Story: Der junge Mo (Takeshi Kaneshiro) hat es nicht zu viel im Leben gebracht. Er lebt von einem Tag in den
anderen, ruiniert sein Leben beim Glückspiel, behält dabei aber immer seinen Stolz, so dass er mehr als einmal
von diversene Gangstern wegen seiner "Respektlosigeit" zusammengeschlagen wird.
Mo hält sich als Auftragskiller über Wasser, doch als er mit dem Vorschuss für seinen nächsten Auftrag ein kleines
Vermögen beim Black Jack macht, beschließt er den Auftrag an jemand anderen weiterzugeben. Die einzige, die für die
geringe Bezahlung an dem Auftrag interessiert ist, ist eine junge Frau (Carmen Lee), die gerade aus dem Gefängnis
gekommen ist. Allerdings spielt diese ein ganz eigensinniges Spiel mit Mo, denn sie möchte sich mit dessen Hilfe an
dem Mann rächen, der sie vor Jahren ins Gefängnis gebracht hat.
Mo muss herausfinden, dass er mit der unbekannten Frau einiges gemeinsam hat, denn auch diese möchte ihrem bisherigem
Leben entfliehen. Mit der Zeit erfährt er genaueres über deren Vergangenheit und zwischen den beiden entwickelt sich
eine subtile Beziehung. Doch einer von den beiden muss den Auftragsmord ausführen und dabei könnte derjenige nicht
mehr lebend zurückkommen...
Kritik: "The Odd One Dies" ist ein ungewöhnlicher Genre-Mix, der auf subtile Weise eine Liebesgeschichte mit
einer dramatischen Story über einen Loser und seinen Platz in der Gangsterwelt verbindet. Das ganze wird dann noch
mit einer unwahrscheinlich gut funktionierenden Prise abgedrehtem schwarzen Humor garniert und schon haben wir einen
Film, der auf dem schmalen Grat zwischen Art-House Kino und unterhaltsamen Hong-Kong Actionkino wandelt. Allzu viele
Schießereien sollte man aber nicht erwarten, denn im Großen und Ganzen erweist sich der Film als charakterexploratives
Werk, das den Zuschauer mit seinem langsamen Tempo erst nach und nach, dafür aber umso intensiver in seinen Bann zieht.
Patrick Yau ("The Longest Nite") schafft hier eine sehr verquere Welt, was er oftmals mit ebenso schiefen
Kameraeinstellungen zum Ausdruck bringt. Rottöne dominieren häufig das Bild und manche Kameraschwenks lassen einen
vermuten, dass man einen Experimentalfilm vor sich hat. Doch ist dem nicht wirklich so, wie sich herausstellen soll.
Der "Held" des Films ist der Verlierer Mo. Wir erfahren nicht viel über ihn und seine Vergangenheit als Auftragskiller.
Nur seine etlichen Narben auf dem Körper sprechen für sich. Allerdings ist Mo trotz seiner sehr wortkargen Art kein
kühl berechnender Charakter. Obwohl er nichts mehr in seinem Leben hat gibt er dennoch nicht das bisschen Stolz auf,
das ihm geblieben ist. Die Situationen, in die er sich damit bringt wirken manchmal schon selbstmörderisch und
vielleicht gibt es auch nichts mehr für ihn, für das es sich zu leben lohnen würde. Aber er ist kein Mensch, der aufgibt
und so hängt er seinem Traum hinterher mit genügend Geld nach Japan zu gehen um dort einen Nudel- oder Sushishop zu
eröffnen. Ein einfacher und fast schon kitschiger Traum, doch ist es genau dieser, der ihm die Kraft verleiht
weiterzumachen.
Takeshi Kaneshiro beweist erneut, dass er als Charakterdarsteller mehr zu leisten im Stande ist, als wir es ihm zutrauen
würden. Irgendwie schafft er es trotz seiner verqueren Art das Publikum für sich zu gewinnen und dabei immer menschlich
zu wirken.
