Story: Hak-gyoo (Jeong Woo-seong) wird in ein kleines Städtchen versetzt, nachdem eine Studentin Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen
ihn erhoben hat. Während ein Freund Beweise für seine Unschuld sammelt, unterrichtet der Professor in der Stadt einige ältere Leute, wie man Schriftsteller wird.
Hak-gyoo ist alles andere als glücklich, doch trifft er zufällig das Mädchen Deokee (Esom), die in einem Vergnügungspark arbeitet. Sie besucht schließlich auch
den Kurs des Professors und verliebt sich in ihn. Obwohl Hak-gyoo eine depressive Ehefrau zuhause hat und eine Tochter, die ihren Vater braucht, lässt sich der
Professor auf eine Affäre mit Deokee ein. Schließlich bekommt Hak-gyoo die Nachricht, dass sich die Vorwürfe gegen ihn als haltlos erwiesen haben und er
nächstes Semester wieder an der Seoul Universität unterrichten darf. Er packt seine Sachen und will sich von Deokee verabschieden, als diese ihm offenbart,
dass sie schwanger ist. Daher geht er mit ihr zu einer Abtreibungsklinik und beendet kurz darauf das Verhältnis. Es kommt aber noch zu einem tragischen
Zwischenfall, sodass Deokee Jahre später einen Racheplan schmiedet und in die Tat umsetzt.
Kritik: Das Faszinierende an diesem Thriller/Drama ist die Art, wie die Rollen der Opfer und der Täter verteilt sind. Anders als in ähnlichen
Werken, in denen es um Verrat und Rache geht, zeigen sich bereits zu Beginn schon Nuancen, die es unmöglich machen, Hak-gyoo schlichtweg als Täter und
Deokee als Opfer zu sehen. Eine Stärke des Films ist außerdem seine Unvorhersehbarkeit. So gibt es einige Wendungen und auch zeitliche Sprünge in dem Film,
die die Geschichte komplexer und größer machen, ohne dass dabei der Fokus verlorengehen würde. Das ist eine beeindruckende Leistung, zumal auch das Drama
selbst gut getragen wird, ohne dass unnötig auf die Tränendrüse gedrückt werden würde. Oft genug erweist sich "Scarlet Innocence" auch als erstaunlich düster
und mit seinen freizügigen Szenen bedient er auch ebenso das Genre des Erotik-Thrillers. Dennoch passt alles zusammen.
Der Film beginnt ziemlich unschuldig. Tatsächlich könnte man meinen, einen Romantikstreifen vor sich zu haben, wenn man nicht bereits darauf warten würde, dass
irgendetwas Schlimmes passiert. Denn der Ton von "Scarlet Innocence" ist keineswegs unbeschwert, sondern erinnert eher an ein Drama. Die sich anbahnende
Beziehung zwischen Hak-gyoo und Deokee ist nicht wirklich spannend, aber notwendig, um das Fundament für das sich daraus ergebende Drama zu legen.
Bereits hier sind die Charaktere jedoch schon klar ausgearbeitet. Der Professor ist eine selbstsüchtige Person, aber nicht auf unerträgliche
Weise. Ist der Widerstand nicht zu groß, nimmt er sich das, was er braucht. Bezeichnend ist auch die Szene, in der seine Frau ihm sagt, dass sie wisse,
er sei eigentlich ein guter Mensch. Hier deutet sich schon an, dass es nicht nur ein Schwarz und Weiß in der Geschichte gibt.
Deokee ist ein naives Mädchen, das sich in den Professor verliebt und von diesem augenscheinlich ausgenutzt wird. An dieser Stelle gibt es allerdings ein
paar wichtige Punkte, die "Scarlet Innocence" von einer profanen Geschichte um eine Affäre, in der die Frau betrogen und belogen wird, unterscheidet.
Deokee weiß, dass der Professor verheiratet ist und ein Kind hat. Außerdem ist es Deokee, die Hak-gyoo dazu bringt, doch noch in der Stadt zu bleiben und sie
ist es auch, die ihm eindeutige Zeichen gibt, wenn sie ihn nicht sogar verführt. Dass Hak-gyoo nur auf Sex aus ist, ist völlig klar, doch wahrscheinlich sieht
es das naive Mädchen in ihrer Verliebtheit nicht. Und es ist genau diese eigentlich schon obsessive Liebe, die zum großen Unglück führt. Womit
man ihr teilweise selbst die Schuld für ihr Leiden geben muss. Der andere Aspekt ist natürlich die Abtreibung, die durch Hak-gyoos verantwortungsloses
Vorgehen eingeleitet wird.
All das ist aber nur das Präludium zu der eigentlichen Geschichte um Rache, in der die Rollen von Täter und Opfer vertauscht werden, obwohl bei genauerer
Betrachtung eben nur die Verteilung neu gewichtet wird. Jeong Woo-seong ("The Divine Move", "Cold
Eyes") spielt einen recht komplexen Charakter, doch gerade zu Beginn haftet seiner Rolle etwas Langweiliges/Undurchsichtiges an. Ob er mit seinem stets
verträumten Blick wirklich die beste Wahl für die Rolle war, bleibt dahingestellt, aber er gibt eine ordentliche Leistung ab. Esom war bisher nur in sehr
kleinen Rollen wie in "Hindsight" zu sehen, doch strahlt sie zu Beginn eine Jugendlichkeit aus, die ihrer Naivität Glaubwürdigkeit
verleiht und macht später eine Wandlung durch, die recht beeindruckend ist und ganz neue Aspekte ihres Charakters zutage bringt.
Wirklich interessant wird "Scarlet Innocence" ab der zweiten Hälfte, als Esom ihren Racheplan in die Tat umsetzt. Doch auch hier hört der Film nicht einfach auf. Die Geschichte, die lose auf dem Pansori "Simcheongga" basiert, hält einige Wendungen parat und beleuchtet auf sehr zufriedenstellende, weil differenzierte Weise die Rolle von Opfer und Täter und wie fließend die Übergänge sein können. Regisseur Yim Pil-sung ("Hansel and Gretel", "Antarctic Journal") erzählt seine Geschichte mit schönen Bildern und verbaut viele explizite Szenen, wie es heutzutage im koreanischen Kino Mode zu sein scheint. Die Sexszenen sind aber durchaus motiviert und dienen dem Aufbau des Dramas. Die etwas langsame erste Hälfte und der Umstand, dass dafür in der zweiten Hälfte vieles sehr komprimiert wirkt, ist damit der einzige große Schwachpunkt von "Scarlet Innocence".