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"Das Schöne verschmäht mich" von Eun Hee-kyung

übersetzt von Hyuk-Sook Kim und Manfred Selzer

Allgemeine Information: Zuerst muss natürlich aller Fairheit halber Rechenschaft darüber abgegeben werden, warum eine Buchvorstellung ihren Weg auf eine Internetseite über asiatische Filme gefunden hat. Der Grund ist ganz einfach: Eigenwerbung. Das hier vorgestellte Buch wurde von Hyuk-Sook Kim und meiner Wenigkeit übersetzt und, so zumindest meine Meinung, würde auch davon abgesehen ein wenig Werbung verdienen. Denn es ist ein gutes Buch. Und das sage ich nicht nur, weil mein Name drin steht. Natürlich auch deswegen...

Die Autorin: Eun Hee-kyung zählt zu den wichtigsten und erfolgreichsten Autoren moderner koreanischer Literatur. 1959 geboren, studierte sie koreanische Sprach- und Literaturwissenschaft. Nachdem sie sich 1995 vollständig der Schriftstellerei gewidmet hat, gewann sie für ihre Werke mehrere Literaturpreise. Ihr Debütwerk "Ein Geschenk des Vogels" war bisher das einzige, das in deutscher Sprache erschienen ist (mit Ausnahme der Erzählung "Die Schachteln meiner Frau" in "Ein ganz einfaches gepunktetes Kleid").
Eun greift in ihren Geschichten moderne Themen auf, zeichnet sie mit großer Sorgfalt, geht dabei aber oftmals sehr subtil vor und erschafft zuweilen Welten, die von einer natürlichen Andersartigkeit durchzogen sind. Das spiegelt sich vor allem in ihren Charakteren wider. Ihrem Stil ist außerdem ein Hang zur Ironie zueigen, mit dem sie ihre Geschichten zum Teil auch dekonstruiert.

Das Buch: "Das Schöne verschmäht mich" setzt sich aus sechs eigenständigen Erzählungen zusammen, die jeweils ca. 40 Seiten umfassen. Der Titel des Buchs verweist auf Rainer Maria Rilkes "Duineser Elegien", wo es heißt: "Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen, und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht, uns zu zerstören." Erschienen ist es im Original 2007.

"Eine Hymne an den Zweifel": Eine junge Frau verabredet sich mit einem Mann. Dieser erkennt sie bei dem Treffen jedoch nicht wieder. Der Grund ist schnell geklärt, es handelt sich bei dem Mann um den Zwillingsbruder ihrer Verabredung. Dieser erzählt ihr, dass sein Bruder verhindert sei und führt die Frau im folgenden Gespräch immer mehr in Zweifel darüber, ob es tatsächlich einen Zwillingsbruder gibt - oder ob es vielleicht sogar noch mehr Brüder gibt...

"Die Entdeckung der Einsamkeit": Ein Mann wurde von seiner Freundin verlassen. Im Leben hat er es neben seinem Studium bisher zu nichts gebracht. Plötzlich besucht ihn ein Freund aus seiner Studienzeit und vertraut ihm die Schlüssel zu einem Gästehaus an. Dort angekommen, reflektiert er über seine Vergangenheit und trifft außerdem eine Kleinwüchsige, die ihm dabei hilft, die Lügen, die seine Existenz zusammenhalten, aufzulösen.

"Das Schöne verschmäht mich": Ein dicker Mann in seinen Dreißigern erfährt, dass sein Vater, den er lediglich ein paar Mal in seinem Leben gesehen hat, im Krankenhaus liegt. Er will ihn besuchen, beschließt dafür aber endlich abzunehmen. Seine Freunde und Kollegen sind irritiert von seiner Diätmethode, die darin besteht, hauptsächlich Fleisch zu essen, doch der wahre Grund für seine Diät hat tiefliegende psychologische Ursachen.

"Das Wetter und das Leben": Das Schulmädchen B. träumt von anderen Welten und großen Ereignissen, die sie erwarten. Sie glaubt, eines Tages zu erfahren, in Wirklichkeit ein ganz besonderer Mensch zu sein und ist der festen Überzeugung, dass es in dieser Welt Orte und Grenzen gibt, die in eine andere Welt führen. Als sie eines Tages jedoch an ihrer Schule von einem Schuldeneintreiber abgeholt wird, den sie zu sich nach Hause führen soll, stürzt ihre Traumwelt in sich zusammen.

"Die Sucht nach Landkarten": M. ist über dreißig und Lehrer an einer Nachhilfeschule. Sein Freund schreibt häufig über ihn in einem Blog und macht sich darin über ihn und seine Abneigung gegenüber Reisen lustig. Ausgerechnet M. soll nun aber mit einem Freund in die Rocky Mountains fahren! Auch wenn M. sich von dieser Reise überhaupt nichts verspricht, trifft er dort auf einen Mann und einen Bären, die sein Leben verändern sollen.

"Der blaue Stern von Juri Gagarin": Ein Verleger bekommt eine E-Mail von einer Frau, die ihn an eine vor langer Zeit vereinbarte Verabredung erinnert. Der Verleger kann sich aber an die Frau nicht erinnern. Als dann plötzlich ein Manuskript über den russischen Raumfahrer Juri Gagarin auf seinem Schreibtisch landet, das ihm irgendwie bekannt vorkommt, muss er herausfinden, dass er gewisse Teile seiner Vergangenheit verdrängt hat und diese nun langsam wieder an die Oberfläche kommen.

Kurzkommentar: Eigentlich steht es mir nicht zu, einen Kommentar zu verfassen, da ich unweigerlich voreingenommen sein muss, dennoch seien ein paar kurze Sätze gestattet. "Das Schöne verschmäht mich" ist ein Erzählband, in dem Motive wie Einsamkeit, der Nebel der Erinnerung, Sehnsucht und die Suche nach dem Weg im Leben im Vordergrund stehen. Eun Hee-kyungs Geschichten sind auch für westliche Leser leicht zugänglich, da kulturübergreifend, erfordern jedoch auch eine gutes Maß an Reflektion seitens des Lesers. Das liegt daran, dass die Autorin immer wieder die Grenze zwischen Realität und Traumwelt aufbricht und so komplexe Geschichten schafft, die am Ende, wenn nicht auch vom Geist, dann doch zumindest vom Herzen einen Widerhall erfahren. Der Wiederlesewert ist damit ungewöhnlich hoch und über die Geschichten auch nach dem Zuklappen des Buchdeckels nachzudenken, ist ungemein lohnenswert. Nicht nur für alle Korea-Interessierte ist "Das Schöne verschmäht mich" damit eine klare Leseempfehlung.



Wer nun tatsächlich Interesse an dem Buch hat und/oder den armen Schreiberling dieser Seite unterstützen möchte, kann "Das Schöne verschmäht mich" über diesen Link erwerben. Freuen würde ich mich auch über eine Rezension auf Amazon oder an jeder beliebigen anderen Stelle. Diese muss natürlich nicht mit meiner Meinung übereinstimmen, also immer schön ehrlich bleiben!