Gentleman

Story: Ji Hyeon-soo (Ju Ji-hoon) ist Privatdetektiv und nimmt einen simplen Auftrag an, bei dem er eine Klientin zu ihrem Ex-Mann begleitet, um ihren Hund abzuholen. Er wartet vor dem Haus und als sie nicht wieder rauskommt, schaut er nach, was passiert ist, wird dabei aber von einem Unbekannten niedergeschlagen. Direkt darauf wacht er mit einem Messer neben sich auf, das er verwirrt anfasst. Er flieht und wird von einem Staatsanwalt festgenommen, der von jemandem einen Insider-Tipp bekommen hat. Auf der Fahrt zum Revier kommt es jedoch zu einem Unfall und Hyeon-soo wacht im Krankenhaus auf. Der Staatsanwalt ist schwer verletzt und wird erst in frühestens einer Woche wieder die Augen öffnen. Hyeon-soo wurde derweil wegen seines Anzugs und des halb verbrannten Ausweises fälschlicherweise für den Staatsanwalt gehalten. Er klärt das Missverständnis nicht auf und erfährt von der Polizei, dass man ein Messer gefunden hat, das man auf Fingerabdrücke untersuchen will. Mit seiner neuen Identität als Staatsanwalt hat Hyeon-soo nicht viel Zeit, zu beweisen, dass er unschuldig ist. Er will die verschwundene Frau so schnell wie möglich finden, da sie als einzige das Rätsel lösen kann, was passiert ist, und ihn zudem von jedweder Schuld freisprechen kann. Er findet heraus, dass der Fall irgendwie mit dem hoch angesehenen Staatsanwalt Kwon Do-hoon (Park Sung-woong) zusammenhängt. Wenn es um korrupte Anwälte geht, denen es auf die Schliche zu kommen gilt, ist die ehrgeizige Staatsanwältin Kim Hwa-jin (Choi Sung-eun) nie weit entfernt. Hyeon-soo beschließt, mit ihr und seinem Team aus Privatdetektiven Kwon das Handwerk zu legen.

Kritik: "Gentleman" erweckt vermutlich wegen seines Titels, aber auch der Vermarktung, Erinnerungen an einen Heist-Movie, bei dem die Umsetzung eines Plans während der Erklärung gezeigt wird, obwohl bei der tatsächlichen Durchführung selbstverständlich irgendetwas schiefgehen muss. Leichte unbedeutende Unterhaltung also, die einem wegen ihrer Vorhersehbarkeit aber manchmal auch nur ein Gähnen entlocken kann. Ich war daher überrascht, dass der Ton von "Gentleman" zumindest anfangs gar nicht in diese Richtung geht. Die Stimmung ist nicht überdreht, zuweilen kann der Streifen vor allem wegen seiner Verbrechen überraschend düster wirken, dennoch gibt es unaufdringlichen Humor, der alles stets auflockert. Darüber hinaus sind die darstellerischen Leistungen erstaunlich gut. Während letzteres durchgängig so bleibt, macht der Film in der zweiten Hälfte jedoch wieder ein paar der bekannten Fehler bzw. bedient kleine Klischees. Das große Problem ist aber das wenig glaubwürdige Drehbuch.

Mehr als die erste Hälfte des Films wird in einer Rückblende erzählt, nachdem bereits aufgeflogen ist, dass Hyun-soo die Identität des Staatsanwalts angenommen hat. Das soll die Spannung erhöhen, da man als Zuschauer zunächst nicht weiß, was sich der Protagonist hat zu Schulden kommen lassen. Interessant ist das aber nicht wirklich, es verkompliziert nur unnötig den Aufbau der Geschichte. Immerhin bekommen wir so aber zwei unterschiedliche Verhältnisse zur Anwältin präsentiert. Die Dynamik zwischen den Charakteren ist das eigentliche Highlight des Films und so hat dieser narrative Aufbau immerhin in dieser Hinsicht einen Mehrwert. Je weiter der Film voranschreitet, desto deutlicher wird allerdings, dass die Geschichte keinen Fokus hat und wild verschiedene Elemente durcheinandergemischt werden. Dass der Film nicht sonderlich komplex ist, lässt sich auch daran erkennen, dass man dennoch nie den Überblick über das Geschehen verliert. Es zeigt ebenso, wie unbedeutend die verschiedenen Wendungen sind.

