Story: Hoi (Chapman To) schlägt sich in Tokyo mit zwielichtigen Geschäften durch das Leben. Als er sich dann von einem
Yakuza Geld leiht, um ein paar ausländische Prostituierte für ein Geschäft "einzukaufen", diese aber mit dem Geld
verschwinden, gerät er in große Probleme. Der Yakuza will sein Geld wieder und Hoi muss schnellstmöglich einen Weg finden,
an viel Geld heranzukommen. Zufälligerweise trifft er auf der Straße den leicht hinterbliebenen Jun (Leon Lai), der von
seiner Familie ausgesetzt wurde und der Hoi als einen alten Schulkameraden wiedererkennt. Hoi findet bald heraus, dass
Jun ein ganz besonderes Talent hat. Die Frauen schmelzen bei ihm dahin, sobald er sie umarmt. Hoi kommt deshalb eine neue
Geschäftsidee in den Sinn. Er überredet Jun als Gigolo zu arbeiten und da er kein Wort Japanisch spricht, vorzugeben, dass er Koreaner
sei, weil das die Frauen nur noch verrückter nach ihm machen würde. Allerdings entwickelt sich zwischen Hoi und Jun allmählich
eine Freundschaft und Hoi muss seine Entscheidung, Jun dermaßen schamlos auszunutzen, noch einmal überdenken...
Kritik: Ein Buddy-Movie, der an John Schlesingers "Midnight Cowboy" erinnert, mit einer ordentlichen Portion Comedy
und Drama. Zumindest das würde man nach der Storyzusammenfassung und einem Blick auf das Filmposter vermuten. Aber es ist doch
alles etwas anders. Alan Mak und Felix Chong, die seit ihrer "Infernal Affairs"-Trilogie nicht mehr aus dem Hong Kong-Kino
wegzudenken sind, schaffen hier einen Film, bei dem sie wohl komplett freie Hand hatten, was bedeutet, dass sie sich mal so
richtig austoben konnten. Dementsprechend wechseln sich lustige Momente mit emotionalen und manchmal auch mit erstaunlich
düsteren Szenen ab. Am Schluss mag dann nur noch das Wort "merkwürdig" einfallen, um "Moonlight in Tokyo" zu beschreiben. Trotz
all der Kreativität, die wohl in dem Film stecken mag, kann man doch nicht darüber hinwegsehen, dass es dem Werk an einem
roten Faden mangelt, der das Ganze auf eine befriedigende Art zusammenhält.
Schon der Anfang bereitet uns darauf vor, dass wir hier etwas Besonderes zu erwarten haben. Das Zimmer, in dem sich Jun befindet,
erweist sich als ein großes Bühnenbild, das in Einzelteilen verschwindet, sodass nur noch Jun in einem schwarzen Raum zurückbleibt,
bis dann eine Balletttänzerin zu Tschaikovskys "Schwanensee" tanzt. Der "Schwanensee" und das hässliche Entlein sind zwei Motive,
die den gesamten Film durchziehen, doch diese fast schon träumerische Szene wird dann plötzlich mit einem Schnitt zu Hoi unterbrochen,
in der Mak und Chong ihre gekonnt stylishen Kameraeinstellungen zum besten geben, um dem neu vorgestellten Charakter die nötige
Coolness zu verleihen. Nur um sie dann in darauffolgenden Szenen auch wieder von ihm zu nehmen. Hoi und Jun freunden sich schließlich
an, als ersterer von den Yakuza betrunken auf der Straße ausgesetzt wird und dort wie ein Häufchen Elend anfängt zu weinen. Das ist
dann auch der Moment, in dem Hoi am eigenen Leib erfährt, welche beruhigende Wirkung Juns Umarmung hat.
