Story: Jeon Sang-won (Lee Ki-woo) trifft auf der Straße seine alte Freundin Choi Young-shil (Uhm Ji-won).
Zusammen gehen sie etwas essen und nehmen einige Gläser zu sich. Als sie die Nacht miteinander verbringen beschließen
sie gemeinsam Selbstmord zu begehen. Doch als so einfach stellt sich das gar nicht heraus. Die Beiden scheitern und
Sang-won wird von seinem Vater aus dem Krankenhaus abgeholt. Die Mutter scheint für Sang-wons Depressionen
verantwortlich zu sein, doch nimmt diese die Schuld nicht auf sich. Kann Sang-won trotz seiner Krise weiterleben?
Kim Dong-soo (Kim Sang-kyung) ist ein erfolgloser Regisseur, der gerade aus dem Kino kommt, wo ein Film seines
ehemaligen Freundes lief, der mittlerweile im Krankenhaus liegt. Auf der Straße trifft Kim zufällig die Schauspielerin
des Films (Uhm Ji-won). Bei einem Treffen, bei dem Geld für den todkranken Regisseur gesammelt wird, trifft Dong-soo
die Schauspielerin erneut. Nach einigen Gläsern Alkohol erzählt er ihr, dass der sterbende Regisseur in Wirklichkeit
Dong-soos Lebensgeschichte erzählt hat, wofür er ihm nie verziehen hat. Mit der Schauspielerin versucht Dong-soo seine
damaligen Gefühle wieder zu durchleben. Die Grenze zwischen Film und Wirklichkeit scheint für ihn langsam zu
verwischen...
Kritik: Wer bei der Inhaltsangabe eben ein wenig ins Grübeln kam, weiß schon, dass er einen außergewöhnlichen
Film zu erwarten hat. "Tale of Cinema" erzählt einen Film im Film! Die erste Hälfte des Films bekommen wir die
Geschichte rund um Sang-won und Young-shil erzählt. Mit beeindruckender Intensität erzählt uns Regisseur Hong Sang-soo
etwas über den Sinn des Lebens, Depressionen und Krisen. Stilistisch verzichtet er dabei bewusst auf Spielereien,
sondern filmt sein Werk recht simpel. Die Dialoge, auch wenn viele zuerst nur wenig Sinn machen mögen, sind alle
mit äußerster Bedacht komponiert. Das macht auch den Reiz des Films aus. Viele Kleinigkeiten, die zuerst unwichtig
erscheinen mögen, gewinnen später an Bedeutung. Hier ist nichts zufällig, sondern hinter allem steckt ein tieferer
Sinn.
"Tale of Cinema" ist ein Film, der seine Botschaft sehr unterschwellig dem Zuschauer präsentiert. Dementsprechend
verschlossen und unergründlich erscheinen auch die einzelnen Personen. Doch anhand von bedeutenden Gesten, Handlungen
oder Worten, lässt sich für den aufmerksamen Zuschauer schnell mehr aus den komplexen Persönlichkeiten herausextrahieren.
Die Schauspieler tuen ihr Übriges die Intensität des Films auf hohem Niveau zu halten und spielen die kleinsten
Nuancen an Gefühlen mit größter Sicherheit. Auch wenn man sich manchmal schwer daran tut, die Handlungen bzw.
Denkweise der Personen zu verstehen, ist eine Analyse lohnenswert.
Nach der Hälfte des Films erfahren wir dann anhand eines plötzlichen Einschnitts, dass die Geschichte rund um
Sang-won und Young-shil nur ein Film war. Doch bei der Geschichte handelt es sich um Dong-soos Leben. Er trifft die
Darstellerin Young-shils und lässt sie nicht mehr in Ruhe. Er möchte seine Vergangenheit mit ihr wiederholen.
Interessant ist, dass die Story hier repitativen Charakter bekommt. Auch hier betrinken sich die Beiden
und verbringen dann die Nacht miteinander. Selbst die Zigarettenmarke, die Dong-soo raucht ist die selbe, was eines
der Zeichen für Hongs hervorragendes Auge für kleine Details ist. Während die Schauspielerin Young-shils aber sehr
wohl zwischen Film und Realität unterscheiden kann, fühlt sich Dong-soo in seine frühere Leere versetzt und möchte
wieder Selbstmord begehen. Die Schauspielerin zeigt ihm aber langsam, was das Leben wirklich wert ist. Dong-soo
sieht seinen sterbenden Freund von der Filmhochschule und muss seine Position nochmal überdenken.
Faszinierend ist auch, dass wir niemals erfahren, ob der sterbende Regisseur wirklich Dong-soos Leben
verfilmt hat. Sicher, die Beiden waren befreundet, aber vielleicht hat Dong-soo sein Leben einfach in dem Film
in manchen Zügen wiedererkannt und sich seitdem in einen fiktiven Charakter hineinversetzt.
Regisseur Hong schafft es gekonnt die Grenze zwischen Fiktion und Realität verwischen zu lassen. Auf der einen Seite
wirken beide "Filme" in "Tale of Cinema" beinahe dokumentarisch, aber auf der anderen Seite wird einem immer wieder
offenbart, dass es sich bei dem Gesamtwerk nur um einen Film handelt. Hong schafft all dies mit nur einem immer
wieder auftauchenden Kunstgriff. Wenn sich die beiden Hauptcharaktere unterhalten wird immer wieder an sie herangezoomt.
Das ist eigentlich schon nervend mit der Zeit, aber so wird uns verdeutlicht, dass auch die zweite Hälfte von "Tale of
Cinema" nur ein Film ist...
Als Film weist Hongs Werk einige Längen auf, und auch was die Regie angeht, wegen besagter Zoomszenen, mag er nicht jedem
gefallen. Allerdings schafft "Tale of Cinema" was nicht jedem Film gelingt - er gibt Anlass zum Nachdenken. Es werden
nämlich keine klaren Antworten gegeben. Um genau zu sein sind manche Fragen nicht mal ganz klar, aber das ist auch
die Intention des Films, wenn es für den Zuschauer auch oftmals frustrierend ist.
Um die Fragen zu verstehen, müssen die einzelnen Charaktere analysiert werden, was keineswegs
unmöglich ist. Wer sich also die Zeit dafür nimmt und auf intelligentes Arthouse-Kino steht, wird mit "Tale of Cinema"
einige schöne nachdenkliche Minuten verbringen können.