Und Wendungen gibt es wirklich zur Genüge. Das riesige Problem ist dabei, dass die Entscheidungen nie ernsthaft durch die Charaktere selbst motiviert scheinen. Dinge passieren einfach, und dass man uns immer wieder an der Nase herumführt, ist auch etwas, womit wir bereits rechnen. Wenn es uns jedoch völlig kalt lässt, weil die Charaktere augenscheinlich einen Zick-Zack-Kurs fahren (ganz nach dem Motto "nein - oder doch? - mit Sicherheit nicht - reingelegt!") kommt man sich wie im Kindergarten vor. Die vielen Offenbarungen und neuen Erkenntnisse über die Charaktere, allen voran über Hyeon-soo, entfremden uns vielmehr von den Personen, für die wir eigentlich langsam Sympathien entwickelt hatten. Das geht sogar so weit, dass man fast kein Interesse mehr am Film hat. Hauptdarsteller Ju Ji-hoon ("Asura - The City of Madness") schafft es glücklicherweise aber, seinem Charakter einige Facetten und vor allem das nötige Charisma zu verleihen.

Positiv überrascht war ich von Choi Sung-eun ("Annarasumanara"), die nicht einfach nur eine taffe Staatsanwältin spielt, sondern jemanden, den der eigene Erfolg trunken gemacht hat. Sie hält sich für besser als alle anderen. Das mag ihr vielleicht nicht außerordentlich viel Sympathie einbringen, aber es macht sie zu einem dreidimensionalen Charakter. Park Sung-woong ("A Violent Prosecutor") spielt leider einmal mehr den typischen glattgebügelten Bösewicht, aber auch er hat mit der Anwältin ein Gespräch, dass qualitativ über dem Rest des Films liegt. "Gentleman" hat ein paar gut geschriebene Szenen, die zu einem kohärenten Ganzen zusammengefügt sicherlich einen ziemlich interessanten Thriller ergeben hätten. Leider besteht der Film speziell gegen Ende zu viel aus Versatzstücken, die er nicht gebraucht hätte. Mit etwas mehr als zwei Stunden hätte es dem Werk unzweifelhaft gutgetan, wäre er etwas gestutzt worden.

Zum Ende hin verliert "Gentleman" zudem an Fahrt. Die Wendungen und auch die Auflösung kommen irgendwie aus dem Nichts und werden von uns daher einfach nur mit einem Schulterzucken hingenommen. Da wünscht man sich wieder an den Anfang des Streifens, als Hyeon-soo mit einem kleinen Hündchen (das oft genug die Schau stiehlt, ohne im Vordergrund zu stehen), auch eher planlos Ermittlungsarbeit leistete. Frustrierend sind vor allem die vielen Szenen, bei denen man sich fragen muss, ob man sie nicht auch in einer anderen Reihenfolge hätte zusammenschneiden können, ohne dass dadurch irgendetwas weniger verständlich geworden wäre. Immer mal wieder schafft es Regisseur Kim Kyeong-won, Szenen durch den Einsatz eines ungewöhnlichen Soundtracks einen besonderen Stil zu verleihen. Aber auch hier handelt es sich lediglich um Hit-and-Miss-Versuche. Letzten Endes hätte aus "Gentleman" ein guter Thriller mit sympathischen Charakteren werden können, aber die unzusammenhängende bzw. unglaubwürdige Geschichte lässt nur Raum für Mittelmaß.

(Autor: Manfred Selzer)

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