Story: Hana (Anne Suzuki) und Alice (Yu Aoi) sind die besten Freunde. Sie gehen ihrem gemeinsamen Hobby des
Ballet-Tanzens nach und finden Gefallen am Zugfahren. Eines Tages auf dem Weg zur Schule sehen sie den jungen und
immer in ein Buch vertieften Masashi Miyamoto (Tomohiro Kaku). Hana findet ihn äußerst sympathisch und so versucht sie
einige Monate später dem gleichen Schauspiel-Club, in dem auch er Mitglied ist beizutreten. Als sie ihm dann eines
Tages auf seinem Heimweg
heimlich folgt, sieht sie wie er sich den Kopf stößt und auf den Boden geht. Seine anfängliche Verwirrung nutzt Hana aus
und erzählt ihm, dass er unter Amnesie leide und sie seine Freundin sei.
Masashi kann sich eigentlich an alles erinnern, nur an Hana nicht und so verbringt er mit ihr mehr Zeit um sie besser
kennenzulernen und seine Erinnerung wiederzufinden. Doch seine angebliche Liebe zu ihr kann er nicht wiederfinden.
Schließlich wird alles noch komplizierter als Hana wegen einiger unglücklicher Umstände ihre Freundin Alice darum bitten
muss vorzugeben Myamotos frühere Freundin gewesen zu sein. Hana und Alice können sich wegen ihrer Lügengeschichte nicht
mehr so häufig sehen und als Masashi Alice aufsucht um mehr über seine Vergangenheit zu erfahren scheint er sich überdies
noch in das Mädchen zu verlieben.
Kann die Freundschaft der beiden Mädchen trotz des Liebesdreiecks bestehen bleiben?
Kritik: Shunji Iwai ist ohne Zweifel einer der herausragendsten japanischen Regisseure der heutigen Zeit. Seine
Filme versprühen eine einzigartige Magie, bauen eine fesselnde und verträumte Atmosphäre auf und überzeugen durch
eine wundervoll außergewöhnliche Kinematografie. "Hana und Alice" ist sein bisher letzter Film und auch dieser kann
die Qualität seiner vorangegangenen Werke halten. Nicht so tiefsinnig wie "All about Lily Chou-chou" oder so unterhaltsam
wie "Love Letter" kann der Film einen dennoch auf amüsante Art in die Welt zweier Freundinnen entführen, die auf dem
Weg zum Erwachsenwerden wandern und dabei ihre ersten Liebeserfahrungen sammeln. Dabei steht die Dreiecksbeziehung eben
keineswegs im Vordergrund und so balanciert der Film die meiste Zeit zwischen leichter Comedy und Drama ohne sich in
den üblichen Klischees zu verlieren.
Hana und Alice sind auf den ersten Blick zwei einfache Mädchen, doch nach und nach werden wir in ihr Innerstes und ihre
Lebensumstände eingeführt. Ihre Charaktere werden erstaunlich vielschichtig und später scheint nur noch sehr wenig von
ihrer anfänglichen Kindlichkeit durch. Anders als kindisch kann man ihre kleinen Spiele wohl nicht bezeichnen, doch
gerade diese machen den Film eben oftmals so amüsant und stehen im Kontrast zu ihrem Erwachsenwerden.
Die Story von Shunji Iwai ist ziemlich gelungen, auch wenn sie manchmal den Fokus verliert. Aber bei Iwai kann man sich
eben auch oft nie sicher sein, ob er wirklich einen Schwerpunkt auf einen der Aspekte seines Films legen wollte.
Augenscheinlich steht die Liebesgeschichte mit Myamoto im Vordergrund. Was ist Liebe? Kann sich Liebe forcieren lassen?
Wird die Dreiecksgeschichte einen Keil zwischen die zwei Freundinnen treiben? All diese Fragen beschreiben den Dramaanteil
des Films wohl am besten, allerdings wird irgendwann klar, dass es sich hierbei gar nicht um die Essenz des Films
handelt. Myamoto ist nur ein weiterer Pflasterstein auf dem Weg der beiden Mädchen zum Erwachsenwerden und auch wenn
die zwei Freundinnen unzertrennlich scheinen, so müssen sie diesen Weg doch beide für sich selbst beschreiten.
Hana wird von Anne Suzuki gespielt, die sich schon in "Returner" oder "Initial D" einen Namen gemacht hat. Sie und ihre
Beziehung zu Myamoto sind zwar ganz interessant, doch Myamoto selbst bleibt einfach zu flach. Darsteller Tomohiro Kaku
darf die meiste Zeit nur stoisch und verwirrt dreinblicken und irgendwie kommt die Liebesbeziehung so niemals wirklich
in Fahrt. Das liegt wohl aber auch daran, dass Myamoto eben keine Gefühle für Hana hegt. Die Szenen mit Alice wirken
nämlich wärmer und leicht emotionaler, so dass man hier das Gefühl hat fast schon eine richtige Romanze zu sehen. Die
Liebe Hanas ist nämlich nur einseitig und so fehlt ihr die Seele. Die Veränderungen diesbezüglich gegen Ende sind dann
allerdings etwas verwirrend. Alice gibt ihre Liebe auf, scheint aber nicht wirklich am Boden zerstört darüber zu sein
und Hana kann so langsam Myamotos Gefühle wecken. Bleibt die Frage, ob das wirklich so ist und ob die Charaktere nicht
eigentlich ganz anders empfinden. Das muss jeder Zuschauer für sich selbst entscheiden, denn Shunji Iwai hakt das Thema
etwas plötzlich ab, verlagert seinen Schwerpunkt wieder auf die wichtigere Beziehung zwischen den beiden Mädchen und lässt
uns bzgl. der Liebesromanze in der Luft hängen.
