Story: Die Wo Sing Triaden Hong Kongs müssen einen neuen Vorsitzenden wählen. Im Gespräch sind der etwas
unüberlegte, harsche und temperamentvolle Big D (Tony Leung Ka-Fai) und der ruhige, kühl überlegende Lok (Simon Yam).
Big D versucht durch Bestechung die Stimmen der "Elder" für sich zu gewinnen, doch Uncle Teng (Wong Tin-Lam)
überzeugt die Gemeinschaft, dass die Wahl gut überlegt sein muss und Lok der bessere Vorsitzende sei.
Lok ist zum neuen Vorsitzenden gewählt worden, allerdings verlangt es die Tradition, dass dieser bevor er sein Amt
antritt einen antiken Drachenstab in den Händen halten muss, der von Chef zu Chef der Wo Sing Gemeinschaft
weitergereicht wurde. Big D ist mit der Wahl jedoch keinesfalls einverstanden und versucht sich gegen die
Entscheidung der Gesellschaft zu stellen. Er versucht nun seinerseits den Drachenstab in seine Hände zu
bekommen um Druck auf die Wo Sing ausüben zu können.
Die internen Machtstreitigkeiten drohen zu eskalieren und als auch noch die Polizei angeführt von Hui (David Chiang)
einschreitet, ist das Chaos perfekt.
Kritik: Johnnie To schafft mit seinem neuesten Film sicherlich kein Meisterwerk. Trotzdem ist "Election" ein
schöner Versuch, die Welt der Triaden (wieder einmal) etwas genauer zu beleuchten. To hat diesbezüglich auch recht
guten Erfolg, nur leider versagt er auf der unterhaltungstechnischen Ebene. Sein Film hat ein zu langsames Tempo, er
ist nicht wirklich spannend und liefert eigentlich auch nichts Neues.
Wer hier mit Actionszenen in bester To-Manier rechnet wird ebenfalls enttäuscht werden. "Election" ist ein ruhiges
Drama, das allerdings unbestreitbar auch ein wenig Thrill bietet. Nur leider verliert der Zuschauer wegen
des allzu wirren Scripts immer wieder das Interesse an der Story und den einzelnen Figuren. Dabei ist die
Geschichte eigentlich recht simpel, nur wird sie durch zu viele Nebencharaktere und -handlungen unnötig
verkompliziert.
Zweifellos ist Tos Werk darum bemüht, die Funktionsweise und das Radwerk einer Triadenorganisation so realistisch wie
möglich darzustellen. Da geht es um Ehre und Bruderschaft, eben all jene Begriffe, die eine solche Organisation
hochhält. Ohne gewisse Regeln würde eine solche Gesellschaft nicht lange bestehen können. Wer sich gegen die
Gemeinschaft auflehnt, der sollte immer einen Ass im Ärmel haben, sonst landet man schneller im Grab als man
schauen kann.
Lok ist genau der richtige Mann für die Wo Sing, denn er ist ruhig und überlegt. Der etwas überdrehte und dreiste
Big D will seine Nicht-wahl aber nicht akzeptieren und so stellt er sich gegen die Organisation. Zum Glück kommt es
aber zu keinem billigen Krieg, sondern die Thematik wird subtiler angegangen. Hier verhandelt der eine Boss mit dem
anderen, Anwälte werden dazugezogen und auch die Polizei hat ein Wörtchen mitzureden. Das alles hat aber zur Folge, dass
dem ganzen irgendwie die Luft ausgeht. Es wird mit Dutzenden Namen um sich geworfen, man fragt sich welche Rolle
denn die Person, die man gerade im Bild sieht eigentlich hat, und wenn man es herausgefunden hat, werden gleich wieder
zwei neue Charaktere eingeworfen. Es wird mit der Zeit einfach sehr mühselig bei den ganzen Charakteren immer den
Überblick zu bewahren.
Ungewollt komisch ist auch, dass die eine Hand nicht zu wissen scheint was die andere macht. Kun schlägt gerade noch
den äußerst treuen Big Head zusammen, überzeugend dargestellt von Lam Suet, als er einen Anruf bekommt und er
herausfindet, dass er ja eigentlich auf der gleichen Seite zu stehen scheint wie sein Opfer. Gut zu wissen, dass
nicht nur der Zuschauer nicht weiß, wer jetzt im Auftrag von wem unterwegs ist um den Drachenstab zu holen, sondern
auch die Triaden selbst nicht.
