Story: Ling (Aaron Kwok) und seine Kollegen versuchen eine grausame Mordserie zu klären. Die Opfer werden mit einem Bohrer gequält und bluten
anschließend aus. Eines Tages wird die Polizei zu einem Tatort geholt, an dem sie den Polizisten Tai mit schweren Verletzungen vorfinden. Offensichtlich
hat er die Verletzungen von dem gleichen Mörder erlitten, den die Ermittler jagen. Ebenfalls am Tatort wird Ling gefunden, der lediglich eine leichte Kopfverletzung
hat, sich aber an nichts mehr erinnern kann. Lings Partner Ghost (Cheung Siu-Fai) ist der einzige, der zu ihm hält, der Rest scheint ihn im Geheimen
zu verdächtigen. Zu Hause kann Ling auch seine Ehefrau Hazel (Chang Chun-Ning) keine Antwort darauf geben, warum er an jenem Tag als Tai angegriffen wurde,
aus dem Haus gegangen ist, denn eigentlich hatte er dienstfrei. Ling versucht seine Erinnerungslücken zu füllen und die Mordserie zu lösen.
Als es weitere Opfer gibt, fallen ihm auch neue Beweise in die Hände, doch diese verweisen alle auf ihn selbst. Ling steht kurz davor, wahnsinnig zu
werden, denn obwohl er sich nicht an die letzten Tage erinnern kann, weiß er, dass er kein Mörder ist. Allerdings werden auch seine Kollegen bald über
die Beweise stolpern, die er gefunden hat, und bis dahin muss er den echten Mörder ausfindig gemacht haben, wenn er nicht selbst verhaftet werden will.
Kritik: Nach den ziemlich negativen Kritiken über "Murderer" brauchte es keiner großen Erwartungen mehr, doch im Endeffekt konnte der Film
durchaus positiv überraschen. Der Psycho-Thriller weiß dabei ganz genau, wie er vorgehen muss, um eine beklemmende und beängstigende Atmosphäre zu
erzeugen, in der wir den Polizisten auf einer Reise begleiten, auf der er immer mehr den Verstand zu verlieren droht. Dabei kann die technische Umsetzung
ebenso überzeugen wie die darstellerischen Leistungen, die alle zum besten gehören, was man heutzutage aus Hong Kong zu sehen bekommt. Der wirklich
gut gelungene Film fällt aber im letzten Drittel nach der Auflösung auseinander. Das ist das leidliche Thema, über das schon mehr als genug geschrieben
wurde, jedoch muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass man trotz der massiven Unglaubwürdigkeit der Enthüllung immer noch Spaß haben kann mit
"Murderer". Tatsächlich muss man sich dafür "lediglich" damit abfinden, dass der Thriller plötzlich in eine etwas phantastischere Richtung geht.
Interessanterweise ist die große Enthüllung aber schon vorauszusehen, wenn man denn genau aufpasst. Der Zuschauer muss schließlich nur an Lings Vergiftung
und den Kuchen denken, eine Verbindung, die man als Zuschauer sofort herstellen kann, und schon gibt es eine Lösung des Rätsels, die zwar so
unglaubwürdig ist, dass man sie sofort wieder verwirft, die aber tatsächlich genau ins Schwarze trifft. Vielleicht hilft dieses Vorwissen über einigen
Frust hinweg? Mir jedenfalls war es möglich, nachdem ich diese Verbindung schaffen konnte, auch im Finale des Films noch Spaß zu haben. Zumal sich die
Darsteller sichtlich Mühe geben, dieses funktionieren zu lassen. Was besonders gefällt, ist Lings spiralenhafter Abstieg in den Wahnsinn, bei dem
wir uns immer wieder Fragen müssen, ob er wirklich den letzten Schritt geht und damit für immer rettungslos verloren ist. Schon zu Anfang macht dies
einen Großteil der Spannung aus. Der Umstand, dass Ling immer wieder Beweise findet, die nur ihn als Mörder in Betracht kommen lassen, zerren sowohl
an seinen Nerven als auch an denen des Zuschauers.
