Story: Loks (Simon Yam) zweijährige Amtszeit als Triadenführer der Wo-Sing nähert sich dem Ende. Nun heißt es
einen neuen Amtsinhaber zu finden. Für den Posten lässt sich auch Kun (Lam Ka-Tung) aufstellen, der von allen die
besten Karten zu haben scheint. Das aber auch nur, weil Jimmy (Louis Koo) nicht ins Rennen geht, denn er wäre von
allen, einschließlich von Uncle Teng (Wang Tian-lin), die erste Wahl. Jimmy will aber lieber Geschäftsmann bleiben und
seinen Einfluss in der professionellen Raubkopierszene verbessern. Seine Meinung ändert sich jedoch als er in China an
Inspektor Xi (You Yong) gerät, der Geschäfte mit Triaden eingeht, aber nicht bereit ist mit Jimmy zu verhandeln, da
er keine hohe Position innehat. Da Jimmy sich aber in den riesigen Markt Chinas einkaufen will um noch mehr Geld zu
machen und seiner Familie die bestmögliche finanzielle Sicherheit bieten zu können, tritt er nun doch zur Wahl des
neuen Wo-Sing-Führers an.
Lok gefällt das alles gar nicht und er beschließt nun doch nicht seine rechte Hand Jet (Nick Cheung) in der Wahl
zu unterstützen, sondern selbst erneut anzutreten auch wenn das gegen die Traditionen verstößt. Zwischen Lok und
Jimmy kommt es zu einem ausgeklügelten Schachspiel. Beide Kontrahenten sind dabei bereit sich ihre Hände schmutzig zu
machen, doch nur einer wird dieses Spiel überleben...
Kritik: "Election" ist einer dieser Filme gewesen, bei denen eine Fortsetzung wirklich nicht nötig erschien.
Der Film hatte zwar Stil, doch sein langsames, beinahe einschläferndes Erzähltempo sowie der Umstand, dass man sich
wegen der nihilistischen Welt nicht mit auch nur einem der Charaktere identifizieren konnte, machte Johnnie Tos Werk
unwahrscheinlich unnahbar, kühl und frustrierend. In kürzester Zeit setzt To allerdings nach und präsentiert uns
eine Fortsetzung, die nicht nur Sinn macht, sondern seinen Vorgänger qualitativ schlagen kann!
Diesmal konzentriert sich der Film auf die jüngere Generation in den Triaden, Lok tritt stark in den Hintergrund und
wir sehen endlich etwas mehr von den Personen, die uns auch im ersten Teil schon interessiert haben. Dabei bleibt sich
der Regisseur aber vollkommen seinem düsteren, bedrückendem und cinematographisch eindrucksvollem Stil treu.
"Election 2" ist ein Thriller, der von seiner dichten Atmosphäre und seiner durchdachten Geschichte lebt. Oftmals
sitzen die Protagonsten nur herum oder unterhalten sich und dennoch kann dies tatsächlich äußerst spannend sein.
Diesmal glücklicherweise sogar noch mehr als im Vorgänger, so dass viele der langatmigen Szenen durchaus nicht
störend sind, denn man rechnet jede Sekunde damit, dass die Hölle losbrechen wird. Natürlich macht es sich der Film
nicht ganz so leicht, aber im Verlauf der Story gibt es tatsächlich einige gute Twists und vor allen Szenen, die in
ihrer Brutalität ihresgleichen suchen. Diese unwahrscheinlich blutigen Momente rütteln uns nicht nur wieder wach,
sondern zeigen uns wie sehr die Protagonisten an gewisse krasse Spielregeln gebunden sind um diese köpfchenlastige
Schlacht zu gewinnen. Gerade Jimmy, der eigentlich mit seiner Paten-Stellung nur mehr Geld verdienen will um
seine Familie gut versorgt zu wissen, wird in diesen Strudel der Gewalt gezogen. Wirklich sympathisieren können wir
deshalb aber nicht mit ihm, da er sich bewusst in diesen Sumpf begibt, aber irgendwie ist er uns selbst am Schluss doch
näher als es Lok je sein konnte. Dieser hat schon im letzten Teil alle seine Sympathiepunkte verloren als er sich gegen Ende
als der Rücksichtsloseste von allen herausstellte.
Vielleich ist dies auch einer der Gründe warum Teil 2 besser funktioniert als sein Vorgänger. Jimmy stellt eine neue
Generation dar, ihm geht es nur ums Geld und die Traditionen sind ihm nicht wirklich wichtig. Er akzeptiert und ehrt
sie, aber eigentlich geht es ihm nur ums Materielle. Er ist ein Geschäftsmann und gibt dies offen zu, was ihn uns näher
bringt als Lok, denn auch dieser war im Endeffekt genau das, verschleierte es jedoch immer gekonnt hinter einer Maske
des ehrenhaften und traditionsbewussten Patenanwärters mit Moralvorstellungen.
