Story: Im Jahr 1920 wird China von den Warlords beherrscht. Der Dieb Pocky Zhang (Jiang Wen) und seine Bande überfallen
den Gouverneur Ma Bangde (Ge You), der allerdings keine Wertsachen auf seiner Reise bei sich trägt. Ma nimmt die Identität seines eigenen Beraters an
und erzählt Zhang von einem
Schwindel, den der Gouverneur geplant hat. Zhang lässt deshalb Ma und seine Frau leben und begibt sich in die Stadt, in der Ma als neuer
Gouverneur erwartet wird. Pocky Zhang gibt sich als neuer Amtsinhaber aus und predigt den Leuten sofort Gleichheit und Gerechtigkeit. Diese will er
mit Waffengewalt durchsetzen. Das gefällt dem lokalen Gangsterboss Huang (Chow Yun-fat) überhaupt nicht und so entwickelt sich zwischen
ihm und Pocky Zhang ein tödliches Spiel. Die beiden geben vor, nicht miteinander befeindet zu sein, aber im Hintergrund spinnen sie ihre geheimen
Pläne, den anderen loszuwerden. Das fordert bald einige Opfer, aber während Huang glaubt, seinen Gegner genau dort zu haben, wo er ihn will, hat
Pocky Zhang noch einige Asse im Ärmel, die er schon bald ausspielt...
Kritik: Es gibt nicht viele Regisseure, die in ihrem Film politische Themen mit einfließen lassen können, welche nicht konform mit
dem Denken chinesischer Autoritäten sind und dennoch von der Zensurbehörde durchgewunken werden. Jiang Wen schafft dieses Kunststück dank
subtil angearbeiteten Kommentaren zu Korruption, Bürokratie und Revolution. Tatsächlich handelt es sich um eine so subtile Einarbeitung, dass diese
einem sogar entgehen kann. Das liegt aber auch daran, dass "Let the Bullets Fly" in großem Maße angefüllt ist mit Geschichte und Dialogen. Das führt
auch zu den beiden
größten Problemen. Die Laufzeit ist mit den 132 Minuten einfach zu lang geworden und der Film wirkt insgesamt zu überladen. Trotz stetigem Aufblitzen
von Genialität wird sich das Publikum auch an einigen Gags stören, die nicht genau ins Schwarze treffen. Schlussendlich ist Jiangs neuer Film eine
schwarze Komödie und mit seiner Art des Humors muss man sich schon anfreunden können, um seinen Spaß haben zu können.
Wie bissig der Humor ist, zeigt sich auch darin, dass einige Personen aufs Grausamste umkommen, dabei spart der Film auch nicht an Darstellung von Gewalt,
und das Ganze bekommt man mit einem Augenzwinkern präsentiert, das beim Zuschauer entweder Lachen hervorrufen kann oder Befremdung. Der Humor ist
auch sehr kulturspezifisch und merkwürdigerweise konnte ich mich von dem Humor nicht wirklich angesprochen fühlen. Dazu kommt noch, dass viele der
Witze in den Dialogen und Wortspielen verborgen sind, die einem bei den Untertiteln völlig entgehen. Das ist frustrierend und führt auch gleich
zur nächsten großen Schwäche von "Let the Bullets Fly": den Dialogen. Eigentlich sind diese sehr gut geschrieben, doch die ewigen Aufeinandertreffen
von Zhang und Huang, in denen diese vorgeben, die besten Freunde zu sein, während ihr Gespräch eine Metaebene besitzt, auf der ihr Hass aufeinander
voll zum Tragen kommt, ist schlichtweg erschöpfend.
Das Spiel wie Huang und Zhang versuchen, sich gegenseitig immer einen Schritt voraus zu sein, wird irgendwann ermüdend, trotz vieler schöner
Einfälle. Das liegt hauptsächlich daran, dass die Dialoge und das Verhalten der Charaktere zu künstlich wirken, als wenn sie Teil eines Kammerspiels
wären. Das mag in anderen Genres funktionieren, aber nicht in einem chinesichen Western wie "Let the Bullets Fly". Weiterhin bietet der Film etliche
Charaktere und Nebenhandlungen, die eigentlich nicht nötig gewesen wären und den Western zu bunt gestalten. Ja, auch das ist möglich. Immerhin
bleibt zu jeder Zeit ein roter Faden in Form von Zhang zu erkennen. Er ist der Robin Hood unter den Dieben, kann aber auch äußerst kaltblütig sein. Wir
symapthisieren zwar mit ihm, manchmal schrecken uns seine Taten aber auch etwas ab oder irritieren. Darsteller Jiang Wen liefert eine charismatische
Darstellung ab und kann seiner Person einige schöne Facetten verleihen.
Sein Gegenspieler wird von Chow Yun-fat ("Confucius", "A Better Tomorrow") gespielt, der hier sichtlich Spaß daran hat, einen Bösewicht zu mimen.
Seine Vorliebe zum Luxus und seine eigenartige Form eines ehrenhaften Kodex, dem er folgt, verleihen ihm zwar keine erwähnenswerten Charaktereigenschaften,
aber Chow vermag es, seinen Charakter mit kleinen Eigenheiten zu bereichern, sodass es einfach Spaß macht, ihm zuzusehen.
Die Dynamik und Action in dem Film resultiert übrigens nicht aus irgendwelchen Schießereien, von diesen gibt es nur sehr wenige, sondern aus diversen
Doppelspielen, Verrat und intelligenten Plänen, den anderen in eine Falle zu locken. Die meiste Zeit über ist dies sehr unterhaltsam, aber es kann
einen wie gesagt auch ermüden, wenn in den Dialogen eine gewisse Selbstverliebtheit in die Genialität der eigenen Pläne offensichtlich wird.
Im Endeffekt ist diese rabenschwarze Komödie sicherlich ein guter Film, der sein Publikum finden wird, gerade auch weil er auf ein größeres Publikum
zugeschnitten wurde, der Humor erweist sich jedoch andererseits als etwas problematisch für westliche Zuschauer. Jiang Wen, der spätestens seit
"Devils on the Doorstep" zu den ganz großen Regisseuren des chinesischesn Kinos gehört, kann hier kein Meisterwerk abliefern, nicht einmal einen
sehr guten Film, dafür gibt es einfach zu viele Probleme, aber der Grund für seinen Erfolg bleibt dennoch ersichtlich. Er ist ein außergewöhnlicher
Filmemacher mit vielen guten Ideen, wie sich alleine in Zhangs letztem Ass während des Finales zeigt. Leider erweist sich sein Western "Let the Bullets
Fly" aber als zu farbenprächtig. Als wenn man zu viele Zutaten auf einmal in einen Eintopf geworfen hätte. Alles für sich mag schmecken, aber zusammen
ergibt es irgendwie einen eigenartigen Geschmack.