Story: Kwan (Andy Lau) ist Geschäftsmann und die Nummer 1 im Drogengeschäft Hong Kongs. Doch der Drogenboss
wird langsam alt, hat mit seiner Diabetes zu kämpfen und braucht dringend eine neue Niere. Bevor er allerdings mit
seiner Familie seinen Lebensabend genießen kann, braucht er einen Nachfolger, den er in seiner treuen rechten Hand
Nick (Daniel Wu) gefunden zu haben glaubt. Nick ist schon einige Jahre dabei und ist überdies weitaus intelligenter
als der Rest in Kwans Bande. Was der Drogenlord jedoch nicht weiß ist, dass Nick in Wirklichkeit ein Undercover-Cop
ist, der schon seit Ewigkeiten versucht die Hintermänner in dem Drogenkartell ausfindig zu machen. Bisher war Kwan
jedoch ungemein vorsichtig, und so weiß jeder gerade nur das vom anderen was er zu wissen braucht.
Als Nachfolger von Kwan bekommt Nick nun aber endlich das Wissen um die Mechanismen und Geheimnisse des Geschäfts.
Zur gleichen Zeit sieht Nick mit eigenen Augen an seiner Nachbarin Jane (Zhang Jingchu), welche verheerende Wirkung
Drogen auf ein Individuum haben. Er versucht der jungen Mutter und ihrer kleinen Tochter zu helfen, allerdings muss
er sich nun vermehrt auf Kwan konzentrieren, denn das Spiel geht in seine letzte Runde. Wird Nick jedoch seinen
langjährigen Freund Kwan wirklich hinter Gitter bringen können?
Kritik: Es ist nicht zu leugnen, dass es seit geraumer Zeit mit dem Hong Kong Kino bergab geht. Doch immer
häufiger finden einige kleine Perlen ihren Weg auf die Leinwand, die uns Hoffnung machen und uns zeigen, dass solche
pessimistischen Aussagen alles andere als allgemeingültig sind. "Protege" ist einer jener Fälle. Ein Film, der eine
kleine Einführung in die Welt und Herstellung der Drogen gibt, dabei mit seinen detailierten Infos fast schon
dokumentarischen Charakter hat, aber eben auch auf Unterhaltungs-, sowie Dramaebene funktioniert. Dabei macht es einem
der Film wahrlich nicht leicht ihn zuerst richtig einzuschätzen. Erst nach gut einer halben Stunde kann er unser
Interesse wecken und auch wenn sich das Werk dann im Gesamten immer noch etwas unzusammenhängend und unfokussiert
anfühlt, gibt es einen nicht genau bestimmbaren Wendepunkt im Film, der einen "Protege" heimlich in sein Herz als
etwas fast schon Besonders schließen lässt.
Trotz allem fallen einem aber als Erstes die vielen Fehler von Derek Yees ("One Nite in Mongkok", "Lost in Time")
neuestem Film ins Auge. Irgendwie glaubt man hier oft eine Anti-Drogenkampagne zu sehen zu bekommen und gleichzeitig
werden wir mit Marktstrategien und Infos über den weltweiten Drogenmarkt versorgt. Ein Schulungsfilm a la "Wie werde
ich zum Drogenbaron in nur 24 Stunden?", könnte man meinen. Die Message, die uns aber trotz allem immer wieder aufs
Auge gedrückt wird ist natürlich, dass Drogen schlecht sind. Wer hätte das gedacht... Immerhin schafft es der
Regisseur aber, dass sich die Übermittlung dieser Botschaft keinesfalls als aufdringlich gestaltet. Das liegt zum
Großteil auch daran, dass man sich Mühe gegeben hat den Film auch auf einer dunkel-nihilistischen Ebene spielen zu
lassen. Es gibt hier nämlich einige erstaunlich erschreckende und emotional einschlagende Szenen zu sehen, die man dann
doch so irgendwie nicht erwartet hätte.
Was besonders gut an der Story funktioniert ist die Gegenüberstellung zweier Erzählstränge. Da wäre zum einen Nick,
wie er immer mehr über den Vertrieb der Drogen von Kwan erfährt, der sich wiederum nur als Geschäftsmann sieht und
selbst nicht verstehen kann, wie Menschen zu Drogen greifen können, ja diese sogar dafür verachtet. Nick muss auf der
anderen Seite allerdings auch sehen wie es am andere Ende, beim Kunden, aussieht. Seine Nachbarin Jane, mit der er
ein kurzes Verhältnis hat, gerät durch die Drogen in einen allseits bekannten Strudel der Verzweiflung und inneren
Leere. Entschuldigungen gibt es von ihrer Seite viele, doch nach und nach schenkt Nick den Worten seines Freundes und
Feindes Kwan Gehör, dass alle Abhängigen schlussendlich selbstverschuldet in diese Sucht verfallen. Nick kann und
will das Verhalten von Jane nicht verstehen und wie diese ihre Tochter stellenweise ziemlich vernachlässigt. Gerade
aber die Momente zwischen Nick, Jane und ihrer Tochter stellen einige der emotional vereinnahmendsten des Films dar,
so dass man glauben muss, dass Nick hier in seiner eigenen Vereinsamung endlich die Familie gefunden zu haben scheint,
nach der er wohl schon eine Weile sucht. Aber natürlich kommt es dann doch alles anders.
