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Original Title:
Suchwiin bulmyeong

South Korea 2001

Genre:
Drama

Director:
Kim Ki-duk

Cast:
Yang Dong-kun
Kim Young-min
Park Min-jung
Bang Eun-jin
Jo Jae-hyeon
Mitch Mahlum
Myeong Gye-nam
Lee In-ok


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Address Unknown

Story: 1970: In einer koreanischen Kleinstadt nahe eines amerikanischen militärischen Stützpunktes greifen Hass, Perversion, Brutalität und Einsamkeit um sich. Chang-guk (Yang Dong-kun) ist ein Halbblut, der für Dog-Eyes (Jo Jae-hyeon) arbeitet und Hunde schlachtet. Sein Vater ist ein Afro-Amerikaner, den er nicht kennt. Die Mutter (Bang Eun-jin) verspricht ihrem Sohn, dass sie eines Tages zusammen nach Amerika gehen und dort ein glückliches Leben führen werden. Die Briefe, die sie an die einzige bekannte Adresse von Chang-guks Vater schreibt, kommen aber immer wieder zurück, da die Adresse nicht stimmt. Aus Scham über die Schande seiner Mutter, und weil er wegen des Fremdenhasses der Koreaner immer wieder tyrannisiert wird, schlägt Chang-guk seine Mutter oft zusammen. Ihr neuer Freund Dog-Eyes sieht das jedoch nicht gerne und so zirkuliert die Gewalt in einem unaufhaltsamen Kreislauf.
Ji-heum (Kim Young-min) ist ein ruhiger Junge, der sich für das Mädchen Eun-ook (Park Min-jung) interessiert. Diese verschließt sich jedoch allen anderen gegenüber, da sie seit ihrer Kindheit ein entstelltes Auge hat. Eines Tages verspricht ihr jedoch ein amerikanischer Soldat (Mitch Mahlum), das er ihr eine Augenoperation bezahlt, wenn sie dafür seine "Freundin" wird...

Kritik: In seinen neueren Filmen sind Kim Ki-duks Motive oft meditativer und leichter zugänglich. Gewalt und Perversion spielen zwar auch heute noch eine wichtige Rolle in seinen Werken, aber sie sind nicht mehr so schockierend und abstoßend, wie in seinen früheren Arbeiten. "Address Unknown" stellt ein gutes Beispiel für eines seiner früheren Werke dar. Für einige ist der Film wegen seiner Thematik und seiner Gewaltdarstellung so real, dass es unerträglich ist. Einige Kritiker schreiben sogar, dass es sich hier um ein großartiges Drama handelt, das sie aber trotzdem nicht reinen Gewissens weiterempfehlen können, da der Film eine seelische Tortur darstellt, die man nicht jedem zutrauen kann. Leider kann ich mich diesen Kritikern nur teilweise anschließen. Es mag zwar wahr sein, dass anhand der dargestellten Gewalt die Motive des Films besser zur Geltung kommen, aber die Charaktere sind so sehr überladen mit krankhaften Tendenzen, unkanalisierter Gewalt und generellem Hass, dass "Address Unknown" auf jeden Fall auch entfremdend wirkt.

Was genau will uns Kim Ki-duk eigentlich mit seinem Film sagen? Zum einen, dass Krieg gerade auch in seiner kalten Phase Leid und Vereinsamung hervorruft. Die Amerikaner befinden sich in einem Land, das nicht das ihrige ist und kämpfen gegen einen Feind, der ihnen eigentlich egal sein kann. Aber wer ist überhaupt der Feind? Diese Frage wird von einem Amerikaner im Film selbst gestellt, und so muss der militärische Stützpunkt schließlich einfach nur deplatziert wirken, beheimatet er doch Menschen, die eigentlich nur wieder nach Hause wollen und sich mit einem Land nicht anfreunden können, zu dem sie wegen der kulturellen Barriere und sprachlichen Grenzen keinen Zugang finden können. Das einzige was die Soldaten dementsprechend interessiert sind die Frauen, bzw. die Freudenmädchen. Natürlich führt das zu noch mehr Leid und Schmerz, wie wir anhand des Mischlings Chang-guk sehen können. Die amerikanischen Soldaten, oder besser gesagt der Krieg kämpft sich wie eine Krankheit durch den Organismus und zerstört dabei die verschiedensten Organe. Auf den Film übertragen heißt das, dass keine der Personen von seelischen und physischen Qualen verschont bleibt. Regisseur Kim ist dabei so unbarmherzig in der Konsequenz, die sich aus diesen Qualen ergibt, dass es einem Magenschmerzen bereitet.

