Story: Joo-hee (Han Su-a) hört von den Nachbarn über sich ständig Lärm. Sie ist kurz davor, wahnsinnig zu werden und nimmt daher mit einem Camcorder alles auf. Dann verschwindet sie scheinbar spurlos. Ihr Arbeitgeber meldet sich daher bei ihrer Schwester Joo-yeong (Lee Sun-bin), ob sie vielleicht etwas über den Verbleib von Joo-hee weiß. Joo-yeong hat bis vor kurzem mit ihrer Schwester zusammen im gleichen Apartment gewohnt, bis sie unter anderem wegen der angeblichen Geräusche, die ihre Schwester gehört hat, in ein Wohnheim ihres Arbeitgebers gezogen ist. Joo-yeong hatte nie etwas gehört, allerdings hat sie auch fast ihren ganzen Hörsinn verloren und kann nur mithilfe eines Hörgeräts noch etwas auditiv wahrnehmen. Sie zieht wieder in das Apartment und sucht nach Hinweisen über den Aufenthaltsort ihrer Schwester. Dabei beginnt sie, selbst Geräusche zu hören. Ihr Nachbar unter ihr, beschwert sich überdies bei ihr, dass sie leiser sein soll, aber sie verhält sich eigentlich ganz still in ihrer Wohnung. Joo-yeong meldet ihre Schwester als vermisst, aber die Polizei unternimmt so gut wie nichts. Jedoch hört Joo-yeong immer wieder die Stimme ihrer Schwester, z.B. durch die Rohre, weshalb sie vermutet, dass sie irgendwo in dem Gebäude festgehalten wird. Letzten Endes findet sie heraus, dass es ein Geheimnis um die vorige Bewohnerin ihres Apartments gibt, das ihr vorenthalten wurde, weil man dem Preis des Apartmentkomplexes nicht schaden wollte - zumal bald entschieden wird, ob eine Renovierung stattfindet, die das Problem der dünnen Wände beseitigen könnte. Doch schon bald gibt es tatsächlich einen Toten auf dem Gelände zu beklagen ...
Review: Der erste Gedanke, der mir bei "Noise" kam, war, dass es extrem viele Überschneidungen mit dem Psychothriller "Wall to Wall" gibt. Beide Filme kamen relativ zeitnah heraus, aber "Noise" war ein klein wenig schneller. Anscheinend war man sich der Parallelen bewusst, da der Regisseur von "Wall to Wall" das gleiche Team für das Sounddesign genutzt hat und überprüft hat, ob die Geräusche auch nicht exakt dieselben sind. Bei genauerer Betrachtung wird dann auch ersichtlich, dass die Prämisse ähnlich sein mag - vermutlich der momentanen Unzufriedenheit mit der Qualität koreanischer Apartments geschuldet -, das Genre aber durchaus voneinander abweicht. "Noise" geht eindeutig in die Richtung "Horror" und verzichtet auf den sozialkritischen Ton des anderen Werks. Es gibt auch nicht wenige Momente, die einen aus dem Sitz aufschrecken, und dass diese so effektiv sind, liegt tatsächlich an einem gelungenen Sounddesign. Das dumpfe Klopfen, hochfrequente Töne, wie die der Rückkopplung bei Joo-yeongs Hörgerät, kratzende Geräusche, das alles hebt "Noise" ein wenig von der Konkurrenz ab und dürfte Horrorfans gefallen.
Es ist aber nicht so, dass der Film mit visuellem Horror sparen würde. Es gibt immer wieder ein paar gruselige Szenen, die dann von einem Jump Scare begleitet werden. Hin und wieder hat unsere Heldin dann auch nicht ihr Hörgerät im Ohr, ihr Handy mit Spracherkennung schaltet sich dann aber an und zeigt ihr wirre Aneinanderreihungen von Lauten, die irgendjemand in ihrer Wohnung wohl auszustoßen scheint. Das lässt durchaus Gänsehaut aufkommen, nur muss man sich leider dann darüber wundern, warum immer mal wieder die Frage in den Raum geworfen wird, ob es für alles nicht doch eine rationale Erklärung geben könnte. So stellt sich heraus, dass Joo-yeong - wie es typisch für das Genre ist - manche Dinge nur träumt, irgendwann zeigt sich aber, dass sie auch im Wachzustand zu halluzinieren scheint. Oder besitzt sie eine besondere Gabe, Geister zu sehen? "Noise" ist ab einem bestimmten Punkt überladen mit Erklärungen. Spätestens gegen Ende, wenn der eigentlich für alles Verantwortliche offenbart wird, wird es zu viel des Guten. Denn da ist eigentlich auch noch die Vergangenheit unserer Heldin, die es zu bewältigen gilt.
