Story: Ja-young (Shin Eun-kyung) wird mit ihrem Partner Dong-wook (Eric Moon Jeong-hyuk) an einen Tatort gerufen. Schon
bald ist für die restlichen Ermittler klar, dass es sich bei dem Toten um einen Selbstmörder handelt. Nur Ja-young hat
Zweifel daran, denn der Junge ist aus der selben Schule und Klasse wie ein Schüler, der vor wenigen Tagen des Nachts
auf offener Straße ermordet wurde. Bei der Autopsie findet man dann einen Zettel im Magen des Selbstmörders. Auf
diesem steht, wie die Tat begangen wurde. Auch im Magen des ersten Opfers findet man einen solchen Zettel und so ist
klar, dass es sich bei dem Mörder um einen Serientäter handelt.
Ja-young glaubt daran, dass der Täter nach einem Tagebuch tötet, in dem der Junge Jin-mo seine Fantasien niedergeschrieben
hat.
Jin-mo wurde in seiner Klasse von den Mitschülern tyrannisiert und hat schließlich Selbstmord begangen. Doch wer tötet
nun die Schüler nach dem Tagebuch Jin-mos?
Während die Ermittler jedem Hinweis hinterhergehen hat Ja-young mit privaten Problemen zu kämpfen. Ihr Neffe (Lee Yo-seob),
für den sie nach dem Tod ihrer Schwester das Sorgerecht übernommen hat, hört nie auf sie und bleibt oft der Schule fern.
Außerdem trifft Ja-young bei ihren Ermittlungen eine alte Freundin, Yoon-hee (Kim Yoon-jin) wieder und alte Erinnerungen
kommen hoch. Irgendwie scheint dabei alles auf die eine oder andere Art mit dem Fall, den sie bearbeitet zu tun zu
haben.
Kritik: "Diary of June" is ein gelungener Polizei-Thriller, dessen Stimmung zwischen lustig/charmant und
düster/tragisch schwankt. Anfangs glauben wir eine nette Polizeikomödie zu sehen zu bekommen, was vor allem der
charismatischen Darstellung Shin Eun-kyungs zu verdanken ist. Doch nach und nach wird der Film düsterer und ernster.
Schließlich verbaut Regisseur Im Kyung-soo sogar noch eine gut gelungene Geschichte mit moralisch ansprechendem
Unterton. Da verzeiht man dann auch gerne, dass das Script einige Mängel aufweist und der Film eigentlich noch besser
hätte werden können. Doch nichtsdestotrotz erweist sich "Bystanders" (der Alternativtitel) als sehr unterhaltsamer
und packender Thriller.
Der Grund warum "Diary of June" besser funktioniert als er es dürfte ist Shin Eun-kyung ("My Wife is a Gangster") und
ihre jungenhaft-freche Darstellung der Polizistin, die sich Sachen erlaubt, welche man so manchem männlichen Kollegen
sogar übel nehmen würde. Sie versprüht einfach ein unglaubliches Charisma und wirkt trotz ihrer kecken Art abgebrüht wie
man es von einer Polizistin erwartet, die schon einiges gesehen hat.
Ihr zur Seite steht ihr junger Kollege Dong-wook, gespielt von Eric Moon Jeong-hyu, der noch einiges von ihr zu lernen
hat, aber mit seiner selbstbewussten Art eben nicht nur das fünfte Rad am Wagen darstellt. Am liebsten hätte er ja
gerne auch ab und zu ein wenig Freizeit, da er ein offensichtlicher Weiberheld ist, doch seine dezente Macho-Ader und
seine freien Stunden werden von Ja-young, die nur ihre Arbeit kennt, eben zunichte gemacht. Der Buddy-Faktor zwischen
den beiden ist einfach hervorragend und es gibt auch ein paar eher witzige als ernst zu nehmende sexuelle Spannungen
zwischen den zwei, denn bald ist klar, dass die beiden nur gute Freunde sind.
Der Rest der Besetzung ist ebenfalls sehr gut gelungen. So kann z.B. auch Lee So-yeob als Neffe, der gegen seine Tante
rebelliert einen guten Eindruck machen und Shin Eun-kyung gibt das die Gelegenheit ihrem Charakter in den mehr dramatischen
Szenen noch mehr Tiefe zu verleihen, was dem Film im Gesamten sehr gut bekommt. Aber auch die kleineren Rollen, wie z.B.
die der Vorgesetzten bleiben zwar leicht eindimensional, wirken aber dennoch sehr liebenswert.
