Story: Toru Watanabe (Ken'ichi Matsuyama) hat seinen besten Freund Kizuki durch Selbstmord verloren. Der Schmerz über
den Verlust treibt ihn nach Tokyo, wo er an der Uni studiert. Zufällig trifft er Naoko (Rinko Kikuchi) wieder. Diese hat den Selbstmord ihres Freundes
Kizuki noch nicht verkraftet. Watanabe versucht ihr Halt zu geben und ist außerdem in sie verliebt. Doch Naoko kapselt sich immer weiter von der Welt
ab, bis sie in eine psychiatrische Anstalt in den Bergen geht und nur noch unregelmäßig Briefkontakt mit Watanabe hat. Der Student trifft schließlich
das freche Mädchen Midori (Kiko Mizuhara), die zwar schon einen Freund hat, aber sich dennoch für Watanabe interessiert. Die beiden unternehmen einige
Dinge zusammen, aber Watanabes Herz hängt immer noch an Naoko. Als diese ihn schließlich einlädt, sie in der Nervenheilanstalt zu besuchen, lässt er
alles stehen und liegen. Der Student freut sich, das Mädchen wiederzusehen und auch diese ist froh über den Besuch, aber er erinnert sie auch immer wieder
an Kizuki und ihren schmerzlichen Verlust...
Kritik: "Das Buch war eindeutig besser!", mit einer solchen Aussage würde man es zwar tatsächlich auf den Punkt bringen, aber bei
einer solch wenig fundierten Feststellung darf es natürlich nicht belassen werden. Das Hauptproblem dieser Romanadaption ist, dass sie nicht die tatsächlich
Grundstimmung des gleichnamigen Romans von Haruki Murakami einfangen kann. "Norwegian Wood" ist melancholisch, traurig, oftmals macht er sogar
depressiv, Murakami hat es im Gegensatz zum Film aber immer geschafft, den Leser gleichzeitig zu trösten. Auch wenn er ihn mit seinen komplexen
Gefühlswelten überhaupt erst traurig gemacht hat. Ein Teil der Essenz des Autors fehlt in dieser Verfilmung also schlichtweg. Über viele der anderen
Schwächen hätte man durchaus hinwegsehen können, da der Roman wirklich nicht leicht zu verfilmen ist, aber der ausschlaggebende Fehler lässt vermuten,
dass Regisseur Anh Dung Tran den Autor nicht in seiner Gänze verstanden hat, obwohl er für das Drehbuch mit ihm Kontakt hatte.
Trotzdem bleibt "Norwegian Wood" ein gutes Drama, das auch viele positive Aspekte besitzt. Zum Einen wären da die Bilder, die der vietnamesische
Regisseur ganz im Sinne seines Werks "The Scent of Green Papaya" einfängt und mit satten Farben ausstattet. Besonders der Natur wird in den
verschiedenen Jahreszeiten große Aufmerksamkeit geschenkt. Ob die lebendigen Farben des Frühlings, die melancholischen Herbsttöne oder das magische
Weiß im Winter, die Bilder können verzaubern und so kommen einem selbst die etwas gemächlicheren Passagen keineswegs langweilig vor. Daneben wissen
auch die leuchtenden Bilder, die nostalgisch an die 60er/70er Jahre erinnern sollen, zu überzeugen. Schließlich zeichnet sich für die Kinematographie
auch niemand Geringeres als Lee Ping-bin verantwortlich, der schon mit Christopher Doyle an "In the Mood for Love" gearbeitet hat oder die
Bilder für "Secret" auf die Leinwand brachte.
Die zum Teil atemberaubend schönen Bilder werden auch noch durch ein gutes Auge für kleine Details bei den Sets, Kostümen und Requisiten unterstützt.
Doch von den Bildern abgesehen gibt es einige Probleme bei der Geschichte. Natürlich ist es unmöglich, die komplexen Beziehungen aus Murakamis Roman
in einen 130 Minuten Film zu pressen und so muss man schon im Vorraus mit einigen Kürzungen rechnen. Eine der fatalsten Kürzungen betrifft jedoch Reiko,
einen überaus interessanten Charakter im Roman, den eine außergewöhnliche Freundschaft mit Watanabe verbindet. In der Verfilmung bekommen wir aber fast
gar nichts von ihr zu sehen und das macht ihre Frage gegen Ende vollkommen überflüssig und lässt Watanabes Handeln als billig und verräterisch wirken.
Hier lässt sich am besten erkennen, wie sehr die Charaktertiefe unter der Adaption zum Film leiden musste. Das betrifft auch Midori, sodass man als
Nichtkenner des Buches Watanabe wahrscheinlich sogar als einen gefühllosen Fremdgeher, wenn auch zum Teil nur im Geiste, sehen könnte.
Eigentlich sind nur Watanabe und Naoko wirklich einigermaßen in den Film gerettet worden, obwohl ersterer irgendwie oft etwas eigenschaftslos wirkt.
Glücklicherweise schafft es Ken'ichi Matsuyama (L aus "Death Note") in feinen Nuancen etwas mehr von seinem inneren Wesen zu transportieren.
Großes Lob gebürt aber Rinko Kikuchi (auch im Brad Pitt-Drama "Babel" zu sehen) als Naoko, da sie es schafft, ihrer Rolle die Entrückung von der Welt
und die alles zerfressende Einsamkeit zu verleihen, die auch die Naoko im Buch ausmachte. Zu jeder Zeit weiß man, dass sie nicht in diese Welt gehört,
doch Watanabes Gefühle für sie halten sie fest. Das Traurige ist selbstverständlich, dass man sich nie wirklich sicher ist, ob sie Watanabe
ebenfalls liebt. Wahrscheinlich muss das sogar bezweifelt werden.
Oft trifft uns das Drama in "Norwegian Wood" mit voller Breitseite und zieht uns in eine tiefe Depression. Die Katharsis, die bei Murakami immer
als Hoffnungsschimmer am Horizont wandelt, fehlt hier jedoch, was besonders dem viel zu beklemmenden Soundtrack von Jonny Greenwood (Mitglied
der Gruppe Radiohead) anzulasten ist. Gelungen sind jedoch die vielen erotischen Passagen, die mit genau dem richtigen Gespür dafür, was gezeigt werden
sollte und was nicht, keinen Zuschauer vergraulen dürften. Leider wird die Geschichte aber extrem verdichtet erzählt, Monate und Jahre vergehen und man
hat als Zuschauer, der das Buch nicht kennt, sicherlich Schwierigkeiten, alle Beziehungen richtig einzuschätzen. "Norwegian Wood" bleibt dennoch ein
gutes, wenn auch etwas langsames und tieftrauriges Drama. Murakamis Roman ist so viel besser, weil seine Geschichte die Stimmung des Beatles-Songs
"Norwegian Wood" in jeder Zeile wiedergibt: melancholisch, rätselhaft, wärmend. Die Wärme vermisst man im Film einfach...