Story: Der 22-jährige Computerfreak Train Man (Takayuki Yamada) lebt isoliert in seinem Zimmer am Computer,
arbeitet in einer Computerfirma und unterhält sich nur in Chaträumen mit anderen Menschen. Als er eines Tages in
der Bahn einen betrunkenen Mann sieht wie er eine Frau (Miki Nakatani) belästigt, nimmt er all seinen Mut zusammen
und schreitet ein.
Nach seiner Aussage bei der Polizei möchte die unbekannte Frau gerne Train Mans Adresse haben um ihm später zu
danken. Einige Tage später kommt tatsächlich ein Paket von ihr an, in dem sich ein teures Paar Teetassen befindet.
Train Man weiß nicht wie er sich weiter zu verhalten hat und sucht Hilfe bei seinen Chatroom-Freunden. Diese sind sich
einig, dass die von nun an Hermes genannte Frau mit Sicherheit an Train Man interessiert ist. Jetzt heißt es für diesen
nur noch den nächsten Schritt zu machen. Mit der Hilfe seiner Online-Kollegen und einigen nützlichen Tipps, ruft er
Hermes auch tatsächlich an und lädt sie zum Essen ein.
Train Man ändert seinen Look, doch seine Unsicherheit kann er nicht ablegen. Dennoch scheint Hermes das erste "Date"
mit ihm zu genießen. Weitere Treffen folgen, aber irgendwann ist die "Beziehung" an einem Punkt angekommen, an der
Train Man ihr seine Gefühle zeigen muss. Er hat aber weder die Kraft, noch den Mut den nächsten Schritt zu gehen.
Kann Train Man über sich selbst hinauswachsen?
Kritik: Romantikfilme haben die schlechte Angewohnheit entweder zu kitschig zu sein oder so melodramatisch zu
wirken, dass man sie schon eher ins Drama-Fach einordnen muss. "Train Man" ist eine gelungene Ausnahme. Mit
viel Herz erzählt, erschafft Regisseur Masanori Murakami ein bewegendes, fast schon magisches Werk über Liebe, Mut,
Glück und Einsamkeit.
Wie schon bei "My Sassy Girl" wird auch hier darauf hingewiesen, dass es sich bei der folgenden Geschichte um eine
wahre Begebenheit handelt. Auch die Zugszene erinnert an den koreanischen Kino-Hit, doch sind die Protagonisten
in ihren Charaktereigenschaften komplett anders.
Da wäre zuerst einmal Train Man, der unter eben jenem Namen in diversen Chaträumen tätig ist. Er lebt vereinsamt in
einer kleinen Wohnung, wahrscheinlich noch bei seinen Eltern, obwohl wir interessanterweise nie etwas von ihnen zu
sehen bekommen. Er interessiert sich für Animes und kleine Spielzeuge, hat keine Freunde und hat sich mit dem
Gedanken abgefunden eines Tages alleine zu sterben. Das ändert sich natürlich alles als er Hermes trifft. Er weiß, dass
von nun an nichts mehr so sein wird wie früher. Aber will er das auch? Könnte er eine evtl. Zurückweisung ertragen?
Train Mans anfänglicher Auftritt mag zwar zuerst etwas zu gestellt wirken, denn er sieht tatsächlich wie ein richtiger
Computertrottel aus, doch seine sich überschlagende Art zu reden, seine Mimik und sein Benehmen lässt das ganze wieder
sehr glaubwürdig erscheinen. Natürlich steckt unter der Maske ein eigenlich recht ansehnlicher junger Mann, dem einfach
eine ordentliche Frisur und Garderobe fehlte. Als dem Abhilfe geschaffen ist, könnte man sich dann aber wieder vorstellen,
dass er eigentlich fast jede Frau haben könnte, kein Wunder, steckt hinter der Maske doch Frauenschwarm
Takayuki Yamada ("Dragonhead"). Yamada leistet wirklich beeindruckendes, denn seine Unsicherheit und seine Tränen vor
Hermes sind ehrlich und mitleidserregend. Aber Train Man ist eben ein Mann, der sich seiner
Geliebten gegenüber Gefühle erlauben kann, die sich wohl sonst keiner auszudrücken erlauben würde.
Dem Internet oder besser gesagt Chatrooms wird eine ganz besondere Rolle in diesem Film zugewiesen. Das ist nämlich
der Ort an dem Train Man Rat von seinen Freunden bekommt, Personen, die ebenso unsicher und einsam sind wie Train Man
selbst. Sie schaffen es aber Train Man Mut zu geben, und dessen Erfolg sorgt dafür, dass auch sie anfangen aufzustehen
und mit neuem Tatendrang die Liebe anzugehen.