Über Joo-yeong erfahren wir erstaunlich wenig. Wir wissen aber, dass sie ihr Gehör bei einem Autounfall verloren hat, bei dem ihre Eltern umgekommen sind und ihre Schwester sich eine ernste Verletzung am Bein zugezogen hat. Hätte man hier Stück für Stück mehr Informationen bekommen und wäre das Trauma sinnvoller in die Geschichte eingewoben worden, hätte der Horrorstreifen mehr Tiefe bekommen können. Zumindest aber unsere Heldin. Diese bleibt nämlich leider recht flach. Lee Sun-bin ("Rampant") wirkt stellenweise kühl, dann irgendwie auch wieder hysterisch. Einzig ihre Verzweiflung, da sie ihre Schwester nicht finden kann, geben ihr etwas Menschliches. Mit den anderen Charakteren im Film verhält es sich aber noch schlimmer. Manchen Personen sollen uns nur auf eine falsche Fährte locken und sind gar nicht so böse, wie es den Anschein hat, bei anderen verhält es sich genau umgekehrt, und dann gibt es da auch noch solche Individuen wie Joo-hees Freund, der nur dann in der Geschichte auftaucht, wenn die Ereignisse etwas vorangetrieben werden sollen. Man erwartet mittlerweile bei Horrorfilmen keine ausgefeilten Charaktere mehr, aber das ist dennoch keine Entschuldigung für minderwertig geschriebene Persönlichkeiten.
Es kann dem Streifen aber nicht vorgeworfen werden, dass es langweilig würde. Es gibt wie gesagt zahlreiche Charaktere. Die Nachbarn, die sich immer wieder wegen des Lärms beschweren oder die unheimlichen Vorkommnisse verschweigen wollen, damit der Wert ihrer Immobilie nicht fällt, oder die schlichtweg wahnsinnig zu sein scheinen, liefern genug Material, um die 93 Minuten Laufzeit bis zum Anschlag zu füllen. Man darf nur nicht erwarten, dass am Ende auch alles einen Sinn ergibt. Beispielsweise fragt man sich, warum der Nachbar von unten es auf Joo-hee abgesehen hat. Hätte man ihm ein paar mehr Szenen gegönnt, die seine Lebensumstände gezeigt hätten und wie er durch den Lärm sein letztes bisschen Verstand verliert (ähnlich eben wie der Protagonist in "Wall to Wall"), wäre man von der typischen Oberflächlichkeit eines Horrorfilms abgewichen und hätte mehr Interesse erzeugen können. Stattdessen gibt es Verschachtelungen zum Ende hin, die kaschieren wollen, dass die Geschichte an Fokus verloren hat und eigentlich gar nicht so komplex ist. Das hätte man sich sparen sollen und lieber mehr Arbeit in Joo-yeong als Individuum investieren sollen.
Das Ende hätte auch um einiges zufriedenstellender sein können, wenn wir nur mit der Heldin mehr sympathisieren könnten. Darüber hinaus ist das Sounddesign zwar toll, aber man hätte mehr mit Joo-yeongs Taubheit spielen sollen. Gerade der Umstand, dass sie irgendwann erfährt - was man sich auch selbst hätte denken können -, die Geräusche selbst könnten einem Schaden zufügen oder sogar dem Tod näherbringen, hätte die Chance geboten, mehr Szenen einzubauen, in denen sie sich dem Horror taub stellt. Das hätte für den Zuschauer eine gute Portion Klaustrophobie erzeugt. "Noise" ist damit zwar immer noch einer der besseren Horrorfilme, aber eben keiner, den man bedenkenlos empfehlen kann. Regisseurin Kim Soo-jin nutzt in ihrem Debüt das vorhandene Potenzial nicht aus. Die Prämisse ist faszinierend, die Charaktere aber zu flach. Würde in dem Film nicht so viel passieren, hätte damit auch schnell Langeweile aufkommen können. Am Ende handelt es sich hier um einen Horrorfilm, der als Genrefutter gute Dienste leisten kann, mehr aber auch nicht.