Story: Der kleine Masao (Yusuke Sekiguchi) hat Sommerferien und muss mitansehen wie all seine Freunde verreisen,
während er zu Hause bei seiner Großmutter bleiben muss. Als er plötzlich eine Adresse seiner Mutter findet, die er
seit er ein kleines Baby war nicht mehr gesehen hat, beschließt er sie heimlich aufzusuchen.
Eine Frau, die sich mit Masao schon öfters unterhalten hat, beschließt dem Kleinen ihren Ehemann Kikujiro (Takeshi Kitano)
an die Seite zu stellen, damit der Junge auch unbeschadet ankommt. Kikujiro ist allerdings ein Möchtegern-Yakuza und
verspielt das Geld, das ihm seine Frau gegeben hat schnell bei einigen Rennen. Deshalb müssen Masao und Kikujiro nun
als Anhalter an ihren Bestimmungsort gelangen, wobei die zwei so manches Abenteuer erleben.
Die Reise verläuft nicht so wie erwartet und auch als die Zwei an ihrem Ziel ankommen gibt es noch einige Überraschungen,
die sie erwarten. Trotz allem zeigt der wirklich nicht gerade umgängliche Kikujiro mit der Zeit auch seine
weichen Seiten, und er und Masao werden so etwas wie Freunde.
Kritik: "Kikujiro no natsu" ist nicht gerade die Art Film, die man nach Kitanos Yakuza-Streifen und seinem
vorangegangenen "Hana-Bi" erwartet hätte, doch viele wissen eben nicht, dass Takeshi Kitano als "Beat Takeshi" in
einem Comedy-Duo berühmt geworden ist. Hier zeigt Takeshi wieder etwas von seiner lustigen Seite, verzichtet dabei
fast völlig auf die ihn auszeichnende Darstellung von Gewalt und schafft ein lustiges Drama, das herzerwärmend sein
soll. Dabei bleibt er seinem Stil aber dennoch treu, es gibt wieder viele lange, unbewegte Aufnahmen und trockenen
Humor. Trotzdem erweist sich "Kikujiro no natsu" als enttäuschend, etwas zu selbstverliebt und manchmal sogar
ein wenig langweilig.
Irgendwie hat man das Gefühl, dass Takeshi Kitano hier auf der Stelle tritt. Er versucht zu sehr seinen Kritikern zu
gefallen und scheint dabei oftmals zu vergessen, was er eigentlich in seinem Film zum Ausdruck bringen will. Klar, es herrscht
keine Zweifel darüber, dass es sich hier um einen Roadmovie über einen etwas durchgeknallten Möchtegern-Gangster und
einen Jungen handelt, der eine außergewöhnliche Freundschaft und eine sich anbahnende Vater-Sohn Beziehung beleuchten
will. Gegen Ende schafft es Kitano auch ohne Zweifel die richtigen Töne zu treffen und im Gesamten mag der Film ja
auch herzerweichend sein, doch immer wieder hat man das Gefühl, dass Kitano einige Ideen genommen hat, sie durch den
Mixer gejagt und dann über den Film verteilt hat. Ein Roadmovie hat zwar selten einen richtigen roten Faden, aber
gerade von Kitano ist man doch Besseres gewohnt.
Ebenfalls störend sind hier die ewig andauernden langen Aufnahmen. Es ist eigentlich schon ein Markenzeichen von
Kitano, dass die Kamera unbewegt in einer Einstellung bleibt bis die Charaktere mindestens 10 Sekunden ohne einen
emotionalen Ausdruck zu zeigen in die Kamera geblickt haben, aber während es in seinen anderen Film doch zumindest einem
Zweck diente, so scheint dies hier, mit Ausnahme einiger gut funtionierender lustiger Momente, nicht der Fall zu sein
und irgendwie mag es auch einfach nicht passen. Ja, oft wird es auch nur einfach langweilig und der Film wirkt unnötig
in die Länge gezogen.
Zum Glück gibt es aber einen hervorragenden Soundtrack von Joe Hisaishi, der immer wieder die fröhlich-herzliche
Atmosphäre betont und somit dem Film eine gewisse Unbeschwertheit verleiht. Ebenso wird diese Atmosphäre von den
bunten kapitelartigen und animierten einleitenden Tagebucheinträgen gestärkt.
"Kikujiro no natsu" verliert sich leider gerne in seinen Einschüben (auch fast charakteristisch für den
Regisseur) und so wirken die gruseligen Tänze der "Dämonen" in den Träumen von Masao ebenso befremdlich wie der
Einschub eines pädophilen Kinderentführers. Was soll das alles und warum hält man sich am Ende so dermaßen lange mit
den Bikern und den Spielchen für Masao auf? Normalerweise gibt es an solchen Stellen bei Kitano ja immer etwas zu
interpretieren, doch hier wirkt das alles einfach nur unausgegoren. Genauso verhält es sich mit der kleinen
tragischen Nebengeschichte um Kikujiros Mutter. Dieser Einschub kann Kikujiros Charakter nicht die Tiefe verleihen, die
er eigentlich sollte, da er einfach zu spät kommt.
Zum Glück kann "Beat" Takeshi als Schauspieler vollkommen überzeugen und gibt eine außergewöhnliche und zuweilen
lustige Darstellung eines Yakuzas ab, der vielleicht immer nur einer sein wollte, oder vielleicht sogar einer war und
es trotzdem nie zu etwas gebracht hat. Das zeigt schon die amüsante Art wie er von seiner Frau herumgeschubst wird.
Kikujiros beleidigende und beschimpfende Art kommt bei seinen Mitmenschen nicht gut an, doch wie es nicht anders sein
kann verbirgt sich unter der harten Oberfläche eigentlich ein netter Kerl, was einige wenige Individuen sogar mit der
Zeit herausfinden und sich dann auch gerne von ihm herumbefehligen lassen.
Yusuke Sekiguchi kann als Masao leider nur eine mittelmäßige Darstellung abgeben, die gerade so die Anforderungen des
Plots erfüllt, den Film stört das allerdings nicht. In einer kleinen Szene findet dafür aber Beat Kiyoshi, Takeshi Kitanos
früherer Comedy-Partner, seinen Weg in den Film. Zwar ein kleiner, aber doch netter Cameo.
Der Humor mag nicht immer richtig zünden, dafür gibt es aber einige Szenen, die fast schon zum Totlachen sind. Hit-and-Miss
Humor eben. Schlussendlich ist "Kikujiro no natsu" leider aber nicht das Meisterwerk, das wir gerne gesehen hätten.
Ich möchte nicht bestreiten, dass ich (noch) kein großer Fan von Takeshi Kitano bin, aber ich wusste seine
Leistungen und seinen speziellen Stil bisher immer zu würdigen und meistens auch zu schätzen. Hier funktioniert es
aber einfach nicht so wie es sollte. Man kann dem Film auf keinen Fall absprechen, dass er ein Herz hat, das wird
besonders am Ende deutlich, dennoch wirkt er einfach zu langatmig und durcheinander.
Einige bezeichnen "Kikujiro no natsu" als Kitanos bisher am meisten unterschätzten Film, doch ich muss dagegen halten:
Es handelt sich wohl eher um seinen am meisten überschätzten Film...