Story: Costello (Johnny Hallyday), ein Restaurantbesitzer und Koch in Frankreich, kommt nach Macau nachdem sein
Schwiegersohn und seine Enkelkinder von Auftragskillern getötet wurden. Nur seine Tochter Irene (Sylvie Testud) hat schwer
verletzt überlebt und bittet ihren Vater für sie Rache zu nehmen. Zufällig läuft Costello in dem Hotel, in dem
er untergekommen ist, Kwai (Anthony Wong), Chu (Lam Ka Tung) und Lok (Lam Suet) über den Weg, die gerade einen Auftragsmord
für ihren Boss Fung (Simon Yam) erledigt haben. Costello heuert die drei an, um herauszufinden, wer die Mörder seiner Familie
sind und diese aus dem Weg zu räumen. Sein Problem ist nur, dass er eine Kugel in seinem Kopf stecken hat, die dafür sorgen
wird, dass er in baldiger Zukunft seine Erinnerung verlieren wird. Bevor dieser Tag kommt, muss er seine Tochter gerächt haben.
Glücklicherweise hat er drei der besten für den Job ausgesucht und so haben Kwai und seine Freunde bald die Killer ausfindig
gemacht. Allerdings erwartet sie eine Überraschung, als sie herausfinden, wer der Auftraggeber des Mordes gewesen war...
Kritik: "Vengeance" ist eine Co-Production von Hong Kong und Frankreich. Der Grund dafür ist einfach. Regisseur Johnnie
To hatte schon seit Jahren den Wunsch, einen Film mit Alain Delon in der Hauptrolle zu drehen. Dummerweise hatte der jedoch plötzlich
kein Interesse mehr, er bevorzugte es wohl lieber in großartigen Blockbustern wie "Asterix bei den Olympischen Spielen" mitzuwirken...
Wie dem auch sei, die französischen Produzenten schlugen Johnny Hallyday vor, den "Elvis Presley" Frankreichs, der dann trotz
seiner 66 Jahre tatsächlich zusagte. Das Endprodukt ist ein Film, der Johnnie To Westlern wohl etwas näher bringen soll.
Traurigerweise nahm sich der Regisseur aber etwas zu sehr zurück und schafft letztendlich sogar einen seiner schlechtesten
Filme seit langem. Daran ist auch nicht ganz das Drehbuch von Wai Ka-Fai unschuldig, das einfach viel zu viele Logikfehler
beinhaltet und an sich leider auch nichts wirklich Neues bietet. Trotz Tos gleichbleibend hoher technischer Finesse kann
"Vengeance" somit nur eine Enttäuschung genannt werden.
Warum müssen es immer die schlechten Filme bedeutender asiatischer Regisseure sein, die den Weg in den Westen finden?
Ich sehe mich als großen Johnnie To-Fan, da dieser Regisseur in solchen Maßen technischen Feinschliff, Szenengestaltung und
Spannungsaufbau beherrscht, dass er sogar wohl im Schlaf und mit niedrigem Budget einen Film drehen könnte, der immer noch verdammt cool
aussieht. In "Vengeance" nimmt sich To allerdings zu sehr zurück und vor allem bietet das Drehbuch nur abgegriffene Motive,
die wir schon in seinen anderen Filmen in viel ausgereifterer Form vorfinden durften. Möchte man gemein sein, und als Fan Tos
darf ich besonders kritisch sein, muss man sogar anmerken, dass hier gnadenlos Ideen geklaut wurden, die wieder aufgewärmt dem
westlichen Publikum vorgesetzt werden sollen. Da fühlt man sich irgendwie ungerecht behandelt und fragt sich, was To eigentlich
genau mit diesem Film bezwecken wollte? Hoffentlich will er sich mit diesem Film nicht den Weg nach Hollywood ebnen, denn es sieht
so aus, als wenn in einem solchen Fall Johnnie Tos Einfallsreichtum auf der Strecke bleiben würde. Das Ganze kennen wir ja auch schon
von John Woo...
