Story: Die Tang-Dynastie wird von korrupten Beamten und einem machtlosen Kaiser regiert. In diesen Zeiten der
Not bildet sich eine Untergrund-Opposition, die "House of Flying Daggers". Sie stehlen von den Reichen und geben den
Armen, weshalb sie beim Volk hoch angesehen sind. Doch ihr Vorhaben die Regierung des Reiches zu stürzen erweist sich
als sehr schwierig. Ihr Anführer wurde vor kurzem von der Regierung getötet und eine alles entscheidende Schlacht
scheint unausweichlich.
Mittem im Geschehen stehen der Polizist Jin (Takeshi Kaneshiro) und Leo (Andy Lau). Sie haben das Gerücht gehört, dass
sich im örtlichen Bordell die blinde Tochter des ehemaligen Anführers der "Flying Daggers" versteckt halten soll.
Jin besucht das Bordell undercover und findet dort auch bald das blinde Mädchen Mei (Zhang Ziyi). Leo taucht dort
ebenfalls auf und verhaftet Mei und Jin. Zusammen planen Jin und Leo nun, dass Jin Mei befreit und mit ihr flieht.
Die beiden Polizisten erhoffen sich so zum Versteck der "Flying Daggers" geführt zu werden und diese endlich ein für alle
mal zerschlagen zu können.
Auf ihrer Flucht werden Jin und Mei jedoch immer wieder von den Soldaten des Kaisers attakiert. Leo kann seinem
Freund nicht zur Seite stehen, da der Kaiser will, dass die Kämpfe echt aussehen damit Jin das Vertrauen des blinden
Mädchens gewinnen kann. Zwischen Jin und Mei entwickelt sich auf ihrer Flucht aber mehr als nur Vertrauen. Nur leider
scheint in dieser Welt des Verrats kein Platz für Liebe zu sein...
Kritik: Zhang Yimous Nachfolger zu "Hero" erweist sich dank erneuter visueller Genialität durchaus als
beeindruckender Film, enttäuscht aber leider auch auf vielen Gebieten. Das bedeutet nicht, dass der Film schlecht sei,
doch ist er stellenweise etwas frustrierend für den Zuschauer. Der Plot gibt nicht viel her und ist außerdem weitaus
weniger episch als es noch in Zhangs vorangegangenem Werk der Fall war. Vielmehr gibt es hier eine zwar ordentlich
verpackte Liebesgeschichte, allerdings mangelt es ihr an gut ausgearbeiteten Charakteren. Dadurch behält man immer eine
gewisse Distanz zum Geschehen und kann sich oftmals emotional nicht in den Film einbringen.
Optisch holt Yimou wieder einiges aus seinem Film raus. Diesmal wirken seine Bilder zwar weniger farblich komponiert,
da hier nicht bestimmte Farben im Vordergrund stehen, sondern vielmehr die Natur in all ihrer Schönheit, dennoch
scheint fast jedes Bild wie gemalt. Interessante Kameraeinstellungen und viele lange Shots, in denen sich nichts
bewegt verwöhnen das Auge und gegen Ende lässt es sich Regisseur Zhang nicht nehmen doch nochmal eine Farbe in den
Vordergrund zu stellen. Grün ist nicht nur der Bambuswald, in dem sich das Versteck der "Flying Daggers" befindet,
sondern eben auch die Kostüme der Organisation. Für meinen Geschmack hat man sich hier zu sehr an "Hero" erinnert
gefühlt, doch muss man Kostümdesignerin Emi Wada (ebenfalls "Hero", aber auch "The Bride with white Hair") wieder mal
ein großes Lob für ihre Arbeit aussprechen.
Kleines optisches Highlight ist der Kampf im Bambuswald, der zwar eigentlich typisch für Wuxia Filme ist, aber niemals
zuvor so gut in Szene gesetzt wurde.
Ebenfalls optisch sehr ansprechend ist Zhang Ziyis Tanzeinlage im Bordell zu Beginn. Hier darf sie zeigen, was sie
eigentlich gelernt hat, denn in Martial-Arts wurde sie nie wirklich ausgebildet, auch wenn es auf dem Bildschirm nicht
so aussehen mag. Dabei darf sie auch ihre Gesangskünste unter Beweis stellen und auch wenn das alles sehr
beeindruckend ist, so zieht sich diese Einleitung doch fast schon unnötig in die Länge.
Das ist dann auch eine der größten Schwächen des Films, denn er hat eindeutig zu viele Längen. Viele der Szenen sind
absichtlich etwas länger gehalten um die dramatische Liebesgeschichte noch instensiver zu machen, doch wie gesagt
funktioniert das nicht, da die Charaktere uns nicht wirklich einbinden können.
Mit den Charakteren ist das dann eben so die Sache. Sie wirken wahrlich poetisch, denn viele ihrer Beweggründe und
Taten sind nicht immer nachzuvollziehen. Es ist wie als wenn man ein Werk Schillers liest und am liebsten den
Hauptprotagonisten beiseite nehmen will um ihm zu sagen, dass es auch einfacher und weniger radikal geht. Doch
"House of Flying Daggers" ist eben Poesie und so sind die Protagonisten eben auch hin- und hergerissen zwischen ihrer
Loyalität, ihrem Pflichtbewusstsein und der Liebe auf der anderen Seite.