Eine weitere der großen Schwächen sind die nicht bis zum letzten ausgearbeiteten Charaktere. Andy Lau gibt als
Drogenbaron eine sehr schöne und charismatische Darstellung ab, bei der man kaum etwas von der Kaltblütigkeit zu sehen
bekommt, die man von solchen Individuuen eigentlich erwarten müsste. So hat man ihn dann auch bald samt seiner sehr
normal wirkenden Familie, die von seiner Ehefrau, dargestellt von Anita Yuen, zusammengehalten wird, in sein Herz
geschlossen. Nick wirkt in dieser Familienkonstellation fast schon wie ein Sohn von Kwan und zu einem gewissen Maß
schätzt Nick diese Freundschaft auch sehr, auch wenn er weiß, dass er Kwan eines Tages hinter Gitter bringen wird.
Trotz allem bleiben manche Motivationen von Kwan und Nick etwas im Dunkeln. Überdies stört es auch, dass Daniel Wu
wieder einmal etwas zu hölzern in seiner Darstellung ist, auch wenn er die meiste Zeit doch recht überzeugend wirken
kann.
Vom schauspielerischen Standpunkt gibt Zhang Jingchu als drogensüchtige Kurzzeitgeliebte Jane die bei Weitem
eindrucksvollste Leistung ab. Im starken Kontrast dazu steht allerdings die sehr überzeichnete Darstellung von
Louis Koo, der den runtergekommen und fertigen Ehemann von Jane darstellt. Es ist löblich, dass sich Koo mal an einer
etwas anderen Rolle versucht, aber irgendwie wirkt er doch zumeist einfach nur äußerst stereotyp, platt und mag deshalb
qualitativ einfach nicht in den Film passen.
Derek Yee schafft es zum Glück aus seinen Bildern das Maximale herauszuholen. Die Landschaftsaufnahmen bei dem
Drogenausflug nach Thailand wirken glatt und poliert, die Wohnung von Jane und Nick dagegen schmutzig und düster.
Die Cinematographie kann sich also wirklich sehen lassen und wird durch einige schöne Zeitrafferaufnahmen auch noch
aufgewertet.
"Protege" ist aber nicht nur ein Drama, sondern eben vor allem ein unbarmherziger Hong Kong Thriller. Das wird besonders
bei der Drogenrazzia offenbar, bei denen plötzliche Ausbrüche der Gewalt uns den Atem stocken lassen, bis dann alles
in einer spannenden Flucht von einem Hochhaus endet. Mit der Gewalt und einigen Entscheidungen, Wendungen, sowie Toten
geht der Film dann auch erfrischend unzeremoniell um, so dass hier zwar nicht immer der gewünschte emotionale Impact zu
spüren ist, aber man trotzdem voller freudiger Erwartung auf die nächste Überraschung vor dem Bildschirm sitzt.
Leider verliert Regisseur Yee aber immer wieder den roten Faden und so fühlt sich "Protege" die meiste Zeit recht
zerstückelt an. Gerade in der Mitte wandert der Film narrativ immer wieder etwas wahllos zwischen Nick/Kwan und der
Nebenstory um Jane hin und her. In den Händen jedes anderen Regisseurs hätte dies das Aus für den Film bedeutet,
aber Yee schafft es seinen Film mit einer gewissen Magie auszustatten, die alles zusammenhält. Gerade das Ende kann,
abgesehen von dem Plot um Janes Ehemann, wirklich überzeugen und der Botschaft des Films, dass "Drogen schlecht sind"
ein starkes Gewicht geben.
Alles in allem ist hier zwar kein Meisterwerk rausgekommen, aber Derek Yee schafft es wieder mal bekannte Zutaten zu
nehmen und daraus etwas Wertvolles zu zaubern. Das ist umso erstaunlicher, als dass man bis zum letzten Drittel des
Films eigentlich nicht weiß, was man von "Protégé" zu halten hat, denn irgendwie ist das Endprodukt auf seine ganze
eigene Weise in seiner Zusammenstellung von Altbekanntem doch einzigartig. Am Schluss erinnert man sich dann zwar
immer noch an die nicht wenigen Schwächen des Films, aber das erstaunlich zufriedenstellende Gefühl hier mal wieder
einen HK-Thriller mit ein wenig Substanz gesehen zu haben, stimmt doch sehr versöhnlich.