Story: Tyler (Nicholas Tse) endet nach einer durchzechten Nacht mit der lesbischen Jo (Cathy Tsui) im Bett.
Jo wird schwanger und Tyler setzt sich seit diesem Tag in den Kopf sie finanziell zu unterstützen. Außerdem hat er
immer noch den Traum irgendwo in Südamerika ein ruhiges Leben zu führen und auf diesen Tag arbeitet er hin. Deshalb
heuert er bei Uncle Ji (Anthony Wong) an, der ein inoffizielles Bodyguardunternehmen leitet.
Bei einem seiner Aufträge lernt Tyler den früheren Söldner Jack (Wu Bai) kennen, der eine schwangere Frau, Ah Hui
(Candy Lo), hat. Doch Jack wird von seiner Vergangenheit eingeholt als seine früheren Teamkollegen plötzlich auftauchen
und ihn zu einem neuen Auftrag zwingen wollen. Die Dinge werden unübersichtlich. Tyler und Jack scheinen schließlich
auf unterschiedlichen Seiten zu stehen und die Beiden geraten einander. Jack verschont allerdings seinen neuen
Freund Tyler, und so muss Jack es schließlich mit seinen früheren Teamkameraden in einem blutigen Duell aufnehmen,
während Tyler und Ah Hui zwischen den Fronten stehen...
Kritik: "Time and Tide" ist ein Tsui Hark Actionkracher, nachdem dieser mit wenig Erfolg versucht hatte, in Hollywood
Fuß zu fassen. Leider kann man aber in wenigen Worten Harks Film zusammenfassen. Es gibt Action satt, mitsamt einigen
grandiosen Kamerafahrten, vielen Schießereien, einer netten Optik und... noch mehr Action. Die Story kommt dabei aber total
abhanden. Je mehr der Film voranschritt, desto offensichtlicher schienen dem Regisseur selbst die Storyschwächen
offensichtlich geworden zu sein, so dass am Ende eigentlich niemand mehr wirklich weiß worum es überhaupt geht.
Hauptsache wir
haben ein paar Bösewichte und einen Helden mit nicht ganz so weißer Weste, so dass wir uns an dieser Schießorgie
erfreuen dürfen. Und Spaß wird man bei dieser adrenalinhaltigen Achterbahnfahrt auf jeden Fall haben. Nur sollte man
eben keine großen Ansprüche an die Story stellen.
Die erste Hälfte von "Time and Tide" verbringen wir mit Tyler und bekommen von diesem durch etliche Monologe seine
Weltsicht und Wünsche präsentiert. Die Art wie Tsui Hark hier die Bilder einfängt ist sehr gut gelungen. Schnelle
Schnitte, verschwommene Bilder und was nicht sonst alles nötig ist um einen innovativen Look hinzubekommen ohne dabei
auf die gewisse Poliertheit der Bilder eines Hollywoodstreifens verzichten zu müssen. Dabei kann einen die Geschichte
mit der lesbischen Polizistin auf Drama-Ebene wirklich überzeugen, da sie eben sehr natürlich wirkt. Das ist allerdings
alles egal, denn schon nach kurzer Zeit werden uns die Bösewichte vorgestellt. In einer sinnlosen Schießerei in einer
Bank, die eigentlich nicht wichtig für die Story ist, gehen dann schonmal etliche Minuten des Films drauf, ohne dass wir
eigentlich wissen, was das denn alles soll. Doch an dieses Gefühl muss sich der Zuschauer gewöhnen, denn es kommt
noch schlimmer.
Nachdem auch Jack dem Zuschauer vorgestellt wurde und er mit seiner schwangeren Frau auch als liebevoller Ehemann
dargestellt wird, gehen die Probleme erst so richtig los. Irgendwie haben sich Jack und Tyler angefreundet, auch wenn
sich diese ganze Beziehung nicht überzeugend entwickelt. Es geht jedoch sprunghaft weiter, irgendwann kommt es zur
Schießerei, dann befinden wir uns an einem anderen Ort und es kommt erneut zur Schießerei, das Setting wechselt und...