Die dichte Atmosphäre des Films wird von Regisseur Roy Cheung kreiert, für den dies sein Debüt darstellt. Er hat schon zuvor als Assisstant Director
für Ang Lees "Lust, Caution" gearbeitet und er weiß, wie er durch seine Bilder Spannung erzeugen kann. Für die Kinematographie ist Lee Ping Bin
verantwortlich, der neben Christopher Doyle bereits für "In the Mood for Love" gearbeitet hat oder sich für die Bilder in "After this our Exile"
verantwortlich zeichnet, was eine ungefähre Vorstellung
von der Qualität des Visuellen geben sollte. Die bedrückende Atmosphäre wird zusätzlich noch durch einen cellolastigen Soundtrack von Shigeru Umebayashi
unterstrichen, der zum Großteil auch einen gewissen experimentellen Horror, welcher den Film auszeichnet, zum Tragen bringt. Mit Christine To ist
auch für das Drehbuch kein Unbekannter verantwortlich, so hat sie bereits die Geschichten zu "Fearless" oder "Secret" geschrieben. Die Charaktere
sind alle auch recht gut ausgearbeitet und wenn man von ein paar kleinen Lücken in der Story absieht, gibt es auch diverse Hinweise, die man als
Zuschauer auf der Suche nach dem Mörder verfolgen kann. Nur die Enthüllung stellt nach wie vor ein Problem dar.
Was überraschend ist, und an mancher Stelle sogar recht unnötig erscheint, ist die Brutalität im Film. Der Anfang wird durch die plötzliche Gewalt
und das Blut allerdings sehr effektiv und dieser Schock wirft uns auch sofort in den Film. Gegen Ende scheint diese auch eine Notwendigkeit zu sein, an
manch anderer Stelle fragt man sich aber, ob der Film nicht auch genauso gut ohne ausgekommen wäre. Schließlich verleiht die Gewalt "Murderer" auch
ein wenig B-Movie Charme. Allerdings sorgt dafür ja bereits die Auflösung des Films, von daher fällt das wohl auch nicht mehr großartig ins Gewicht.
Effektiv sind aber vor allem die subtilen Spielereien mit Lings psychischer Gesundheit. Wir begleiten den Polizisten, wie er immer wieder am Rande
des Wahnsinns steht, da er irgendwann nicht mehr mit Sicherheit sagen kann, ob er nicht vielleicht doch selbst der Mörder ist. Merkwürdige Dinge
passieren und er kann sich an nichts erinnern, gleichzeitig werden seine Kollegen auf sein merkwürdiges Verhalten aufmerksam und sind kurz davor,
die gleichen Beweise gegen ihn zu finden, die er bereits in den Händen hält und einfach nicht einordnen kann.
Die schauspielerischen Leistungen lassen den Film ebenfalls gut funktionieren. Aaron Kwok ("After this our Exile", "The Storm Warriors") gibt eine
dichte Darstellung ab, gegen Ende driftet er aber immer mehr ins überdrehte Schauspiel ab, was aber zum Teil auch intendiert ist. Chang Chun-Ning als
Lings Ehefrau bringt zusammen mit Josie Ho etwas mehr Drama in den Film und der kleine Tam Jan-yut beweist sich als guter Kleindarsteller. Dann ist
da natürlich noch Cheung Siu-Fai als Lings Freund und Partner, der ihm in den schwierigen Zeiten Halt geben kann, bis er selbst auf die augenscheinlich
unumstößlichen Beweise trifft. Was dann in der zweiten Hälfte und vor allem im Finale passiert, ist starker Tobak und kann gerade deshalb mitnehmen.
"Murderer" ist deshalb ein atmosphärisch dichter und spannender Hong Kong Thriller, der für viele jedoch wegen der Auflösung komplett vor die Hunde
gehen wird. Ein wenig hat mich trotzdem überrascht, wie sehr der Film wegen seines misslungenen Finales in der Luft zerrissen wurde. Denn davon abgesehen
bietet der Film viel Gutes, das man heutzutage selten im Hong Kong Kino zu sehen bekommt. Vielleicht hätte der Film sich aber bei seiner komischen
Auflösung ansonsten einfach nicht so ernst nehmen sollen...