Story: Cheng Yi (Xie Miao) ist ein blinder Kopfgeldjäger, der gerade im Begriff ist, einen gesuchten Mann abzuliefern, als ihn der Geruch von gutem Wein in einem Dorf davon abhält. Nie Yan (Gao Weiman) hat für ihren Hochzeitstag ihren besten selbstgemachten Wein aufgetischt und Cheng Yi wird von ihr eingeladen, ebenfalls bei der Feier ein paar Gläser zu trinken. Das lässt sich Cheng Yi nicht zweimal sagen, schläft jedoch schließlich bald im Stall ein. Als er aufwacht, sind Nie Yans Ehemann und ihr Bruder tot und die Braut hat nur durch Glück überlebt. Die Verantwortlichen sind von der mächtigen Yuwen-Familie. Aus diesem Grund will sich von offizieller Seite niemand um die Sache kümmern, und als Nie Yan keine Ruhe gibt, entschließt man sich, ihr die Sache in die Schuhe zu schieben. Cheng Yi lässt das jedoch nicht zu und nimmt die Frau mit nach Luoyang, wo sie erneut versuchen will, Gerechtigkeit einzufordern. Der blinde Schwertkämpfer trifft sich derweil mit Qin Niang (Zhang Di), die ihn mit Aufträgen versorgt, welche ihm genug Geld einbringen, dass er sich eines Tages eine Heilung seiner Sehkraft leisten könnte. Als er letztlich jedoch von jemandem erfährt, dass Nie Yan bei der Familie Yuwen aufgetaucht ist und nun von dieser gefangengehalten wird, entscheidet Cheng Yi, ihr ein letztes Mal zu helfen. Allerdings scheint er nicht zu wissen, mit welchem mächtigen Feind er sich anlegt...
Kritik: Chinesische Streaming-Filme bewegen sich entweder in den Genres Science-Fiction mit schlechtem CGI oder es sind Monsterfilme mit noch schlechteren Spezialeffekten. Ein weiteres beliebtes Genre sind Wuxia-Filme und gerade hier gibt es die eine oder andere positive Überraschung, wofür "The Hidden Fox" ein unzweifelhafter Beweis ist. "Eye for an Eye" hat wiederum nicht nur die Aufmerksamkeit von Well Go USA auf sich gezogen, sodass der Streifen auch abseits von Hi-Yah! oder ähnlichen Plattformen gesehen werden kann. Bereits die ersten Bilder geben einen Eindruck davon, dass der Regisseur große Ansprüche an sich gestellt hat, und die Produktion sieht an jeder Stelle teuer aus. Mit viel Liebe zum Detail wurde hier an eine bekannte Geschichte herangegangen und das mag viele für sich gewinnen. Das große Manko bleibt jedoch die Handlung, die man in dieser Form schon tausend Mal gesehen hat.
Der große Elefant im Raum ist natürlich, dass es sich hier um eine Rezeption von "Zatoichi" handelt. Selbst Korea hat sich mit Hwang Jung-min in "Blades of Blood" vor Jahren schon an der Geschichte versucht, aber in "Eye for an Eye" ist die Handlung wirklich nur auf das Wesentlichste beschränkt. Man erwartet zumindest, dass man noch etwas mehr über den Hintergrund des Helden erfährt, als es einen kleinen Schnitt in seine Vergangenheit auf dem Schlachtfeld gibt, aber dem ist nicht so. Die Jungfrau in Not bietet auch nicht wirklich genug, dass wir uns für die Handlung erwärmen könnten. Tatsächlich ist nicht nachvollziehbar, warum sich Cheng Yi überhaupt emotional so einbringt. Er wird sicherlich schon einige ähnliche Situationen in seinem Job erlebt haben. Was macht Nie Yan also so besonders? Auf eine Liebesgeschichte wird schließlich (zum Glück) verzichtet.
Cheng Yis Partnerschaft/Freundschaft mit Qin Niang bleibt unverständlicherweise genauso oberflächlich, wobei sie uns später dann doch in gewisser Hinsicht berühren soll. So mag uns der Anfang zwar sogleich packen, doch schnell arbeiten alle diese Faktoren zusammen, dass "Eye for an Eye" lebloser wirkt, als zunächst erwartet. Hier steht Äußeres eindeutig über Substanz. Das zeigt sich traurigerweise auch in den Kämpfen. Diese besitzen Potential, sind aber sehr kurz gehalten, da Cheng Yi sehr effektiv kämpft. Damit alles etwas stylischer aussieht, gibt es aber ein paar Slow Motion-Momente. Die sind keinesfalls kitschig, sondern erinnern mit ihrem Fokus auf Ästhetik an Wong Kar-Wais "The Grandmaster", was durchaus als Lob verstanden werden darf; zugleich wird so aber das Tempo aus der Action genommen. Ein paar Szenen, als beispielsweise Cheng Yis Klinge Feuer fängt, dürfen sich ohne Frage schöner Visualität erfreuen, aber es bleibt dabei, dass man als Actionfan stets hungrig bleibt.
Es ist überraschend, wie wenig Kämpfe in "Eye for an Eye" vorzufinden sind. Dafür punktet Regisseur Yang Bingjia mit herausragender Kinematografie. Er arbeitet gekonnt mit der Beleuchtung und den Sets, sodass die Szene im Schnee während des Finales beinahe wie auf einer Theaterbühne wirkt. Der künstlerische Anspruch hat mich zuweilen an "The Sword Identity" erinnert, nur dass Regisseur Yang ganz eindeutig mehr wert auf Coolness als auf Tiefe legt. Visuell ist der Film klar ein Erfolg. Das ist auch bitter nötig, weil die Geschichte nicht einmal genug Material für die knappen 77 Minuten Laufzeit liefert. Da es sich im Kern um eine Rachegeschichte handelt, hätte Yang uns zumindest auf dieser Ebene abholen müssen, doch man bleibt wie gesagt unberührt, was das Schicksal der einzelnen Personen betrifft.
Bewundernswert ist aber, dass alle in dem Film Involvierten hier weit über ihrer Gewichtsklasse antreten und damit zum Großteil Erfolg haben. Yang hätte bei seinem Drehbuch nur darauf achten sollen, wenigstens ein paar Abweichungen von der klassischen Geschichte einzubauen und seine Charaktere dreidimensionaler zu gestalten. Im Endeffekt fehlt seinem Film nämlich mit fortschreitender Minute immer mehr Seele, da alles nach vorhersehbarem Muster abläuft. Darüber hinaus ist es frustrierend, dass den Kämpfen nicht mehr Raum gegeben wurde, denn auch hier hat sich Potential verborgen. Visuell bleibt "Eye for an Eye" eine schöne Adaption der bekannten "Zatoichi"-Geschichte, doch wirklich mehr bietet Yangs Streifen nicht. Das bedeutet, dass man vorsichtig optimistisch in die Zukunft dieses Regisseur blicken kann, sofern er beim Schreiben noch eine Schippe drauflegt und etwas mehr Substanz in seine Action bringen kann.