Kommen wir nochmal zurück zum größten Problem des Films: das Drehbuch. Wai Ka-Fai hat gerade letztens mit "Written By" oder "Mad Detective"
beweisen können, dass er durchaus ein gutes Drehbuch verfassen kann. Hier nimmt er aber einfach alte Motive auf und strickt sie um
Charaktere, die so gut wie gar nicht ausgearbeitet sind. Es ist eine Schande, womit solch fantastische Darsteller wie Anthony Wong
oder Simon Yam hier arbeiten müssen. Keine Charakterexploration bedeutet auch kein Buddy-Faktor unter den Auftragskillern. Irgendwie
können wir uns nie richtig für sie erwärmen und das ist natürlich umso fataler, als dass wir schon am Anfang damit rechnen müssen, dass
nicht jeder von ihnen überleben wird. Da wir kein emotionales Band zu den Killern aufbauen können, sonst eigentlich eine der Stärken von
Tos Filmen, können wir ihnen auch keine Tränen hinterherweinen. Bedenkt man dann noch, dass man wegen ähnlicher Story und dem Umstand, dass
es um eine Gruppe von Auftragsmördern geht, sich unweigerlich an "The Mission" und "Exiled" erinnert fühlen muss, glaubt man in "Vengeance"
den Abschluss dieser, vom Motiv einmal abgesehen unzusammenhängenden, Trilogie zu erkennen. Ein wahrlich ernüchternder Abschluss, woran auch
einige kleine Seitenhiebe auf die Vorgänger nichts ändern können.
Wieviel man bei dem Drehbuch verpasst hat, zeigt sich vor allem in einer Szene, in der die drei Killer diskutieren, worin der Sinn der
Rache liegt, wenn man sich wie im Fall Costellos nicht einmal mehr daran erinnern kann, wofür man Rache nimmt. Raum für ein paar philosophische
Gedankengänge gab es, aber es bleibt alles bestensfalls eine Randnotiz. Am schlimmsten erweist sich das Drehbuch, wenn es zu Costello
kommt. Dieser ist nämlich genausowenig ausgearbeitet wie die anderen Charaktere. Während Anthony Wong und Co. aber dank ihrer Expertise
im Business doch noch das eine oder andere aus ihren Rollen herausholen können, wirkt Hallydays Schauspiel ungemein hölzern und steif.
Außerdem verhält er sich oftmals (das ist aber nicht nur auf ihn beschränkt) unnachvollziehbar dämlich.
Noch schlimmer ist, dass er einige wirklich schlechte Sätze hat, die er auf Englisch zum Besten gibt. Das erzeugt B-Movie Flair, der
so gar nicht zum teuer aussehenden Rest passen will, denn viele der Widescreen-Aufnahmen und die Kinematographie von Cheng Siu-keung, der
schon für To bei etlichen anderen Filmen mitgewirkt hat, sehen einfach atemberaubend stimmungsvoll aus. Das erneute Spiel mit dem Licht und einige
schöne Sets sorgen für eine gelungene Atmosphäre. Wenn da nur der Rest nicht wäre...
Spannung sucht man leider bei "Vengeance" vergeblich, was besonders verwunderlich ist, da der Regisseur doch sonst berühmt dafür ist,
großartigen Spannungsaufbau erzeugen zu können. Hier bleibt dieser trotz passendem Soundtrack leider auf der Strecke. Dennoch beweist
Johnnie To bei den Schießereien wieder einmal besondere Kreativität. Sei es das Mondlicht, das bei einer Schießerei im Wald zum taktischen
Element wird oder riesige Papierwürfel, die gegen Ende als Deckung vor sich hergerollt werden. To zeigt hier durchaus auch dem westlichen
Publikum, warum er einer der besten Regisseure Hong Kongs ist. Trotzdem hat man das Gefühl, dass er hier nur eine Light-Version von sich zeigt.
Johnny Hallyday verblasst gegen die Stars aus der Milkyway-Schmiede enorm und kann als Held der Story einfach nicht überzeugen. Er wirkt überdies
oft einfach verloren, was aber durchaus auch gewollt zu sein scheint, denn Costello (der Name ist übrigens eine Anspielung an Alain Delons
Character Jef Costello in "Le samourai", ein Film, der hier auch ein wenig als Vorbild herhalten musste) ist in Hong Kong fremd und hat außer den drei
angeheuerten Killern niemanden.
Das lieblos zusammengeklaute und unausgegorene Drehbuch ist das größte Manko von "Vengeance". Technisch mag der Film zwar wirklich top sein,
aber mit dem Geld, das To hier zur Verfügung stand, hätte er drei bessere Filme machen können...