Story: Schlechte Träume veranlassen die junge Frau Yeong-hye (Chae Min-seo) dazu, alles Fleisch aus ihrer Wohnung zu entfernen.
Nicht nur dass sie Vegetarierin wird, sie kann selbst den Geruch von Fleisch an ihrem Mann Gil-soo (Kim Young-jae) nicht mehr aushalten. Ihre Familie
ist besorgt und ihr Vater versucht sie sogar zu zwingen, wieder Fleisch zu essen. Doch das führt lediglich zu einem Selbstmordversuch. Yeong-hye
scheint von der Welt entrückt und benötigt therapeutische Hilfe. Als ihr Mann sie verlässt und sie alleine in ihrem Apartment zurückbleibt, macht sich ihre
Schwester Ji-hye (Kim Yeo-jin) große Sorgen und bittet ihren Ehemann Sang-min (Park Sang-yeon), ab und zu nach ihr zu schauen. Sang-min ist ein Künstler und
fragt Yeong-hye, ob sie ihm einen Gefallen tun kann. Er benötigt ein Model, auf dessen nackten Körper er Blumen malen will. Yeong-hye stellt sich zur
Verfügung und die Zeichnungen auf ihrem Körper scheinen zuerst tatsächlich eine therapeutische Wirkung zu haben. Doch Sang-min fühlt sich zu der
Schwester seiner Ehefrau stark hingezogen und er ist kurz davor, einen großen Fehler zu begehen.
Kritik: Dieses düstere Drama taucht dank einer sehr dichten Atmosphäre auf ausgesprochen verstörende Weise in den Kopf eines
psychisch labilen Individuums ein und nimmt uns dabei mit auf eine Reise in einen Abgrund der Einsamkeit und Entrücktheit. "Vegetarian" ist ein
Psychodrama, das einen mit Bildern und einer Stimmung verzaubert, die man äußerst selten zu sehen bekommt. Es ist ein dunkler Zauber, der auch
nach dem Abspann eine gewisse Depressivität im Zuschauer nachklingen lässt. Damit ist der Film wirklich nur für ein ausgewähltes Publikum gedacht,
aber wer sich ganz von der Stimmung des Films einfangen lässt, wird mit einem außergewöhnlichen Drama belohnt, das zwar einige Fragezeichen offen
lässt, aber auch das Gefühl gibt, etwas Anderes und Neues zu sehen.
Die Geschichte des Films basiert auf dem gleichnamigen Roman von Han Kang und dreht sich um die plötzliche Abscheu einer Frau vor Fleisch. Doch was
steckt wirklich dahinter? Um was für Träume genau handelt es sich, die Yeong-hye zur Vegetarierin werden lassen? Ist dies lediglich Symptom einer
psychischen Erkrankung? Letzteres scheint wohl der Fall zu sein, in vielen anderen Belangen bleibt uns die Geschichte jedoch Antworten schuldig.
Regisseur Lim Woo-seong zeigt in seinem Debütwerk zwar ebenso, dass man Vegetarier in der koreanischen Gesellschaft wohl lediglich bei Mönchen
akzeptiert, aber eigentlich geht es nicht um Yeong-hyes Essgewohnheiten, sondern ihr stetiges Untergehen in einem Strudel der Apathie und Einsamkeit,
dessen Auslöser unbekannt bleibt.
Yeong-hyes Ehe scheint nicht wirklich erfüllt zu sein, allerdings fällt es auch schwierig, hier etwas genauer zu werden, denn wir bekommen die junge
Frau als normalen Menschen gar nicht gezeigt. War sie schon immer so? Handelt es sich bei ihrer geistigen Verwirrtheit um einen Prozess, der schon
in ihrer Kindheit seinen Anfang genommen hat? Eine Rückblende in ihre Vergangenheit, in der ihr gewalttätiger Vater seinen Hund tötet, weil er
Yeong-hye gebissen hat, gibt uns etwas Material an die Hand, mit dem wir arbeiten können. Aber es bleibt schwierig für den Zuschauer, aus den wenigen
Informationen ein großes Gesamtbild zusammenzusetzen. Trotzdem zwingt uns das Rätselhafte dieser Person und auch des Filmes geradezu, unseren
Interpretationswillen zu zeigen.
Schauspielerin Chae Min-seo ("Scary Hair") scheint für ihre Rolle noch ein paar extra Kilo abgenommen zu haben und sieht damit erschreckend dürr
aus. Ihre Rolle meistert sie in der Hinsicht hervorragend, als dass sie nie wirklich anwesend zu sein scheint. Ihr Geist verweilt oft in einer anderen
Welt, die wohl nur sie wahrnimmt. Yeong-hyes Apathie inspiriert den Künstler Sang-min, der schließlich Blumen auf den nackten Körper der Frau malt.
Hier zeigt sich das gute Auge des Regisseurs für Ästhetik. Nachfolgend gibt es auch einige freizügige Sexszenen, die ebenfalls eine gewisse Ästhetik
nicht vermissen lassen. Sang-min selbst ist ein Künstler und damit auch psychisch belastet. Yeong-hye hat eine gewisse Anziehungskraft auf ihn und
ihr geistiger Zustand scheint ihn auf gewisse Weise anzustecken. Die Dinge, die er macht, sind Fehler und das weiß er schon, bevor er sie in die Tat
umsetzt. Eine Szene, in der er am Lenkrad seines Wagens in Tränen ausbricht, ist Beweis dafür.
Die extrem dichte und düstere Atmosphäre wird durch die gestochen scharfen und zumeist klaustrophobischen Bilder eingefangen. Oft schnürt es einem geradezu
die Luft ab und dennoch gibt es auch einfach wunderschöne Aufnahmen, wie die, als Sang-min die Blumen auf Yeong-hyes Körper malt. Jeong Yong-jins
klavierbetonter Soundtrack verstärkt das Gefühl des Verlorenseins in einem düsteren Traum. Yeong-hyes Füße berühren immer weniger den Boden dieser
Welt und sie schwindet immer weiter in eine andere. Das Ende bleibt wie eigentlich schon erwartet offen, aber wer bis dahin durchgehalten hat, denn
"Vegetarian" hat ein durchwegs sehr gemächliches Tempo, der wird sich daran nicht stören. Wie Kim In-shiks "Hypnotized" handelt es sich auch hier um
ein außergewöhnliches und hypnotisierendes Psychodrama, das Depressionen hervorrufen kann und damit nur mit Vorsicht genossen werden darf.