Story: In einer nicht allzu fernen Zukunft ist die Welt ein trostloser Ort geworden. Einziger Lichtblick ist
ein Virtual Reality Online-Spiel mit dem Namen "Avalon". Leider birgt dieses Spiel aber auch einige Gefahren. Da es
ab und zu mal vorkommt, dass Spieler, wenn sie in dem Game sterben in der realen Welt als leblose Hülle zurückbleiben,
hat die Regierung "Avalon" als illegal eingestuft. Das hindert aber nur wenige daran dem eintönigen Alltag mit Hilfe
des Spiels zu entkommen. Noch dazu können die wirklich guten Spieler sogar ihren Lebensunterhalt mit dem Game
verdienen.
Einer der Profispieler ist Ash (Malgorzata Foremniak). Sie ist eine Einzelgängerin und arbeitet nicht wie sonst
üblich in Gruppen, sogenannten "Partys". Sie hat in dem Spiel fast alles erreicht was möglich ist und umso größer ist
ihre Verwunderung als sie hört, dass es angeblich ein geheimes Level geben soll, in dem man noch mehr Erfahrungspunkte
sammeln kann. Da sie unbedingt in die "Special A Class" eingestuft werden will, macht sie sich auf die Suche nach dem
einzigen Hinweis, den sie hat. Ein Spieler namens Bishop (Dariusz Biskupski) hat ihr erzählt, dass ein kleines
Mädchen in dem Game, das auch oft "Ghost" genannt wird, das Tor zum geheimen Level öffnen soll. In jenem Level ist auch
Ash' ehemaliger Freund Murphy (Jerzy Gudejko) verschwunden und in der realen Welt als leere Hülle zurück geblieben.
Süchtig nach dem Spiel macht sich Ash auf die Suche nach "Ghost" um auch noch das letzte Geheimnis "Avalons" zu
lüften...
Kritik: Ein japanischer Film, der mit polnischen Schauspielern besetzt ist und der sich um Virtual Reality dreht.
Genau so merkwürdig und originell wie sich das anhört, ist "Avalon" auch. Regisseur Mamoru Oshii, der den meisten
durch "Ghost in the Shell" ein Begriff sein sollte, schafft eine Realverfilmung dessen, was eigentlich auch hervorragend
als Anime funktioniert hätte. Oshii schafft dank seiner originellen Bilder ein visuell beeindruckendes und
einmaliges Werk. Seine Bilder werden sich den Zuschauern für einige Zeit ins Gehirn brennen. Doch leider hat der Film
trotz aller Genialität seine Schwächen - und davon nicht wenige...
Doch zuerst nochmal zur atemberaubenden Visualität des Films. Der Film mit dem "Avalon" aufgenommen wurde, wurde extra
auf eine spezielle Art vorpräperiert um dem Endprodukt seine typische gold-braune Farbgebung zu verleihen. Das
bewirkt, dass die Welt "Avalons" äußerst trist, düster und post-apokalyptisch wirkt. Außer einem einzigen Level
in dem VR-Game ist der gesamte Film in diesem Stil gehalten. Dabei wird aber leider auch kein Unterschied gemacht,
ob man sich nun in der realen Welt oder im Game befindet. Vielleicht war das aber Absicht um die Grenze zwischen
Realität und Spiel zu verwischen.
Neben eben jener besagten gold-braunen Farbgebung, die dafür sorgt, dass helle Oberflächen, Gesichter, Lichter etc.
richtiggehend grell leuchten, gibt es auch einige sehr schöne Special Effects zu bestaunen. So zerfallen gestorbene
Charaktere z.B. zu Scherben, aber auch die Szenen, in denen sich die Umgebung erst grafisch aufbaut, wissen zu gefallen.
Daneben gibt es einige hübsch animierte Fahrzeuge und Waffen, wobei besonders der Bossgegner gegen Ende sehr schön
gestaltet wurde.
Die Story an sich bietet nicht viel Neues. Die Grundidee ist nicht schlecht, wenn auch nicht originell, aber sonst
passiert storytechnisch nicht viel. Ich werde hier nicht auf Filme wie "Matrix" verweisen, denn gerade jener
bediente sich ja vieler Ideen aus "Ghost in the Shell", sondern verweise lieber auf das Cyberpunk-Genre, in dem das
Thema schon dutzende Male und aus fast allen Blickwinkeln betrachtet wurde. Von daher wirkt die Story eher altbacken.