Die unbekannten Gesichter für Train Man, bleiben für den Zuschauer dabei
zum Glück kein unbeschriebenes Blatt. Da ist die Krankenschwester, die einer alten Liebe hinterhertrauert, drei
Computerspielefreaks, die selbst auch noch nie eine Freundin hatten, ein Ehepaar, die beide ohne voneinander zu wissen
Train Man zur Seite stehen und dadurch schließlich auch ihre eigene Ehe wieder in den Griff bekommen und zu guter letzt
ein einsamer Junge, der sich in seinem Zimmer eingeschlossen hat. Der Film nimmt sich Zeit kurz in das Leben jeder
dieser Personen hineinzublicken ohne dabei den Fokus zu verlieren. Das ist eine sehr gute Entscheidung, da "Train Man"
dadurch umso glaubwürdiger und farbenprächtiger wird.
Auf technischer Ebene kann der Film auch vollkommen überzeugen. Etliche Splitscreens lassen uns stellenweise die
Internetfreunde alle gleichzeitig auf dem Bildschirm sehen, interessante Kameraeinstellung und -zooms sorgen für
eine moderne Aufmachung und Plakate, sowie Schilder, Leuchtreklamen etc. werden als Bildschirme für die diversen
Textbotschaften genutzt, während im Hintergrund ein ewiges Tippgeräusch zu hören ist.
Die Einsamkeit, die das Internetzeitalter mit sich bringt wird hier ebenso kritisch beleuchtet, wie der Fakt, dass eben
auch durch das Internet Freunde gefunden werden können, die einen unterstützen. Doch was man aus dieser kleinen
Kritik an der Gesellschaft für sich mitnehmen will, bleibt jedem selbst überlassen. Fakt ist, dass es einfach Spaß
macht in das Leben dieser "Verlierer" einzutauchen und mit ihnen zu fühlen.
Der Humor kommt dabei aber auf keinen Fall zu kurz. Kleines Highlight sind die etlichen Einschnitte in denen die drei
Videospielefanatiker zu sehen sind, wie sie allegorisch und stellvertretend für Train Man auf einem Kriegsschauplatz
ihre Position eingenommen haben und für dessen Sieg kämpfen.
Miki Nakatani ("Ring", "Chaos") mag zwar anfangs nicht wirklich in den Film passen, doch sie wurde nicht nur für die
Rolle gewählt, weil sie laut Angaben des echten Train Man am Ehesten wie seine Freundin aussieht. Sie besitzt eine
gehobene Eleganz und gleichzeitige Schüchternheit, sowie Kindlichkeit. Wir bekommen zwar nicht wirklich genügend von
ihr und ihrem Innenleben erzählt, doch kleine Mimiken von ihr verraten dem Zuschauer sehr schnell, was sie denkt. Es
dauert nicht lange bis sie sich in die Herzen der Zuschauer gespielt hat und man mit den beiden Liebenden mitfiebert.
Wie es Liebesgeschichten so an sich haben gibt es dann auch viele Tränen, am Ende bekommen die zwei sich doch, aber
irgendwie fehlt dem ganzen zum Glück der Kitsch, den man von anderen Produktionen gewohnt ist. Sicher, es gibt eine
Kussszene, bei der sich die Kamera um die zwei dreht, während im Hintergrund imaginäre Feuerwerke hochgehen, doch
irgendwie... fühlt sich das nicht schlecht an. Der Film strahlt einfach eine ungewöhnliche Magie aus, die den
Zuschauer bis zum Ende in seinen Bann zieht.
Wir erfahren nie die wahren Namen der beiden Protagonisten (eine Anspielung auf die schon angesprochene
zunehmende Vereinsamung in Tokyo durch das Internet?), doch ist das gar nicht nötig um Teil ihrer Welt zu werden.
Kein Wunder also, dass die Geschichte um "Train Man" auch eine Fernsehserie, ein Buch und ein Comic nach sich gezogen
hat, wobei die Serie auf jeden Fall zu empfehlen ist und stellenweise sogar besser als der Film geworden ist.
Es ist schwierig zu beschreiben, warum "Train Man" besser als andere Romantikkomödien ist. Am besten trifft es vielleicht
noch was Hermes sagt: Egal wie trivial die Dinge zu sein scheinen, hier werden sie etwas besonderes, fast schon
magisches.
Es ist lange her, dass mich ein Romantikfilm wirklich überzeugen und verzaubern konnte. "Train Man"
hat dies geschafft!