Story: Naoki Mizushima (Masahiro Motoki) ist ein Make-up-Stilist, der internationales Ansehen genießt und deshalb für eine Verleihung der Music
Awards in Shanghai gebucht wird. Er ist schon seit einigen Jahren verheiratet, aber seine Frau Miho (Naomi Nishida) und er haben sich mit der
Zeit immer mehr voneinander entfernt. Sie reden nicht mehr miteinander und sie ist nur noch seine Managerin, die seine Termine verwaltet. Mizushima
weiß außerdem, dass sich jemand anderes für seine Frau interessiert und fragt sich, wie seine Ehe weitergehen soll. Um Abstand zu bekommen, macht
er einen Spaziergang durch das nächtliche Shanghai. Dabei wird er allerdings von der Taxifahrerin Lin Xi (Vickie Zhao) angefahren, die schnell darum
bemüht ist, Entschädigung zu leisten, indem sie den Mann durch die Stadt fährt und ihm alles zeigt. Die Sprachbarriere stellt kein großes Problem
dar, erst als Lin telefonisch erfährt, dass ihre heimliche Liebe Dong Dong (Dylan Kuo) heiraten wird, muss sie versuchen, ihren Gast wieder loszuwerden,
was sich als schwierig erweist, da sie weder weiß, wie er heißt, noch in welchem Hotel er untergekommen ist.
Kritik: Es gibt Romantik-Dramen, die trotz einiger kitschiger Momente vollkommen ins Schwarze treffen, und man sich schwer daran tut, genau
zu bestimmen, woran das liegt. In "The Longest Night in Shanghai" liegt es wahrscheinlich hauptsächlich an der charismatischen und natürlich wirkenden Vickie
Zhao und Regisseur Zhang Yibais Gespür für die Feinheiten, die eine Beziehung ausmachen. Trotz einiger, zum Teil nicht unerheblicher, Mängel, vermag
dieser Romantikfilm deshalb zu berühren und stellt dabei eines jener etwas unterschätzten Werke dar, die mit seinem bittersüßen Ton der Liebe, des
Verlusts und der Erkenntnis eine besondere Saite des Herzens anschlagen können. Darüber hinaus nutzt der Regisseur den Rahmen, um der Stadt Shanghai
eine außergewöhnliche Liebeserklärung zu machen. Wir fühlen uns sofort zuhause in der Stadt und der Umstand, dass der Film komplett in nur einer
Nacht spielt, gibt dem Film auch etwas Schicksalhaftes und Verdichtetes, das uns mit den Charakteren sympathisieren lässt.
Mizushima ist ein eher verschlossener Typ, der nicht über sich oder seine Probleme redet. Das ist es auch, was letzten Endes die Beziehung zu seiner
Frau zerstört hat. Sie leben eigentlich nur noch nebeneinander und gerade Mizushima bringt von sich aus nichts in die Beziehung mit ein. Dass er und
seine Frau nicht glücklich sind, weiß er schon seit einer Weile, aber so ist es eben und daran etwas zu ändern, interessiert ihn vorerst auch nicht.
Eigentlich müsste einer von den beiden den Schlussstrich ziehen, aber da Miho nicht auch in dieser Hinsicht diejenige sein will, die die Entscheidung
für ihn trifft, quälen sich die beiden weiter durch ihr Leben. Dabei gibt es offensichtlich jemanden, der an Miho interessiert ist und ihr bei jeder
Gelegenheit nachstellt. Auch Mizushima weiß das. Als er dann einen Spaziergang durch Shanghai macht, ist es, als wäre er auf einer Selbstfindungssuche.
Er hofft, endlich die Antworten zu finden, deren zugehörige Fragen er so lange nicht stellen wollte.
Mizushima wird von Masahiro Motoki ("Departures") gespielt, allerdings ist seine Darbietung schwierig zu bewerten. Die Momente, in denen er seinen
inneren Schmerz zeigt, sind sehr subtil und gelungen auf die Leinwand gebracht, die Szenen, die er mit Vickie Zhao teilt, wirken dagegen nicht immer
sehr überzeugend. Das hat zur Folge, dass die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern nicht immer hundertprozentig stimmt. Hier ist es Vickie
Zhao ("Mulan", "Painted Skin"), die für den nötigen Sympathiegehalt in der Beziehung sorgt, welche sich zwischen der einsamen Taxifahrerin und dem
Stilisten entwickelt. Sie hat eine natürliche Lieblichkeit an sich, die sofort begeistern kann. Ihre Rolle ist eigentlich recht einfach,
aber sie schafft es, ihrem Charakter diverse Ecken und Kanten zu verleihen, sodass es im Endeffekt sie ist, die den Film trägt. Sie ist ein wenig
jungenhaft, muss sich um ihren kleinen Bruder kümmern, der Geld für die Universität braucht und ihr nie im Haushalt hilft, und hat daneben noch ein
geheimes Liebesinteresse.
Sie interessiert sich für einen Mechaniker, der für das Taxiunternehmen arbeitet. Um ihn zu sehen, verursacht sie gerne mal einen kleinen Schaden an
ihrem Wagen, doch den Mut, ihm ihre Liebe zu gestehen, hat sie nie. Als sich dann herausstellt, dass Dong Dong heiraten wird, ist Lin Xi am Boden
zerstört. Lin und Mizushima tragen beide Wunden im Herzen und obwohl sie sich verbal nicht miteinander verständigen können, teilen sie ihr Leid
miteinander und eine ungewöhnliche Beziehung entwickelt sich zwischen ihnen. Ihre gemeinsame Reise durch die Stadt ist eine Reise in ihr Inneres, und
in den nächtlichen Straßen Shanghais muss man sich sogleich geborgen fühlen. Es ist auch genau die Geborgenheit, welche die beiden Protagonisten mit
der Zeit entdecken und die sie den Mut aufbringen lässt, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen. Der Umgang mit dem Thema Liebe ist dabei zumeist sehr
ehrlich und bietet Raum für einige bittersüße Momente. Schon für die kleine Kurzgeschichtensammlung "About Love" hat Regisseur Zhang Yibai ein Segment
gedreht, das viele Parallelen zu diesem Film aufzeigt und einen Eindruck davon vermitteln kann, was für ein süßes Leid die Liebe sein kann.
Alles funktioniert in "The Longest Night in Shanghai" jedoch nicht. Der Film ist zu lang und streut noch ein paar Nebengeschichten ein, für die einfach
nicht genug Platz ist, um angemessen ausgeleuchtet zu werden. Da wäre Miho und ihr Verehrer, aber auch der abgedrehte und extrovertierte Yamako,
gespielt von Naoto Takenaka ("Shinjuku Incident", "Nodame Cantabile"), der in ein paar der humoristischen Momenten eine lustige Darstellung von
Bruce Lee abgeben kann. Der Humor kann an manchen Stellen wirklich überraschen und zum Lachen bringen, nur Mizushimas physische Einlagen, die
wohl lustig sein sollten, können nicht überzeugen und wirken manchmal sogar etwas merkwürdig. Auch in den Dialogen gibt es ein paar Ausrutscher, die
ins Kitschige übergehen. Aber ein schöner Soundtrack mit vielen westlichen Stücken und das feine Gespür von Regisseur Zhang lassen am Ende beim
Zuschauer nur Wohlwollen aufkommen. "The Longest Night in Shanghai" ist kein Romantikdrama ohne Fehler, aber kann dort auf subtile Art berühren, wo
er es sollte. Ein Film, der damit durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient hat!