Interessant ist dagegen der VR-Game Aspekt. Wer schon einmal MMORPGs (Massive Multiplayer Online Role Playing Game)
gespielt hat, wird sich hier wie zu Hause fühlen. Da wird gelevelt, Partys werden gebildet und auch einige Fachbegriffe
fallen. Doch trotz allem bleibt das alles immer nur angerissen und man fühlt sich als Zuschauer etwas betrogen. Etwas
besser ausgearbeitet, wenn auch immer noch nicht zufriedenstellend, ist das Thema in der Anime-Serie ".hack/Sign"
behandelt worden. Auch
wenn die Serie sich anscheinend schamlos bei "Avalon" bedient hat, was die Ideen angeht. Sogar das rätselhafte
Mädchen/"Ghost" taucht dort auf.
"Avalon" bietet wie gesagt storytechnisch nicht viel, da das Meiste im Dunkeln bleibt. Das fängt bei der realen Welt an,
über die wir eigentlich gar nichts wissen und hört bei den Charakteren auf, von denen wir in den meisten Fällen auch
nur sehr wenig erfahren. Dennoch strotzt der Film nur vor Metaphern und Symbolik, die es zu entschlüsseln gilt.
Dafür hat man auch genügend Zeit, denn jetzt kommen wir zur größten Schwäche des Films, dem Tempo.
Oshii bevorzugt es,
wie man es von ihm gewohnt ist, sich auf die Atmosphäre und die Stimmung zu konzentrieren, die er mit seinem Film
vermitteln will. Das hat zur Folge, dass die unwichtigsten Begebenheiten in aller Länge eingefangen werden, vom
Kochen, bis hin zu den täglichen Bahnfahrten. Gerade letztere mögen zwar die Monotonie unterstreichen, die den
Alltag der Menschen dominiert, vor allem wenn man sieht, dass die gleichen Personen tagtäglich fast bewegungslos
immer auf dem selben Platz sitzen/stehen, doch langweilig wird das dann doch irgendwann. Immerhin stellt sich aber einem
die Frage, ob diese Personen nicht vielleicht in Wirklichkeit selbst von einer schlechten Computer-KI generiert wurden
und die reale Welt tatsächlich nicht auch nur ein Spiel ist. Antworten auf diese Fragen darf man allerdings nicht
erwarten. Oshii gibt Denkanstöße und wirft einige intelligente Fragen auf, doch es bleibt dem Zuschauer überlassen, was
er damit macht.
Gerade die VR-Welt hätte genügend Gelegenheiten für ein paar Actionszenen gegeben, aber das Potenzial wurde nicht
ausgeschöpft. Außer ein paar simpel gehaltenen Schießereien gibt es da nichts. Das ist schade, denn der Rest des Films
zieht sich, auch wegen seines schon angesprochenen repetativen Charakters, extrem in die Länge. Für einige wird
"Avalon" sogar die Schmerzgrenze zum Langweiligen überschreiten...
Schauspielerisch gibt es nichts Besonderes hervorzuheben, aber auch nichts zu bemängeln. Da die Charaktere allesamt
sehr verschlossen sind, gilt es keine außergewöhnlichen emotionalen Gefühlsausbrüche darzustellen. Die Hauptakteurin
gibt als kühle Heldin aber eine ganz ordentliche Figur ab.
Ein besonderes Lob verdient allerdings der Soundtrack von Kenji Kawai. War Kawai auch schon vorher wegen seiner sehr
gelungenen und stimmigen Soundtracks bekannt, so setzt er mit seinem Beitrag zu Avalon sich selbst die Krone auf.
Sehr melodische, klassische Musik mit häufigem Einsatz eines Chors, untermalt selbst die ruhigen Momente aufs
Passendste und wertet diese damit um Einiges auf.
"Avalon" ist wegen seines extrem langsamen Tempos und der wenigen Dialoge kein Film für jedermann. Allerdings wissen
die Geschichte und vor allem die zahlreichen versteckten Andeutungen und die Symbolik zu gefallen. Auch wenn der Film
weit hinter dem zurückbleibt, was er hätte werden können, hebt er sich doch stark von restlicher Sci-Fi-Kost ab. Alleine
die künstlerisch anspruchsvollen und beeindruckenden Bilder machen den Film trotz aller Fehler fast schon zu einem
Must-see.