Louis Koo steht am Ehesten im Zentrum der Geschichte und seine schauspielerische Leistung, wenn auch von einer
gewissen Distanziertheit geprägt, ist sehr gut, so dass wir mit einer kranken Art von Interesse mitverfolgen zu was
für einem Monster er schließlich wird. Schlussendlich, und so soll es sich auch später nochmal bestätigen, geht es ihm
bei all dem aber nur um seine Frau und zukünftigen Kinder. Außerdem gibt es eine sehr interessante Szene zwischen ihm
und Nick Cheung, der leider wieder viel zu wenig zu tun bekommt. Jet war beauftragt worden Jimmy umzubringen, doch es
läuft nicht alles so wie es geplant war. Am Ende kommt alles dann doch etwas anders, als wir es uns gedacht haben und
man muss sich fragen, ob die jüngere Generation der Triaden vielleicht noch ein wenig mehr Überbleibsel von dem hat, das
man Gewissen oder auch Freundschaft nennt...
Viele bekannte Gesichter kehren auf den Bildschirm zurück, doch die meisten von ihnen haben nur einen äußerst
kurzen Auftritt. Das schließt auch Simon Yam mit ein, der deshalb ein wenig flach wirkt und dessen Nebengeschichte mit
seinem Sohn, der sich in eine Jungengang kaufen will, nicht wirklich voll zum Tragen kommen kann. Man kann sich zwar
denken, wo Johnnie To mit diesem Einschub hin wollte, aber etwas besser ausgearbeitet hätte das Ganze besser
funktioniert.
Tos Werk besticht aber hauptsächlich durch seine düsteren und beklemmenden Bildkompositionen. Seine großartige
Ausleuchtung der Szenen, die fast schon zu einem Markenzeichen von ihm geworden ist, zeichnen ein scharfes und
gewalttätiges Bild Hong Kongs, in dessen Unterwelt nur der am meisten gewitzte und rücksichtsloseste eine Chance
auf Erfolg hat. Kein Wunder also, dass es wie schon erwähnt diesmal eindeutig härter zur Sache geht. Vorbei sind die
Zeiten als man noch Tötungsaufträge per Kopfschuss oder dem Durchschneiden der Kehle erledigte. Hier werden
Verräter lebendig und gefesselt ins Wasser geworfen oder vor den Augen anderer totgeprügelt. Das alles wirkt irgendwie
fast schon brutaler als nötig gewesen wäre, doch richtig hart wird es erst als Jimmy einen aus Loks Gang zerstückelt,
zerheckselt und an seine Schäferhunde verfüttert, während die anderen aus Loks Gang dabei zusehen müssen. Ich kann
mich nicht mehr erinnern wann ich das letzte Mal eine solch harte Szene gesehen habe. Blumenkinder sollten als am
besten einen großen Bogen um den Film machen.
Johnnie To ist ein Meister des subtilen Thrills. Oftmals lässt er seine Protagonisten an Tischen sitzen und nur
Blicke alleine zwischen den verschiedenen anwesenden Parteien können eine so angespannte Atmosphäre schaffen, das sie
immer kurz vor dem Explodieren scheint. Auch hier lassen sich wieder einige solcher Szenen finden, was den Film im
Gesamten unterhaltsamer macht als den Vorgänger. Gleichzeitig kann man, wenn man es denn muss, den Film auch unter
politischen Gesichtspunkten betrachten. Der korrupte chinesische Polizist sei nur eines der vielen Beispiele. Sicher
ist jedoch, dass To gekonnt das Bild erweitert, das er von der "Schwarzen Gesellschaft", wie die Triaden im
chinesischen heißen, gezeichnet hat. Sein Ende ist diesmal weniger schockierend, ist aber sehr ausgeklügelt und hat
in allem viel weitreichendere Konsequenzen als das Finale im ersten Teil. Jimmy wird fast zu einem dramatischen
Charakter mit dem man, aus Mangel an anderen Charakteren, fast schon Mitleid empfinden kann. Der Weg für einen
eventuellen dritten Teil ist jedenfalls geebnet und diesmal kann man einem Nachfolger sogar mit Freude entgegensehen.
Johnnie To ist im Alleingang dafür verantwortlich dass das anspruchsvolle Hong Kong Kino am Leben erhalten wird.
Zumindest muss es einem in letzter Zeit so vorkommen. Wer kann es ihm da verübeln, dass "Election 2" viele der
Fehler aufweist, die schon sein erster Teil hatte. Seine Milieu-Studie ist unbarmherzig und frei von jeglichen
Helden (oder Anti-Helden) mit denen man mitfiebern könnte. Dafür ist sein Film diesmal jedoch übersichtlicher und
stimmiger strukturiert, bietet mehr subtilen Thrill und ist brutaler, was hier in der Tat sehr zum Qualitätsgehalt des
Films beiträgt. Natürlich ist "Election 2" auch diesmal wieder vollgepackt mit großartigen Darstellern und bietet
eine intelligente Story. Sein Film ist viel zugänglicher als der Vorgänger und kann wirklich positiv überraschen
und fesseln.
Dennoch, wer schon den ersten Teil für einfach nur schlecht hielt, wird auch hier nicht auf
seine Kosten kommen. Aber mittlerweile ist man sowieso entweder ein To-Fan, oder...eben keiner.