Gewalt ist das alles beherrschende und zerfressende Motiv. Menschlichkeit verschwindet in einem Abgrund der niederen Instinkte, der sich auftut, weil Schmerz nichts anderes mehr zulässt. "Address Unknown" hat aber ein großes Problem. Die Charaktere sind allesamt krank. Nicht ein einziger von ihnen kann als normal bezeichnet werden - wenn dann bestenfalls noch Ji-heum - denn jeder von ihnen stellt eine andere Form der Gewalt dar. Chang-guk kämpft gegen seinen Schmerz als Mischling von allen verachtet zu werden an, indem er seine Mutter verprügelt, die ja schließlich an seiner misslichen Lage Schuld ist. Trotzdem vermag er es nicht wie Dog-Eyes eingefangene Hunde mit einem Baseballschläger zu töten, damit sie als Hundefleisch verkauft werden können. Dog-Eyes dagegen, der in verstörend brutalen Szenen mit einer gewissen Routine die Hunde abschlachtet, kann nicht ertragen, dass seine Freundin von Chang-guk geschlagen wird. Keiner von beiden bietet sich dem Zuschauer als Identifikationsfigur an. Wir können oftmals noch nicht einmal Mitleid mit ihnen haben, da sie lediglich unsere Ablehnung verdienen.

Es verhält sich mit den anderen Charakteren nicht anders. Eun-ook, zum Beispiel, verhält sich oftmals nicht so, wie man es nachvollziehen könnte. In ihrer eigenen gestörten Welt mag ihr Verhalten Sinn machen, und wäre sie nur einer von maximal zwei, drei anderen Charakteren dieser Art im Film, wäre das akzeptabel. Da aber jede Person in "Address Unknown" psychiatrische Hilfe bräuchte, kann der Zuschauer nicht umhin, als die dargestellte Welt als unwirklich zu sehen. Das Verhalten von Chang-guks Mutter gegen Ende ist nicht nur widerlich und krank, sondern hält uns einmal mehr vor Augen, dass Kim Ki-duks Welt eine abstrakte und verzerrte Welt unserer Wirklichkeit darstellt, in der alles schlechte potenziert wird.
Auch wenn augenscheinlich nicht viel Geld für "Address Unknown" zur Verfügung stand, so schafft es Regisseur Kim dennoch eine auf seine eigene Weise konsistente Welt zu kreieren, die gerade durch die guten schauspielerischen Leistungen getragen wird.

Ein großes Problem ist aber der amerikanische Soldat im Film. Mitch Mahlum gibt eine derartig überzogene und lächerliche Darstellung des seelisch gepeinigten Soldaten ab, dass es schon peinlich ist. Das ist besonders schade, da der Charakter, von einem richtigen Schauspieler dargestellt, durchaus tiefgehend und komplex hätte werden können. Obwohl die Amerikaner allgemein nicht gut im Film wegkommen, zeigt uns dieser eine Soldat dennoch, dass sich stellenweise auch die Amerikaner der Unsinnigkeit des Krieges bewusst sind, so dass das gezeichnete Bild nicht zu einseitig und stereotyp wird.
Neben Gewalt, Drogen, Prostitution, Rache und anderen negativen Emotionen kann nichts Gutes in Kims Welt bestehen. Das Ende und der Film im Gesamten ist somit ein interessanter aber eben auch entfremdender Tiefschlag, den nicht jeder einstecken können wird. "Address Unknown" zeichnet ein von der Realität entrücktes, zuweilen surrealistisches Bild der menschlichen Abgründe, das zu komprimiert präsentiert wird, was wiederum eine unüberbrückbare Distanz zum Zuschauer aufbaut, die aus Selbstschutz vom Zuschauer auch nur zu gerne gewählt wird.

(Autor: Manfred Selzer)
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