Dann ist da natürlich auch noch Kim Yoon-jin ("Shiri", "Lost"). Ihr Charakter bleibt zwar lange im Dunkeln, doch
schließlich bekommt auch sie ihre schauspielerischen Momente. Und ja, natürlich kann sie ziemlich gut schauspielern,
von daher kann man es eher als unnütz empfinden, das sie in einer Szene fast endlos in die Kamera weint.
Interessant ist überdies auch, dass der Film nicht darin seinen Reiz hat, dass der Zuschauer rätselt, wer denn nun der
Täter sei, denn das ist relativ schnell klar, sondern warum die Morde begangen werden ist hier das Ausschlaggebende.
Womit wir bei der Story wären, die eigentlich recht gelungen ist. Zu jeder Zeit spannend, gibt es selbst dann noch einen
Twist, als wir dachten schon das gesamte Bild vor uns ausgebreitet zu haben. So muss es bei einem guten Thriller sein.
Nur schade, dass das Drehbuch einige Macken hat. Unsere Protagonisten hängen was die Ermittlungen angeht öfters in der
Luft und stolpern von einem Hinweis zum nächsten. Außerdem reißen einen die privaten Probleme und witzigen Dialoge
manchmal etwas zu sehr aus der Hauptstory heraus. Wenn man dem Film also einen Vorwurf machen muss, dann den, dass er
sich nicht wie ein gelungenes Ganzes anfühlt und dass das Drehbuch unbedingt noch den nötigen letzten Schliff benötigt hätte.
Die Erzählperspektive ist an sich aber eigentlich recht nett, denn obwohl wir die meiste Zeit bei Ja-young verweilen,
so springt die Geschichte doch ab und zu auch zu Yoon-hee, vor allem gegen Ende. Hier gibt es dann auch ein paar
Epiloge und Monologe, die uns nochmal über das aufklären, was wir uns eigentlich dank der Hinweise schon hätten denken
können. Leicht verwirrend können anfangs die immer mal wieder eingeworfenen Rückblenden sein, doch bald ist klar wann
wir uns in welcher Zeitebene befinden und der Erzählstil bereichert den Film schlussendlich sogar.
Technisch ist der Film einwandfrei. Dunkle Außensets, Straßen, die vom kühlen Licht der Laternen erleuchtet werden und
ein ewiger Wasserfall aus niederprasselndem Regen sorgen für die nötige Atmosphäre. "Diary of June" ist düster, wenn
er düster sein sollte, doch wie gesagt bietet er auch sehr guten Humor. Da wäre z.B. die Szene mit einem tiefgefrorenem
Tintenfisch und einem Bügeleisen oder die Reiberen zwischen Ja-young und ihrem Vorgesetztem, die einfach Spaß machen.
Außerdem stimmt die Chemie zwischen den Charakteren einfach zu jeder Zeit.
Leider ist der Film aber wie gesagt nicht perfekt. Was genau das Problem ist, ist schwierig zu sagen. Es fühlt sich
einfach so an, als wenn der Film manchmal zu sprunghaft wäre. Es gibt einige Lücken in der Erzählstruktur und so
verliert der Film an Gewicht, gerade was seine moralisch angehauchte Aussage angeht. Vielleicht hätte man auch ein wenig
auf den zugegeben großartigen Humor verzichten sollen um den Film noch einen Tick spannender zu machen.
Wie dem auch sei, mit seinem dramatischen und gesellschaftskritischen Unterton kann der Regisseur noch einige Extra-Punkte
sammeln. Gerade in der heutigen Zeit, in der man immer wieder von Prügeleien und Schikanerien an Schulen hört, die mit
dem Handy aufgenommen werden, besitzt das Thema von "Diary of June" eine starke Brisanz und Aktualität.
Oft erwischt man sich dabei sich darüber zu ärgern, dass "Bystanders" hätte besser sein können. An sich ein packender,
düsterer und gleichzeitig charmanter Thriller mangelt es ihm dennoch an durchgängig hoher Qualität um es bis ganz nach
oben in die Liga der sehr guten Thriller zu schaffen. Fans des Genres werden mit dem Film allerdings trotzdem mehr als
zufrieden sein können. Und wegen seines großen Unterhaltungswerts kann er auch anderen ohne Bedenken ans Herz gelegt
werden.