Carmen Lee überzeugt als verlotterte Frau, die sich an ihrem Peiniger rächen will, doch mit Mos Hilfe einsehen muss, dass
dies alles nichts bringt. Was passiert ist, ist passiert. So funktioniert die Welt nun einmal. Und auch sie kann nur
weitermachen, weil sie in ihrem Herzen einen Ort trägt, an den sie eines Tages fliehen will. Ihre Postkarte mit einer
Insel und dem Wort "Paradies" spricht für sich.
Allerdings dauert es etwas länger, bis wir uns mit Carmens Leinwandrolle identifizieren können. Viel zu kühl ist sie und
verbirgt ihre Emotionen hinter einer undurchschaubaren Maske.
Als Mo und die Frau dann erkennen, dass sie dem gleichen Traum hinterherjagen, macht sich Verständnis in den beiden
füreinander breit. Die Beziehung, die die beiden zueinander haben ist ungewöhnlich und entwickelt sich nur langsam.
Eigentlich rechnen wir nie damit, dass diese wirklich funktionieren kann, doch plötzlich und unerwartet versprüht diese
Beziehung unwahrscheinlich viel Charme. Wann genau dieser Umschwung stattfand lässt sich nicht genau sagen, was auch
eine der großen Stärken des Films ist. Hier entwickelt sich alles sehr natürlich.
Der anfängliche triste und künstlerisch anspruchsvolle Grundton wird zwar beibehalten, verliert aber etwas von seiner
Intensität im Laufe des Films, was auch gut zu der Charakterentwicklung der beiden Hauptprotagonisten passt. Doch auch
schon am Anfang wird der Film immer wieder von einigen ziemlich lustigen Szenen bereichert. Ein Running-Gag ist
z.B. der Gangster, der immer in die unmissliche Lage kommt seine Finger abgeschnitten zu bekommen. Irgendwann stehen
seine Kollegen beim nächsten Kampf dann auch tatsächlich schon mit Eisbeuteln gewappnet bereit um die evtl. abgetrennten
Finger auch ja gut konservieren zu können. Makaber? Natürlich. Aber auf jeden Fall auch lustig. Situationskomik, die man
einfach gesehen haben muss. Begleitet wird das Geschehen dabei dann auch öfters von Raymond Wongs abgedrehtem
Soundtrack, der mit seinen Bossa Nova und Swing Stücken dem Film immer ein Augenzwinkern verleiht.
Trotz seines manchmal sehr langsamen Tempos und dem Fehlen ausgiebiger Dialoge schafft es "The Odd One Dies" sehr
bewegend zu sein. Unsere Helden sind die Art gebrochene Menschen, die nicht aufgeben wollen, zumindest im Falle Mos, und
so besitzt der Film dann auch eine ungewöhnlich unterschwellig-positive Grundstimmung. Gerade die Charakterentwicklung
steht hier im Vordergrund. Mo zu sehen, wie er gegen Ende zum Anführer eines Spielhauses geht und sich bei diesem
plötzlich mit simplen Worten für sein damaliges Benehmen entschuldigt ist irgendwie rührend und zeigt, wie sich unser
"Held" verändert hat. Und auch Carmen Lees Charakter verändert sich durch und mit Mo.
Zum Schluss wird dann natürlich nochmal die Spannung erhöht, denn schließlich gibt es noch einen Auftrag auszuführen,
wobei uns die ganze Zeit, nicht nur wegen des Titels, im Hinterkopf schwebt, dass diesen wohl nicht beide überleben
werden. Dennoch beweist der Film gerade hier mit seinem Ende nochmal einiges an Feingefühl und hat auch ein paar
Überraschungen bereit.
"The Odd One Dies" ist stellenweise etwas langatmig und wir wissen anfangs nicht wirklich wie wir in diese verquere
Welt hineinfinden sollen. Doch bevor man sich versieht ist man schon ein Teil dieser und spürt förmlich die Magie,
die von Yaus Geschichte ausgeht. Mit einem Drehbuch von Wai Ka-fai ausgestattet und produziert von diesem und
Johnnie To, konnte unter der feinfühligen Regie von Patrick Yau und der großartigen Leistung der Darsteller aber auch
nicht wirklich viel schiefgehen.