Also immer so weiter bis man sich fragt worum es denn jetzt eigentlich geht? Die Story ist aber mittlerweile so
durcheinandergewürfelt und unzusammenhängend, dass es unmöglich ist irgendwo noch einen roten Faden zu finden. Über die
fadenscheinigen Gründe warum die Protagonisten nun von einer Schießerei in die nächste geraten, regt man sich
irgendwann auch nicht mehr auf. Nur die etlichen immer wieder kurz vorgestellten Charaktere verwirren noch, bis man
schließlich weiß, dass es unnötig ist zu wissen wer diese sind, so lange man weiß wer die Bösen sind und wer die
Guten. Das hört sich frustrierend an, doch auf storytechnischer Ebene ist "Time and Tide" genau das.
Wu Bai kann als harter Superheld nicht wirklich überzeugen, da sein Charakter zu flach gezeichnet ist und oftmals
unverwundbar wirkt. Nicholas Tse dagegen überzeugt schon eher, da er mehr Hintergrund hat und überdies auch menschlicher
und verwundbarer wirkt. So darf er z.B. die meiste Zeit nur mit einer Spielzeugpistole herumrennen, liefert sich aber
mit dem einen oder anderen Bösewicht einen schönen Kampf ab, auch wenn er am Ende meist unterliegt.
Aber nach schauspielerischen Glanzleistungen sollte man hier eh nicht suchen, denn sogar Hong Kongs
Schauspielgott Anthony Wong liefert hier eine für seine Verhältnisse erstaunlich mittelmäßige Leistung ab. Warum die
Bösewichte die meiste Zeit Portugiesisch oder Englisch reden müssen ist auch nicht ganz klar und reiht sich in die
vielen unangenehm herausstechenden Schwächen des Films ein.
Immerhin stimmt die Action. Wie gesagt ist zwar nicht immer klar, warum einem gerade die Kugeln um die Ohren fliegen,
aber dafür tun sie das mit viel Style! Klar, Hark hat sich einige Anleihen von John Woo geholt, aber die wirklich
beeindruckenden Szenen bleiben eben wegen der grandiosen und einfallsreichen Kamerafahrten und Choreographien im Kopf
hängen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Actionsequenz im heruntergekommenen Hochhausgebäude, in dem sich die
Gegner fast schwerelos von Balkon zu Balkon und Stockwerk zu Stockwerk hangeln. Bei einigen der äußerst dynamischen
Kamerafahrten muss man sich außerdem fragen wie man diese überhaupt technisch umsetzen konnte. Getrübt wird das Bild
dann aber von einigen schlecht computeranimierten Explosionen und dem Fakt, dass der Zuschauer ab und zu eben doch neben dem
ganzen Geballer die Zeit findet sich zu fragen warum da gerade eigentlich geschossen wird.
Dem stellenweise ziemlich künstlich wirkenden Charakter des Films wird dann auch noch die Krone aufgesetzt als Ah Hui
auf dem Schlachtfeld ihr Kind gebären muss. Gerade diese letzte Szene schafft es dann aber auch wieder besonders viel
Adrenalin durch die Adern des Zuschauers zu pumpen, da Tyler und Ah Hui eben um ihr Überleben kämpfen müssen, und man auch
tatsächlich das Gefühl hat, dass diese eben nicht unbedingt lebend das Schlachtfeld verlassen werden.
Schlussendlich muss man sich einfach an der total willkürlich aneinandergereihten Story und den platten Charakteren
stören, auch wenn gerade Tyler mit seiner Hintergrundstory einiges an Potential geboten hätte, das der Film aber nur
selten ankratzt. Für Actionfans werden die tollen Schießeren, die schöne Optik und interessante Schnitte und Kamerafahrten
wohl ausreichen um einen unterhaltsamen Abend zu garantieren. Denn den kann man trotz starken Storyschwächen mit
"Time und Tide" auf jeden Fall haben.