Tatsächlich gibt es auch gar nichts an der Darstellung der Charaktere auszusetzen. Takeshi Kaneshiro ("Perhaps Love")
spielt den Playboy, der nach und nach ernste Gefühle für Mei entwickelt sehr überzeugend und besonders Andy Lau
("Infernal Affairs") kann seinem Charakter etwas Undurchschaubares und später sogar Tragisches geben. Sie alle können
aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Charaktere die meiste Zeit über unwahrscheinlich flach bleiben.
Zhang Ziyi ("Memoirs of a Geisha") ist zwar sicherlich eine gute Schauspielerin, doch irgendwie landet sie immer bei
ähnlichen Rollen. Meis ewiges Hin und Her bzgl. für wen ihrer Geliebten sie sich nun letztendlich entscheiden soll
wird auch irgendwann nervend. Immerhin kann Ziyi aber eine sehr gelungene Darstellung als Blinde darbringen.
In den Kampfsequenzen können dann allerdings alle aufdrehen. Dass Takeshi Kaneshiro und Zhang Ziyi durchaus was leisten
können, wissen wir ja schon länger, aber sogar Andy Lau macht hier eine gute Figur! Wenn auch nicht ohne die Hilfe von
Special Effects. Allerdings hat man auf die übertriebene Verwendung von Drahtseilen verzichtet, so dass die Kämpfe die
meiste Zeit auf dem Boden stattfinden. Dennoch sind diese sehr schön anzusehen und bieten auch ein wenig Akrobatik.
Interessant ist auch, dass es hier ein wenig brutaler zur Sache geht. Es fließt zwar nicht übertrieben viel Blut,
aber man hat eben auch nicht darauf verzichtet vieles realistisch darzustellen.
Eine gute Wahl war es außerdem den letzten Kampf etwas brutaler, aggressiver und emotionaler zu machen. Auf diese
Weise kommen die Gefühle besser rüber und dass der Kampf vom Herbst bis in den Winter hinein andauert gibt dem
ganzen auch noch etwas episch-poetisches.
Dann wäre da das Ende. Für viele mag es enttäuschend sein, dass der eigentliche Kampf zwischen der Regierung und den
"Flying Daggers" nur angedeutet wird, aber der Film konzentriert sich eben auch hauptsächlich nur auf die
Liebesgeschichte. Eine Story voller Loyalität, Liebe, aber auch Verrat. Der Originaltitel des Films "Shi mian mai
fu" bedeutet dann eben auch "Verrat von allen Seiten" (oder wortwörtlich "Verrat/Hinterhalt von zehn Seiten") und so
ist es nicht
wirklich verwunderlich, dass es hier gegen Ende einige Twists und Enthüllungen gibt. Das alles ändert aber nichts daran,
dass die Story leider viel zu vorhersehbar ist und nach einem für Wuxia-Dramen viel zu typischen Schema gestrickt ist.
Das Ende beherbergt dann außerdem noch einen emotionalen Overkill, als einer der vermeintlich toten Protagonisten
schon zum mindestens 3 Mal die Augen öffnet um seine letzten Worte loszuwerden. Die Szenen sind nicht wirklich so
mitnehmend, wie es wohl gedacht war, auch wenn einem am Ende eben doch ein Schauer den Rücken runterläuft. Tränen wird
man aber keine vergießen...
Lassen wir einmal außen vor, dass das westliche Publikum immer noch nicht bereit für solche Filme zu sein scheint. Ich
erinnere mich noch wie an den unpassendsten Stellen im Kino gelacht wurde. Und das alles nur wegen der zu großen
Kluft zwischen unseren Kulturen? Nein, es ist eher so, dass die meisten Zuschauer immer noch nicht verstehen wollen, dass
es sich bei diesen Filmen um Fantasy handelt. Wenn der Prinz Schneewittchen wachküsst, dann ist das eben ein Märchen und
wenn Superman in einem rot-blauen Strampelanzug aus der Telefonzelle springt, dann ist das ein Comic. Wenn sich zwei
Chinesen aber über eine ganze Jahreszeit hinweg bekämpfen, dann scheint das keine Poesie in Bildern, sondern nur
befremdlich? Warum? Viele Westler scheinen wohl heutzutage immer noch vom Krach-Bumm-Hollywood-Effektkino verblendet...
Schlussendlich ist "House of Flying Dagger" ein sehr empfehlenswerter Film, der mit wunderschönen Bildern, tollen
Visual Effects und einem grandiosem Soundtrack von Shigeru Umebayashi begeistern kann. Leider kann der Inhalt aber nicht
immer mithalten. Die Liebesgeschichte ist fast etwas zu abgedroschen, die Charaktere zu dünn gezeichnet und das Ende
mag für einige etwas unerwartet kommen. Außerdem trüben einige Längen das eigentlich recht positive Gesamtbild.
Wer mit den Schwächen des Films leben kann wird ein in beeindruckenden Bildern erzähltes Wuxia-Drama zu sehen
bekommen, das uns hoffen lässt, dass Zhang Yimou mit seinem nächstem Werk wieder etwas mehr storylastigeres liefern
wird.