noch der Fakt, dass jeder Mensch mit gewonnenen Coins seine Attribute steigern kann oder Fähigkeiten freischaltet. Das ist auch schon wirklich nichts Neues mehr und wurde zuletzt von dem Anime "Solo Leveling" so spannend und interessant umgesetzt, dass diese "Mechanik" in der Serie total verblasst. Es fehlen schlicht die Überraschungen. Als unser Held ein kaputtes Schwert bekommt, das so stark an Anduril erinnert, dass die Macher aufpassen müssen, keinen Copyright-Strike zu bekommen, wissen wir schon direkt, dass im kritischsten Moment Dok-ja den Gegenstand bekommt, den er braucht, um das Schwert wieder zu vervollständigen. Logisch aufgebaut ist der Weg der verschiedenen Materialien, die für einen bestimmten Gegenstand gesammelt werden müssen, aber leider nicht.

"Omniscient Reader: The Prophecy" bringt wieder das Dilemma zum Vorschein, welches mit dem unterschiedlichen Medium einhergeht, in der sich eine Geschichte problemlos bewegen kann. Die hier präsentierten Ereignisse passen einfach besser in die Welt der Animation. Im Endeffekt beweisen das umfangreiche CGI und die diversen Greenscreens auch genau das. Sollte man also wirklich jeden/s Manga/Webtoon verfilmen? Während die Frage mit Nein beantwortet werden sollte, wenn die Spezialeffekte zumindest teilweise so billig aussehen, dass nur chinesische Streaming-Produktionen mit noch lächerlicheren Effekten aufwarten, gibt es doch genug Beispiele, in denen der Mix aus Realität und überbordender Fantasy hervorragend funktioniert. Selbst Hollywood konnte das schon mit "Scott Pilgrim" beweisen. Selbstverständlich muss man sich auch etwas auf diesen Stil einlassen können. Genau das fiel mir bei "Omniscient Reader" anfangs etwas schwer. Nachdem man sich aber mit der mageren Qualität so mancher Effekte arrangiert hat, bekommen diese sogar ihren eigenen comichhaften Stil und man kann einfach ein bisschen Spaß haben.

Wie es für die Adaption einer Webtoon-Serie oder eben eines Mangas leider gang und gäbe ist, gelingt es nicht, alle Charaktere überzeugend dreidimensional für einen zweistündigen Film zu retten. Das bedeutet, dass die Geschichte mit Charakteren überladen ist, wir aber kaum einen von ihnen richtig kennenlernen. Das dürfte wohl für die meisten der größte Kritikpunkt sein, speziell für alle jene, die das Original kennen. Wir bekommen hier nämlich nur angedeutet, dass viele der Charaktere mit einem Trauma und ihren eigenen Unzulänglichkeiten zu kämpfen haben, die verhindern, dass sie ihr wahres Potenzial entfalten. Und in einer Welt, in der dieses Potenzial mit übermächtigen Fähigkeiten gleichzusetzen ist, kann das ein Game-Changer sein. Ein gutes Beispiel ist der "Tank" der Gruppe, der beim Militär mitansehen musste, wie sich sein Kamerad mit einer Handgranate selbst in die Luft gesprengt hat, ohne dass er etwas unternehmen konnte (oder doch?), außer sich selbst in Sicherheit zu bringen. Hier kann man erahnen, dass sich hinter dieser Figur eine komplexe Persönlichkeit mit ihren besonderen Unsicherheiten verbirgt, aber den Raum, das gewinnbringend auszuarbeiten, bekommt sie nicht.

Die Aufzählung ließe sich endlos fortsetzen. Da haben wir die Scharfschützin, verkörpert von Jisoo, Mitglied der Girlgroup Blackpink, die davon geplagt wird, dass sie etwas Schreckliches tun musste, um zu überleben. Nana ("Confession") spielt den wahrscheinlich coolsten Charakter mit den besten Kampfszenen, und Lee Min-ho ("Gangnam Blues") verkörpert den Helden, der eigentlich eher der Antagonist ist - woraus man viel mehr hätte machen können. Auf Charakterebene kann aber immerhin Hauptdarsteller Ahn Hyo-seop (von der Boyband "One O One" und aus diversen Drama-Serien bekannt) überzeugen. Er gibt seinem Charakter mehr Tiefe als man in diesem Film erwarten würde und ist damit ein kleiner Lichtblick, gleichzeitig aber auch eine bittere Erinnerung, wie viel mehr der Film hätte sein sollen. Im Hintergrund schwebt auch noch das Rätsel um die Drahtzieher der Apokalypse und leichte Gesellschaftskritik, da das ganze Leid der Menschen für Streams einer außerirdischen Rasse ausgeschlachtet wird. Das Finale dreht den Pegler dann nochmal auf eintausend, auch wenn das CGI nicht mithalten kann. Das Fazit fällt damit recht schwierig aus. Ich habe mich erstaunlich gut unterhalten gefühlt, teilweise war der Film aber viel zu flach, wenn man bedenkt, welche interessanten Aspekte eigentlich in der Geschichte verborgen liegen. Für seichte Abendunterhaltung wäre der Film aber allen Sci-Fi-Actionfans durchaus (mit Einschränkung) zu empfehlen.
