Story: Noboru (Takeuchi Taro) ist ein schüchterner Junge, der sich wie alle Jungen in seiner Klasse für das Mädchen Kambayashi (Anna Ishibashi)
interessiert. Doch diese ist bereits mit Shun (Asuka Kudo) zusammen, einem alten Freund Noborus aus Kindertagen. Shun ist bei den Mädchen äußerst beliebt und
als bekannt wird, dass Noboru mit ihm befreundet ist, hat auch dieser mehr Aufmerksamkeit als ihm lieb ist. Dann bittet ihn Shun um Hilfe. Es macht das Gerücht
die Runde, dass Shun mit dem Mädchen Momose (Akari Hayami) fremdgeht. Um dieses Gerücht aus der Welt zu schaffen, soll Noboru vorgeben, dass er mit Momose ein
Paar ist. Da Noboru seinem Freund sein Leben verdankt, willigt er ein. Fortan sieht man Noboru und Momose bei jeder Gelegenheit an der Schule zusammen.
Außerhalb der Schule ist Momose aber nicht wirklich nett zu ihrem "Freund". Langsam offenbart sich der innere Schmerz, den Momose mit sich trägt. Shun trifft
sich zwar heimlich immer wieder mit ihr, scheint aber kein echtes Interesse an ihr zu haben. Momose ist sich bewusst, dass es sich um eine unerwiderte Liebe
handelt, aber sie kann nicht loslassen. Gleichzeitig kommen sich Noboru und Momose als Freunde immer näher. Aber für Noboru wird daraus immer mehr, auch wenn
seine Gefühle ebenfalls einseitig bleiben...
Kritik: Es ist immer ein wenig riskant, sich für ein Romantikdrama zu entscheiden, wenn man eigentlich ein Gegner manipulativen Kitsches ist.
Auch leichtfüßige Geschichten über die erste Liebe können bestenfalls ein paar nette Witze mit sich bringen. Glücklicherweise nimmt sich "My Pretend Girlfriend"
dem Thema erste Liebe aber auf eine recht komplexe und auch lyrische Art an, ohne dabei aufgesetzt künstlerisch anspruchsvoll wirken zu wollen. Das ist auch aus
Japan eine Rarität und verwundert umso mehr, als dass der Film auf einem Jugendroman von Eiichi Nakata basiert und somit also nicht unbedingt an ein erwachsenes
Publikum gerichtet scheinen mag. Doch die Art und Weise, wie das Thema Liebe gehandhabt wird, ist äußerst erwachsen und der Herzschmerz stellt sich auf ganz
natürliche Weise ein, ohne eine einzige Szene zu kreieren, die vollkommen genretypisch wäre und damit die Glaubwürdigkeit des Films zerstören würde.
Schon die Farbgebung gibt uns einen Eindruck, was uns im Film erwarten wird. An sich gibt es viele Szenen, die eine besondere Wärme auszeichnet. Diese steht
auch für das Gefühl der Nostalgie, das eine nicht kleine Rolle einnimmt, aber doch nicht in der Form anzutreffen ist, wie man es erwarten würde. Nicht alles
wird durch die Brille der Nostalgie zum Positiven verklärt. Auch der Schmerz hat seinen Platz und wird hin und wieder auch durch ein paar kühl eingefangene
Szenen transportiert. Ein wenig wie Shunji Iwais "Love Letter". Gleichzeitig erkennt man aber auch realistischere
Elemente wie aus "Strawberry Shortcakes", ohne dass die Einsamkeit erdrückend wäre. Vielmehr hält sich die
Geschichte sehr angenehm die Waage zwischen romantischer Verklärung und erwachsenem Realismus.
Das zeigt sich auch in den Dialogen. Momose weiß, wie dumm ihr Verhalten ist und dass ihre unerwiderte Liebe sie innerlich zerfrisst. Sie bringt dies auch
an einigen Stellen zum Ausdruck, aber ändern kann sie nichts daran. Sie bleibt hilflos. So fragt sie auch Noboru, ob er sie überhaupt verstehen würde, bei all
dem scheinbar unzusammenhängenden Zeug, das sie von sich gibt. Als dieser verneint, meint sie, dass sie hoffe, er würde es eines Tages verstehen. Natürlich kann
sie nicht wissen, dass er ab einem bestimmten Punkt nur zu gut weiß, was sie meint, da er sich in Momose verliebt hat und diese ihn gar nicht wahrnimmt -
schließlich ist sie weiterhin mit ihrem Schmerz beschäftigt. So bleibt jeder für sich mehr oder weniger alleine Opfer seiner Gefühle. Und Noboru kann nicht
verstehen, dass sein herzensguter Freund Tanabe auch gerne dieses Monster einmal kennenlernen würde, das sich Liebe nennt und einen langsam innerlich
zerreißt.
Das alles umfassende Thema ist also, ob man an eine unerwiderte Liebe schöne Erinnerungen haben kann. Oder in der Zukunft anstatt Trauer und Hass tatsächlich
irgendetwas Reiferes zwischen den zwei Extremen verspüren kann. Diese Frage wird filmisch sehr gekonnt aufgegriffen und gerade beim Doppel-Date sind unter
der Oberfläche einige komplexe Gefühle ersichtlich. Die Dialoge hören sich überdies sehr authentisch an, gerade so als wären es echte Erfahrungen. Im
Zusammenspiel mit der leicht poetisch angehauchten Darstellung der Liebe, ohne dass jemals die Kehrseite oder dunkle andere Hälfte dieser aus den Augen
verloren würde, erzählt "My Pretend Girlfriend" eine wunderbar ehrliche Liebesgeschichte, bei der man nicht unbedingt mit einem Happy End rechnet. Denn das
Leben hält eben nur selten ein solches bereit. Gerade wenn es um die Liebe geht.
Dass die Liebesgeschichte gar nicht so platt ausfallen kann, dürfte auch spätestens ersichtlich sein, wenn Novalis und seine Blaue Blume als Symbol der Sehnsucht aufgegriffen wird. "My Pretend Girlfriend" kann einige sehr starke Szenen aufweisen und gerade Momose, die mit ihrer direkten und manchmal selbstsüchtigen Art zu Anfang wenig sympatisch wirkt, hat einige sehr warme Szenen mit Noboru. Und spätestens als man sie kurz mit ihrer Familie sieht, lernt man sie mehr lieben als die von allen angebetete Kambayashi. Akari Hayami, ehemals Mitglied bei der J-Pop Gruppe Momoiro Clover, leistet Beachtliches, zumal sie eine komplexe Persönlichkeit darstellen muss, die letztlich leider doch etwas rätselhaft bleibt. Das Ende mag augenscheinlich offen ausfallen, doch hat man den Film wirklich (mit dem Herzen) verstanden, gibt es eigentlich keine offenen Fragen. Ein wunderbar poetisch und zugleich realistischer Film über die Liebe.