Überhaupt scheint diese ganze Jagd nach dem Stab etwas sinnlos. Schlussendlich stellt sich sowieso heraus, dass
die meisten eigentlich absolut unnötig gegeneinander gekämpft haben, da sie am Ende eh auf der gleichen Seite stehen.
Die Rolle der Polizei ist sehr klein gehalten. Der ehemalige Shaw-Brothers Star David Chiang versucht den Triaden
immer wieder in die Quere zu kommen, doch eigentlich weiß er, dass er nichts ausrichten kann. Sein einziges Ziel ist es
die Machenschaften der Triaden in einem vernünftigen Rahmen zu halten und immer mal wieder mit erhobenem Zeigefinger
der Organisation zu zeigen, wann sie zu weit gegangen ist. Das ist zwar sehr realistisch gehalten, allerdings gibt es
so auch kein Gut-gegen-Böse Spiel und mit den Bösewichtern kann man sich eben nur sehr schwer identifizieren.
Simon Yam gibt wieder mal eine sehr überzeugende Performance ab. Sein Charakter bleibt immer cool und er besitzt ein
sehr dezentes Charisma, das ihn fast schon sympathisch macht. Das wird allerdings komplett zerstört, als wir
erkennen müssen, dass unter seiner freundlichen Maske eigentlich nur ein kaltblütiger Killer schlummert, der auf
seinen eigenen Profit aus ist. Da er ein alleinerziehender Vater ist, der einen Sohn zu versorgen hat, wäre es schön
gewesen etwas mehr von dieser Seite von ihm zu sehen. Doch wird uns dieser Wunsch nicht gewährt und so bleibt
Loks menschliche Seite ein nahezu leeres Blatt.
Tony Leung Ka-Fai ist der ernste, aber etwas zappelig-charismatische Gangster Big D, der den Gegenspieler
Loks darstellt. Er ist wahrscheinlich der Ehrlichste der gesamten Organisation, denn er macht keinen Hehl daraus, dass
es ihm nur um Macht und Geld geht.
"Election" wirft des Weiteren mit etlichen Nebencharakteren um sich, von denen einige besser ausgearbeitet zu sein
scheinen, als Lok und Big D selbst. Hier sind etliche namhafte Stars vertreten. Neben den schon erwähnten geben sich
außerdem Louis Koo, Nick Cheung, Raymond Wong, Andy On und Wang Tian-lin die Klinke in die Hand.
Johnnie To schafft es zwar eine gelungene "Milieu"-Studie zu fabrizieren, in der er aufdeckt, dass es unter den Triaden
eben doch keine "guten" Menschen gibt, aber er schafft es nicht gleichzeitig den Zuschauer an den Bildschirm zu fesseln.
Dazu sind ja nicht nur Actionszenen in der Lage, aber eben jene vermisst man doch etwas. Interessant ist allerdings,
dass es hier keine einzige Schießerei gibt. Erwähnenswert ist nur die kleine Messerstecherei, in die Nick Cheungs
Charakter verwickelt ist. Jeder Mord ist hier aufs Realistischste dargestellt und so bieten jene auch sehr viel
Brutalität. Es wird stupide mit einem Stein oder einem anderen Schlaggegenstand auf die Opfer eingeschlagen, bis diese
keinen Mucks mehr von sich geben.
Auch ansonsten ist Tos Welt sehr düster-nihilistisch und bietet eben auch die passenden Bilder dazu.
Die Erwartungen an "Election" waren einfach höher und To kann sie nicht erfüllen. Sein Film ist langsam und zu wirr
erzählt. Das Ende kann dagegen nochmal einiges wieder wettmachen, obwohl es passend zum Film eigentlich einen
Anti-Höhepunkt darstellt.
Tos Fazit: Auch wenn es den Triaden oberflächlich um Ehre und Bruderschaft geht, in Wirklichkeit geht es ihnen
nur um Geld und Macht.
Das Fazit zum Film: Ein schöner Versuch die düstere Welt der Triaden einzufangen, nur leider zu umständlich
verpackt und ohne große Spannung.