Neben Anne Suzuki, die mit ihrer leicht rohen Art eindeutig die selbstsicherere der beiden Freundinnen darstellt, kann
aber auch Yu Aoi überzeugen. Ihr Charakter scheint etwas vielschichtiger zu sein, auch wenn wir sie erst ein wenig
später besser kennenlernen. Der Hauptgrund, dass ihre Person interessanter ist als die von Hana, ist dass wir einfach
mehr von ihren Lebensumständen zu sehen bekommen. Da ist der sehr schöne Einschub mit ihrem Vater, der sie wohl sehr
selten besucht, da er von ihrer Mutter geschieden ist. Auch wenn es zwischen den beiden kleinere Spannungen gibt, so
ist dennoch am Ende ganz klar, dass sich die beiden lieben, selbst wenn sie das nicht in ihrer Sprache zum Ausdruck
bringen können und sich dafür des Chinesischen bedienen müssen, das Alice interessanterweise nicht beherrscht.
Dennoch schafft sie es die auf- und absteigenden Töne, die unsereins mühsam erlernen muss intuitiv richtig
auszusprechen...
Außerdem hat Alice noch eine kleine Geschichte mit ihrer Mutter, die verzweifelt einen neuen Freund sucht und ihre
Tochter bei Besuch immer aus dem Haus schickt. Des Weiteren wird Alice im Laufe des Films von einer Talentagentur
entdeckt, aber das Mädchen muss schnell erkennen, dass sie weder Schauspieltalent noch die Selbstsicherheit besitzt,
die erforderlich für einen Job sind. Das ändert sich jedoch, als sie in einer kleinen magischen Szene ihrem Wesen
durch einen kleinen Ballettanz Ausdruck verleiht, der mit Sicherheit einer der Highlights des Films ist.
Hanas Lebensumstände bleiben jedoch rätselhaft. Außer von ihrem Haus, das voller Blumen ist und einem kurzen amüsanten
Blick auf ihre Mutter erfahren wir nicht viel über das Mädchen. Gegen Ende erfahren wir aber, dass Alice sie zum
Ballet gebracht hat und ihr geholfen hat sich aus ihrem Schneckenhaus zu befreien und der Mensch zu werden, der sie nun
ist.
Am Ende werden viele Probleme und interessante Geschichten, z.B. die der Mutter oder des Vaters von Alice nur
angeschnitten, was für manche frustrierend sein wird. Doch hier zeigt sich wieder einmal Iwais Handschrift: Er gibt
Einblick in das Leben seiner Charaktere und auch wenn um diese herum viele verschiedene Dinge passieren, so sollen diese
doch nur zur Authentizität des Werks beitragen und keinesfalls abgehandelt oder gar die Probleme gelöst werden.
Shunji Iwai bleibt seinem Stil wieder einmal treu und verzaubert mit warmen und verträumten Bildern, die hauptsächlich
dank des starken Gebrauchs von einfallendem Sonnenlicht erschaffen werden. Die Kamerabewegungen erinnern manchmal
an den Gebrauch einer Handkamera, was mir immer noch nicht wirklich gefallen will und die Musik von Shunji Iwai passt
sich nahtlos ins Geschehen auch wenn einige Klavierstücke etwas zu komplex wirken um als Hintergrundmusik durchgehen
zu gehen. Klassikmusik kann man schließlich auch nicht passiv hören, sondern muss sich aktiv mit ihr einlassen.
Deshalb wirken ein paar wenige der Stücke hier etwas unpassend.
Mit seiner Laufzeit von 135 Minuten scheint "Hana and Alice" sehr lang, doch von einem größeren Hänger in der Mitte
abgesehen ist der Film glücklicherweise äußerst unterhaltsam und bietet eben auch schönen subtilen Humor. Wie bei Iwai
üblich liegen die Stärken aber wieder bei der warmen Atmosphäre, so dass der Film trotz einiger emotionaler Szene nicht
wirklich ein Drama ist. Einfach ein Film über die Freundschaft zweier Mädchen und ihren Weg zum Erwachsenwerden.
Am Schluss wird man zufrieden in den Abspann entlassen, obwohl man nicht wirklich
weiß wieso, denn ohne Fehler ist "Hana and Alice" eben nicht. Aber irgendetwas an Iwais Filmen berührt einen immer
wieder - wie ein warmer Sonnenstrahl, den man auf seinem Gesicht spürt...