Es wäre falsch Jun und Ho eine homoerotische Beziehung zu unterstellen, aber die Regisseure spielen gerne mit Szenen, die so etwas
andeuten könnten. Allerdings dienen diese eigentlich nur dem Komödienaspekt des Films. Tatsächlich entwickelt sich zwischen den
beiden Hauptcharakteren eine Freundschaft, die sie beide ihr Leben überdenken lassen. Leon Lai spielt dabei Jun, einen leicht
minderbemittelten jungen Mann, der aber keineswegs total dumm ist. Er ist einfach etwas langsamer im Kopf und kann sich auch
durchaus darüber ärgern, dass ihm dies in der Welt einige Probleme einbringt. Lais Darstellung ist ziemlich differenziert
und sympathisch. Man verzichtet hier auf "Rain Man"-artige Klischees und zeigt einen Mann, der wegen seiner etwas geringeren
Intelligenz naiver und einfacher auszunutzen ist. Das führt natürlich auch zu einigen lustigen Momenten, wie jenen als
Hoi versucht Jun zu überreden als Gigolo zu arbeiten und dieser dann fragt, ob er dann keine Hure wäre. Hois simple Antwort: "Nein,
Männer können doch keine Huren sein!"
Der im Grunde recht leichtherzige Ton des Films wird vor allem durch einen entsprechenden Soundtrack unterstrichen, der sich des
Öfteren in den Vordergrund drängt. Gerade die Szenen, in denen Hoi seinem "Freund" zeigt, wie er sich als Gigolo zu verhalten hat
und wir dann auch einen Blick auf die Klientel bekommen, sind recht lustig, behalten dann wiederum aber auch trotzdem etwas von einem
bitteren Nachgeschmack bei, schließlich wird Jun in die Prostitution getrieben. Trotz einiger kleiner Slapstick-Momente ist dieses
Gefühl beim Zuschauer aber durchaus erwünscht denn Mak/Chong arbeiten schließlich im Laufe des Films auch auf Dramaebene und sie
schaffen es tatsächlich, dass man zu den beiden Charakteren ein emotionales Band knüpfen kann. Chapman To verkörpert auch diesen
ambivalenten Charakter des Films. Er ist verachtungswürdig, weil er Jun ausnutzt, um seine Schulden bei einem Yakuza-Boss abbezahlen
zu können, aber tief in seinem Inneren ist er doch auch ein gar nicht so schlechter Mensch, denn moralische Gewissensbisse bekommt
er dabei auch. Seine Geschichte mit seiner ehemaligen Frau verleiht dem Charakter dabei noch etwas mehr Tiefe. To zeigt dabei, dass
er auch ernstere Rollen schauspielerisch meistern kann und nicht nur auf die Rolle der lustigen Nebenfigur festgelegt werden darf.
Warum genau der Film in Tokyo spielen muss, bleibt ein Rätsel, denn die meiste Zeit sieht die Stadt ohnehin wie Hong Kong aus. Das
liegt zum Großteil an Mak und Chongs toller Regie, den oftmals schnellen Schnitten, den Zeitraffer-Szenen sowie einigen Szenen,
bei denen der Coolnessfaktor ordentlich nach oben geschraubt werden soll. Das wirkt im Gegensatz zu manch anderen Filmen von den
beiden keineswegs fehl am Platze, da man das Ganze auch immer mit einem kleinen Augenzwinkern präsentiert bekommt.
Irritierend sind einige erstaunlich düstere Momente aber dennoch. Die Mischung mag einfach nicht so aufgehen, wie sich die beiden
Regisseure das wohl gedacht hatten. Besonders das Ende wird bei einigen Zuschauern für einen Aufschrei sorgen, vor allem da man
dieses so eigentlich nicht hatte kommen sehen. Überdies scheint das gesamte Ende etwas übereilt, sodass man sich gar nicht emotional
angesprochen fühlen kann, da man sich immer noch denkt: "Was ist eben gerade passiert?" In "Moonlight in Tokyo" sind am Ende einfach
doch zu viele Genres durcheinander gewürfelt. Kreativ mag das zwar sein und die Geschichte bzw. die Charaktere sind ebenfalls recht
ansprechend, aber etwas wild wirkt der Film trotz allem und am Ende hält man ihn eher für ein "interessantes Experiment" als für
ein Meisterwerk.